Eine Ausstellung im Schorndorfer Stadtmuseum zeigt, wie die Stadt die Konfession wechselte – auf Befehl von Herzog Ulrich, bürokratisch gut durchorganisiert

Schorndorf - Als Luther vor 500 Jahren seine Thesen an die Schlosskirche von Wittenberg schlug, war Schorndorf fest in katholischer Hand. Die Stadtkirche, erst wenige Jahre zuvor geweiht, war eine katholische Marienkirche. Es gab insgesamt 14 Geistliche in der Stadt, etliche Kapellen und Klosterhöfe sowie ein kirchliches Spital. Erst im Jahr 1535 sollte der neue Glaube in der württembergischen Landstadt ankommen – wie, darüber erzählt jetzt eine Ausstellung im Stadtmuseum, welche den Titel „Aufbruch in eine neue Zeit“ trägt und bis Ende Oktober zu sehen ist.

 

Die Ausstellung beschränkt sich zur Veranschaulichung nicht auf klassische Texttafeln, Andrea Bergler, die Leiterin des Stadtmuseums, und ihre Mitarbeiterinnen Nina Bahlo und Adelheid Dörling lassen an Hörstationen Schauspieler die Quellen nachsprechen. Alte Bibeln und alte Schriftstücke sind zu sehen, ein auf einem Palmesel reitender Jesus wurde aufgestellt – als Sinnbild einer katholischen Prozession.

Messwein aus dem Remstal

Der Katholizismus der Vorreformationszeit sei mehr als eine Glaubensfrage gewesen, sagt Andrea Bergler. Den Kapellen waren Pfründe zugeordnet, Höfe oder Landgüter, deren Erträge die Geistlichkeit ernährte. Manche Ordenschwestern wohnten nahe der Kapellen, und der Wein, der seinerzeit im Remstal angebaut wurde, fand auch in Form von Messwein seine Abnehmer. Dass der Bau der Stadtkirche finanziert werden konnte, sei Folge eines Ablasses gewesen, sagt die Museumsleiterin – die Gläubigen gaben das Geld für das Gotteshaus in der Hoffnung, ihre Zeit im Fegefeuer verkürzen zu können.

Als Herzog Ulrich im Jahre 1534 die Reformation ausrief, änderten sich alle Vorzeichen schlagartig. Zuvor hatte man einen Händler aus Altensteig, der in Schorndorf Schriften von Luther verkaufen wollte, noch verhaftet und Abbitte schwören lassen. Jetzt wurden alle katholischen Geistlichen vor die Wahl gestellt: Auf den neuen Glauben umschwenken oder auswandern. Heinrich Schertlin, der katholische Geistliche, verließ die Stadt, an seine Stelle wurde der erste evangelische, Balthasar Himmelsberger, eingesetzt. Die Nonnen durften vorerst bleiben, aber sie mussten umfangreich ihre Versorgung aushandeln.

Klostersteine im Festungswall

Damit die Sache voranging, setzte der Herzog sogenannte Reformatoren ein. Die Ausstellung im Stadtmuseum zeigt, dass in Schorndorf Erhard Schnepf, lutherischer Theologe und Generalsuperintendent des Herzogtums Württemberg, zu regelmäßigen Visitationen anrückte und den Fortgang der Dinge unter die Lupe nahm. Er entließ die Geistlichen oder er ließ sich den Kirchenschatz vorführen und die wichtigsten Stücke nach Stuttgart verfrachten. Die Kapellen und die Bildstöcke wurden in der Folgezeit abgerissen. Der Gipfelpunkt ist der Bau eines Festungswalls wenige Jahre nach Einführung der Reformation, in welchem, so berichten Chronisten, etliche Steine aus dem Abbruch des Klosters Adelberg verbaut sein sollen.

In der Ausstellung kann man jedoch auch lernen, dass es kleinere Widerstände gab. Die Steinmetze der Stadtkirche widersetzten sich, als auf Befehl des Herzogs Bilderstürmer anrückten und nebst den Heiligenfiguren das steinerne Sakramentshaus aus dem Altarraum hinaus schlugen. Und Nonnen sollen heimlich die Schorndorfer Madonna gerettet haben, die wichtigste Marienfigur der Kirche, die in der Ausstellung auf einer Fotografie zu sehen ist. Das Bildnis gelangte nach Oberschwaben und ist heute in der Kapelle St. Maria Heimsuchung in Undingen nahe Riedlingen (Landkreis Biberach) zu besichtigen.

Öffnungszeiten und Vorträge

Das Schorndorfer Stadtmuseum am Kirchplatz 7 ist Dienstag bis Samstag von 10 bis 12 Uhr und von 14 bis 17 Uhr geöffnet, sonn- und feiertags von 10 bis 17 Uhr. Am Chor der benachbarten Stadtkirche sind bis Ende Oktober 13 Skulpturen zu besichtigen, die Künstler für die Heiligennischen geschaffen haben.

Zur Ausstellung gehören Vorträge, Führungen und pädagogische Angebote, über welche das Museum in einem Faltblatt informiert. Zudem wird Andrea Bergler am Freitag, 23. Juni, von 18.30 Uhr an in der Stadtkirche unter dem Titel „Aufbruch in eine neue Welt“ den Gang der Reformation beschreiben.