Sylvia Friedt und Beate Walter präsentieren im Bezirksrathaus in Stammheim ihre Ausstellung „Dem Zufall auf der Spur“.

Stammheim - Fast genau vor zwei Jahren haben Sylvia Friedt und Beate Walter schon einmal gemeinsam in der Stammheimer Bücherei ausgestellt. Räumlich haben sie sich nun nur um wenige Meter verlagert; ins benachbarte Rathaus. Inhaltlich hingegen zeigen sie sich von einer ganz anderen Seite: An die Stelle der hintersinnigen Gemälde sind nun abstrakte und allesamt unbetitelte Spielereien mit dem Farbfluss getreten – entstanden überwiegend in Gemeinschaftsproduktion. Insgesamt könnten sie freilich so manchen Ausstellungsgast vor die K-Frage stellen: Ist es auch dann Kunst, wenn in so einem Exponat fast ausschließlich der Zufall ans Werk gegangen ist?

 

Man muss also ein bisschen genauer hinsehen und sich auf die Ausstellungsstücke erst einmal einlassen. Die Basis aller Arbeiten sind Farbfließspuren einer speziellen wasservermalbaren Ölfarbe oder der gebräuchlicheren Acrylfarbe. Für den Fluss sorgt zunächst einmal die Erdanziehungskraft, aber es handelt sich dabei um einen vom Künstler gelenkten Zufall, gibt Sylvia Friedt zu bedenken. Und die Kunst liege auch darin, zu wissen, wann genug ist. Möglich, dass das Ergebnis dann wie der Haltestellenplan einer fiktiven Stadtbahn wirkt. Oder wie die kleinste Arbeit der Ausstellung, die an einen Rorschachtest denken lässt, wie ihn Psychologen verwenden. Meist aber haben die beiden Frauen diese anfänglichen Strukturen aber weiter geführt, Flächen gefüllt, den Farbklang verändert. Manchmal zeigen sich auch ihre unterschiedlichen Arbeitsweisen in den Bildern. Dabei haben die Stammheimerin Friedt und die Schorndorferin Walter sonst viel gemeinsam: Beide sind bei derselben Versicherung tätig, haben früher Geografie studiert und setzen sich intensiv mit der bildenden Kunst auseinander – erst in der firmeneigenen Kreativgruppe, mittlerweile wöchentlich im Atelier von Beate Walter. Während Walter aber das spontane Herangehen bevorzugt, geht Friedt geduldiger und überlegter ans Werk.

Ausstellungsstücke gemeinsam geschaffen

Den Großteil der Ausstellungsstücke haben beide innerhalb eines Jahres gemeinsam geschaffen, in dem sie während der Arbeit die Leinwände tauschten, oder – bei den größeren Formaten – einfach gleichzeitig ans Werk gingen. Zu sehen sind aber auch einige wenige Einzelarbeiten, die aber nicht weiter gekennzeichnet sind: Im Obergeschoss etwa ein Blatt, bei dem Beate Walter den ersten Farbauftrag wieder abgewaschen und so dezente, aber spannende Strukturen geschaffen hat. Gab es bei einer so engen Zusammenarbeit eigentlich mal Reibereien, etwa bei der Farbwahl? „Ich sage nur Pink!“, guckt Friedt streng und Walter lächelt schuldbewusst: „Ich hab schon gerne intensive Farben.“

So ist die aktuelle Ausstellung im Stammheimer Rathaus die Dokumentation einer einjährigen künstlerischen Reise. Die nun allerdings abgeschlossen ist: Sylvia Friedt und Beate Walter wollen ihre Ateliertreffen fortsetzen, nun aber wieder an separaten Bildern arbeiten. Und die Besucher? Die sollten sich einfach mal darauf einlassen, in den Farben und Formen zu versinken. Wer weiß, was das Unterbewusstsein dabei zu entdecken vermag, gerade wie beim besagten Rorschachtest. Wer danach zu dem Schluss kommt, dass er das auch kann: Wenn die Ausstellung dazu führt, dass sich mehr Menschen selbst einmal an Pinsel und Farbe versuchen, ist ja auch das eine gute Sache.

Info Die Ausstellung „Dem Zufall auf der Spur“ ist bis 31. Juli in Bezirksrathaus Stammheim, Kornwestheimer Straße 5, zu sehen. Geöffnet ist montags bis freitags von 8.30 Uhr bis 13 Uhr, dienstags außerdem von 14 bis 16 Uhr und donnerstags von 14 bis 18 Uhr.