Die Bahn schickt Nikoläuse los, um verärgerte Berufspendler zu besänftigen. Doch dem Verkehrsclub VCD reicht das nicht. Er fordert härtere Strafen für die DB und Entschädigungen bei Verspätungen.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Stuttgart - Zu Nikolaus hat es für die Pendler in den Nahverkehrszügen rund um Stuttgart eine schöne Überraschung gegeben. Hundert als Nikoläuse verkleidete Bahnmitarbeiter verteilten Süßes. Es handle sich um eine kleine Wiedergutmachung für die zuletzt erlittenen Verspätungen im Regionalverkehr, erklärte die Deutsche Bahn dazu. „Das ist ein schönes Signal“, sagt Matthias Lieb. Andererseits will der Landesvorsitzende des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) den Bahnkonzern so billig doch nicht davon kommen lassen. „Wir brauchen härtere Strafen“, sagt Lieb.

 

Bisher muss die Bahn bei Problemen dem Land Geld zurücküberweisen. Dieses System biete offenkundig zu wenig Anreize, die Verspätungen abzustellen, vermutet Lieb. „Pünktlichkeit muss sich für die Bahn wieder lohnen.“ Der VCD fordert, dass künftig auch Pendler direkt von Entschädigungsregelungen profitieren. So könnten den Inhabern von Jahreskarten nach österreichischem Vorbild am Jahresende zehn Prozent ihres Fahrpreises automatisch erstattet werden, wenn eine gewisse Zielmarke auf der Stammstrecke verpasst werde.

Mobilitätsgarantie wird kaum genutzt

Ein funktionierendes Entschädigungssystem gibt es bisher nur im Fernverkehr. Zwar existiert für den Nahverkehr seit dem Jahr 2010 in Baden-Württemberg eine „Mobilitätsgarantie“. Demnach werden bei Verspätungen von mehr als 30 Minuten Taxikosten bis zu 50 Euro ersetzt. Allerdings gibt es keine Erstattung, wenn die Verspätung vorher bekannt gewesen ist. „Davon macht fast niemand Gebrauch“, sagt Lieb. So beschied der Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr nur 1000 Anträge positiv. 25 000 Euro wurden ausgeschüttet.

Wie berichtet, befindet sich die Pünktlichkeitsstatistik der DB Regio seit Anfang Oktober im freien Fall. Der Tiefpunkt war Mitte November erreicht, als 2,5 Prozent aller Nahverkehrszüge ausfielen und nur noch 88,0 Prozent pünktlich, das heißt, maximal vier Minuten zu spät waren. Auf einzelnen Strecken wie der Frankenbahn nach Würzburg war sogar jeder dritte Zug verspätet. Seither hat sich dieser Wert kaum erholt. Bundesweit gelten mehr als 93 Prozent der Regionalzüge als pünktlich. In den Verträgen verspricht die Bahn dem Land eine Pünktlichkeit von 94 Prozent.

Pannenwaggons ersetzen alte Silberlinge

Hintergrund sind die seit Oktober geltenden Übergangsverträge zwischen Bahn und Land, die den Regionalverkehr regeln, bis die Neuvergaben der Linien greifen. Darin setzte das Land durch, dass die alten Waggons – meist renovierte Silberlinge aus den 70er Jahren – ausgetauscht werden. Das Problem: weil sich für die kurze Dauer der Übergangsverträge Neuanschaffungen nicht lohnen, beschaffte sich die Stuttgarter DB-Regio in anderen Bundesländern die gewünschten Doppelstöcker. Sie sind aber nicht immer aufeinander abgestimmt. Außerdem handelt es sich bisweilen um aussortierte Pannenwaggons. Hinzu kam eine Krankheitswelle beim Personal.