Ein kleiner Autogipfel in Stuttgart war offenbar erfolgreich: Vertreter der Autokonzerne sowie des Verkehrs­ministeriums halten die Nachrüstung von älteren Diesel-Autos für machbar. Minister Hermann zeigt sich nach Diesel-Gipfel „verhalten optimistisch“.

Stuttgart - Zweieinhalb Stunden lang diskutierten die Produktions- und Entwicklungsleiter der Autohersteller Daimler, Porsche, Audi, BMW, VW, Opel und Renault am Mittwochabend hinter verschlossenen Türen über eine mögliche Nachrüstung älterer Diesel-Fahrzeuge, die die Euro-Norm 6 nicht erfüllen. Der vom Ministerialdirektor Uwe Lahl geleitete Mini-Gipfel fand im baden-württembergischen Verkehrsministerium statt, auch Wissenschaftler, Regierungsbeamte, Vertreter der Zulieferindustrie und des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie (VDA) sowie des Verbandes der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) waren zugegen. Der VDA-Chef Matthias Wissmann fehlte ebenso wie Minister Winfried Hermann selbst, es sollte ein  Treffen  auf  Arbeitsebene  sein.   Ein „großer Autogipfel“ – ein Treffen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann mit der Autobranche – wird am 19. Mai stattfinden.

 

Verkehrsministerium und Autoverbände gaben eine gemeinsame Erklärung heraus, wonach das Treffen „konstruktiv“ gewesen sei. „Es wurden erste Wege aufgezeigt, wie in einem technisch und wirtschaftlich angemessenen und umsetzbaren Rahmen Fortschritte bei den Emissionen von Euro-5-Fahrzeugen grundsätzlich möglich wären“, heißt es darin. Es sei aber ein Gesamtkonzept nötig, „in dem alle technischen und regulatorischen Rahmenbedingungen bundesweit geklärt“ seien. Als Appell an das Bundesverkehrsministerium, dem das Kraftfahrtbundesamt untersteht, könnte auch ein anderer Satz verstanden werden: „Es bestand Einigkeit darüber, dass jetzt eine Abstimmung zwischen Landesebene und Bundesebene über die notwendigen rechtlichen Regelungen erfolgen müssen.“

Software statt Hardware

Nach Informationen unserer Zeitung betonten auf der Konferenz die Autohersteller, die derzeit Hunderte von Autotypen auf Nachrüstmöglichkeiten prüfen, dass Verbesserungen nur bei Fahrzeugen der Euro-Norm 5 sinnvoll und ökonomisch machbar seien, nicht jedoch bei Autos der Euro-Norm 4 und schlechter. Es habe sich auch herauskristallisiert, so ein Industrievertreter, dass „der größte Hebel für eine nennenswerte Verbesserung“ der Schadstoffwerte der Einbau einer Software sei, weniger neue Hardware. Aber auch nachgerüstet werde man ältere Diesel „nicht auf Euro 6 bringen“. Es stelle sich daher „die Frage an die Politik“, wie eine Verbesserung auf „Euro 5,5“ bewertet und angemessen berücksichtigt werde.

Was Stuttgarter vom geplanten Fahrverbot halten, sehen Sie in unserer Video-Umfrage

Verkehrsminister Hermann sprach von einem „sehr technischen Vorschlag“, den die Industrie gemacht habe, den er aber nicht erläutern wolle. „Wir prüfen den Vorschlag.“ Hermann will am Freitag im Bundesrat in Berlin mit dem Konzept werben. Ziel sei es, durch die Dieselnachrüstung die Stickoxidemissionen soweit zu senken, dass dies der Reduktionsmenge entspreche, die das als Möglichkeit bestehende Fahrverbot für Innenstädte bringen würden. „Ich bin verhalten optimistisch, dass dies gelingt“, sagte Hermann. Der Minister erneuerte seinen Appell, dass der Bundesverkehrsminister einen Rechtsrahmen für die Anerkennung einer Diesel-Nachrüstung schaffen müsse. Eine Veränderung der Fahrzeuge – durch Software oder Hardware – müsse vom Kraftfahrtbundesamt genehmigt werden: „Ohne Berlin wird es nicht gehen.“ Auch Landeswirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) unterstützte Hermann in dieser Sache: „Allen Beteiligten ist klar, dass es einer bundesweiten Lösung bedarf.“

Finanzierung bleibt außen vor

Beim Diesel-Treffen in Stuttgart war die Frage der Finanzierung und der Kosten der Nachrüstung bewusst ausgeklammert worden. Bundesweit fahren nur 18 Prozent der Diesel-Personenkraftwagen mit der Euro-6-Norm, ein Großteil (39 Prozent) hat die Euro-Norm 5, die in Stuttgart bereits von Fahrverboten betroffen wäre, der Rest hat noch schlechtere Schadstoffklassen.

Der Chef der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, sagte, die Autobranche spiele auf Zeit. Damit seien Fahrverbote unabwendbar: „Was in Baden-Württemberg diskutiert wird, entfernt sich immer mehr von einer Verbesserung.“