Die Entscheidung der Regionalversammlung, bis 2021 einen 15-Minuten-Takt in der S-Bahn einzuführen, stößt auf ein unterschiedliches Echo. Die Bahn begrüßt den Beschluss, die Landräte sind verstimmt.

Stuttgart - Der Ludwigsburger Landrat Rainer Haas macht jetzt das, was viele S-Bahnfahrgäste viel zu oft machen müssen: Er wartet. Nach dem am Mittwoch mit einer großen Mehrheit gefällten Beschluss der Regionalversammlung, bei der S-Bahn schrittweise bis 2021 den 15-Minuten-Takt zwischen 6 und 20.30 Uhr einzuführen, ist Haas gespannt, wie der Verband Region Stuttgart und sein Präsident Thomas Bopp ihre Ankündigung umsetzen, auf die Landräte zuzugehen. Das dürfte darüber entscheiden, ob eine neuen Eiszeit in den Beziehungen droht. Eines ist aber klar: der Streit um Takt bringt die Zusammenarbeit aus dem Takt.

 

Haas und seine Amtskollegen aus den Kreisen Esslingen, Böblingen und Rems-Murr hatten im Vorfeld eine Vertagung gefordert. Unabhängig von der inhaltlichen Bewertung des Viertelstundentakts (Haas: „Wir haben nie gesagt, dass wir das für Quatsch halten“), pochen sie darauf, gehört zu werden, schließlich müssten die Kreise die Verbesserung über die Verkehrsumlage auch mitfinanzieren. „Wir finden es außerordentlich bedauerlich, dass die Region nicht mit uns geredet hat, bevor sie mit dem Vorschlag ins Gremium geht“, sagte Haas. Es gehöre doch zum politischen Alltag und den „Konventionen zwischenmenschlicher Begegnung“, sich abzustimmen.

Lang, lang ist’s her: der ÖPNV-Pakt

Und dann sagte der Landrat noch, dass er „nicht soweit gehen würde, dass der ÖPNV-Pakt gescheitert ist“. Aber mit diesem Nicht-Satz macht er deutlich, dass der mühsam geschmiedete Burgfrieden zwischen der Region und den Kreisen gefährdet ist. Im Februar 2014 hatten sich nach Jahren der erbitterten Auseinandersetzungen um Zuständigkeiten Land, Kreise, Region und Stadt Stuttgart gemeinsam hinter dem Ziel versammelt, bis 2025 ein Fünftel mehr Fahrgäste in Bahnen und Bussen zu locken. Außerdem wurden die Aufgaben definiert, die jeder Partner erfüllen solle.

Genau darauf beruft sich nun die Region: Sie sei erstens für die S-Bahn zuständig, und zweitens soll der Viertelstundentakt mehr Fahrgäste bringen, worauf sich ja alle geeinigt hätten. „Ich befürchte nicht, sondern ich wünsche mir, dass wir mehr Fahrgäste haben und dann vielleicht auch mehr Busse eingesetzt werden“, sagte der CDU-Regionalrat Rainer Ganske und kontert damit die Kritik der Landräte, dass sie nicht nur für den 15-Minuten-Takt bezahlen müssten, sondern auch dafür, wenn dadurch mehr Anschluss-Busse nötig wären. Für die Busverkehre sind nämlich alleine die jeweiligen Kreise verantwortlich.

Die Landräte, so Ganske, müssten die demokratisch legitimierten Entscheidungen der Regionalversammlung akzeptieren. „Vielleicht rührt das ungute Gefühl der Herren ja daher, dass sie nicht selbst die Entscheider sind“, sagte er. Auch Thomas Leipnitz (SPD) warf den Landräten vor, „mal wieder ein Spielchen auf dem Rücken ihrer Einwohner zu spielen“. Einerseits Angebotsverbesserungen zu begrüßen und dann konkrete Beschlüsse abzulehnen, „das ist ein bisschen wenig“, befand er.

Haas: Region schwächt Verhandlungsposition

Ein bisschen wenig – so beurteilt Haas auch das Vorgehen der Regionalversammlung. „Hier gibt es gravierende handwerkliche Fehler“, sagte er. So sei weder eine Kosten-Nutzen-Analyse erstellt worden, noch sei klar, ob das S-Bahn-System den dichteren Takt vertrage und wie die dafür notwendigen 20 Millionen Euro finanziert werden. Allein auf höhere Regionalisierungsmittel vom Land zu hoffen, hält er für etwas blauäugig: Er habe jedenfalls die Erfahrung gemacht, dass es „sehr viel schwieriger ist, Dritte zum Mitbezahlen zu bewegen, wenn man schon den Beschluss gefasst hat, das auf jeden Fall zu machen.“

Positiv beurteilte die Deutsche Bahn den Beschluss, der die S-Bahn stärke und „ein gutes Signal für unsere Mannschaft ist“, sagte Dirk Rothenstein, Sprecher der S-Bahn Stuttgart. Haas freilich mag sich nicht so recht freuen – auch nicht auf das von Bopp angekündigte Gespräch mit der Region: „Was wir bereden sollen, erschließt sich mir nicht“. Er wartet nun halt mal ab.