Mysteriöse Geschichten gibt es auf der ganzen Welt. Einige gruselige und zum Teil wahre Geschichten aus dem Rems-Murr-Kreis stellen wir in loser Folge vor: Der Spuk am Teufelsbrunnen bei Schwaikheim.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Schwaikheim - Heute würde man wohl davon ausgehen, dass Jakob Leibfritz unter Haluzinationen gelitten hat. Aber zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren Psychologie und Psychiatrie noch Zukunftsmusik, wer psychisch auffällig war, der wurde in „Irrenanstalten“ weggesperrt. Der Mann, der den Spuk am Teufelsbrunnen am Zipfelbach zwischen Schwaikheim und Winnenden erlebt haben will, war allem Anschein nach völlig von dessen Realität überzeugt, sonst hätte er ein solches Wagnis sicher nicht auf sich genommen.

 

Das soll sich zugetragen haben: Am Nachmittag des 17. Januar 1816 wandert der Schwaikheimer Jakob Leibfritz das Zipfelbachtal hinauf, um in Winnenden Einkäufe zu machen. Kurz nach dem Schwaikheimer Ortsende, an der Gemarkungsgrenze zu Winnenden, muss der Mann am Teufelsbrunnen vorbei, einem Sumpfgebiet in der Bachaue. Dort sei es nicht geheuer, heißt es, vor allem seit sich dort im Mai 1792 eine verzweifelte junge Mutter mitsamt ihrem Kind ertränkt haben soll.

Eine geisterhafte Frauengestalt bittet um Hilfe

Beim Teufelsbrunnen angekommen, sieht Leibfritz eine nebelhafte Frauengestalt auf sich zukommen.„Eine unglückliche, abgeschiedene Seele“, antwortet die gespenstische Erscheinung auf die Frage, wer sie sei. „Du kannst mich erlösen, wenn du übermorgen um acht Uhr an den Brunnen kommst und andächtig für mich betest.“ Der wackere Leibfritz verspricht das und das Gespenst sei daraufhin verschwunden. Leibfritz geht weiter, erledigt seine Geschäfte in Winnenden und kommt auf demselben Weg zurück. Über dem Teufelsbrunnen sieht er zwei Lichter schweben, ein großes und ein kleines, die auch von anderen Passanten gesehen wurden.

Den Teufelsbrunnen erkennt man am hohen Schilf, das ihn umgibt. Die Bachaue ist ein Naturdenkmal und dicht bewachsen. Im Schilf raschelt es, wenn der Wind hineinfährt, als ob jemand darin ginge. Umgestürzte Bäume liegen entlang des Baches, die kleinen Weiher und Tümpel im Sumpf sind zugewachsen. Wenn noch der Nebel über den Wiesen und zwischen den Bäumen hängt, wird einem schon mulmig - wenn man die Geschichte von Jakob Leibfritz kennt erst recht.

Zwei Tage nach dem Erlebnis geht dieser wie versprochen zum Teufelsbrunnen. Mehrere Freunde begleiten ihn, halten aber Abstand. Jakob Leibfritz habe zu beten begonnen, als sich vor ihm die gespenstische Gestalt einer Frau mit einem Kind aus dem Wasser erhoben habe. Gleichzeitig sei ein schwarzes Untier erschienen und habe ihn bedroht. Leibfritz lässt sich von diesem nicht beeindrucken, worauf die beiden Gestalten immer heller geworden seien, sich in die Höhe erhoben und verschwunden seien. Das Untier aber sei im Teufelsbrunnen versunken. Leibfritz wurde ohnmächtig und von seinen Freunden, die außer ihm niemanden gesehen hatten, nach Hause gebracht.

Die Obrigkeit lässt den Geisterseher verhören

Der Vorfall wurde sogar schriftlich fixiert. Johann Melchior Ulrich, der damals Schultes in Schwaikheim war, schrieb noch am selben Tag, dem 19. Januar, an den Pfarrer, was er gehört hatte. Leibfritz sei „auf die Wies beim Teufelsbrunnen geloffen, um nach der Sage Geister zu erlösen. Er sei aber aus Angst auf dem Platze umgefallen. Diese unerlaubte und leichtsinnige Handlung würde bedürfen, den Leibfritz zu vernehmen und darüber an das Oberamt zu berichten“. Tatsächlich soll Ulrich entschieden haben, „den Jakob Leibfritz unverzüglich einzuliefern“, was auch geschah. Während des Verhörs behauptete jener jedoch, am Teufelsbrunnen sei gar nichts geschehen, worauf er wieder gehen durfte.

War also alles nur Einbildung gewesen oder hatte Jakob Leibfritz lieber alles abgestritten, bevor man ihn wegsperrte? Egal wie: Wer an einem wolkenverhangenen Tag allein an den Teufelsbrunnen kommt, dem kann schon eine Gänsehaut den Rücken hinaufkriechen, wenn es im Schilf Geräusche gibt, als ob sich da jemand einen Weg hinaus bahnte.