Auch in westlichen Staaten wird die Pressefreiheit immer stärker eingeschränkt. Das ist ein Angriff auf das Fundament unserer freien Gesellschaft, kommentiert unser Politik-Redakteur Knut Krohn.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Stuttgart - Es ist ein wohl bekanntes Ritual. Jedes Jahr stellt die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) eine Rangliste der Pressefreiheit vor. In den westlichen Demokratien wird bei solchen Gelegenheiten gerne beklagt, dass in fernen Ländern afrikanische Diktatoren oder arabische Despoten Journalisten bedrängen oder sogar ins Gefängnis werfen lassen. Natürlich finden sich Länder wie Burundi, Ägypten oder Nordkorea wieder auf den hinteren Plätzen wieder – doch der Bericht 2017 offenbart eine neue, sehr bedenkliche Entwicklung.

 

Medien unter Druck

Auch in offenen und stabilen Demokratien geraten die unabhängigen Medien immer stärker unter Druck. In Ländern wie den USA, Polen oder Großbritannien gehört es inzwischen zum Standardrepertoire in Politikerreden, sich abschätzig über die Arbeit von Journalisten zu äußern. Ausgerechnet die USA, die als Hüterin der Pressefreiheit gelten, sind ein herausragendes Negativbeispiel. Präsident Donald Trump reagiert geradezu paranoid auch auf legitime Kritik durch unabhängige Journalisten und unterminiert mit seinen ständigen Verunglimpfungen der journalistischen Arbeit auch die Pressefreiheit im eigenen Land.

Verbale Ausfälle der Politiker

Doch nicht nur die verbalen Ausfälle führender Politiker sind für die Pressefreiheit in westlichen Demokratien ein Problem. Selbst in Staaten der Europäischen Union haben sich Regierungen daran gemacht, die Arbeit von Journalisten systematisch über Gesetze oder direkte Eingriffe einzuschränken. In Polen etwa hat die nationalkonservative Regierung das öffentliche Fernsehen unter ihre Kontrolle gebracht. Mehr als 220 Journalisten wurden seit dem Machtwechsel im öffentlichen Rundfunk entlassen, zur Kündigung gezwungen oder auf weniger einflussreiche Posten versetzt.

Pressefreiheit als Gradmesser

Die Einschränkung der Pressefreiheit in westlichen Demokratien ist eine mehr als bedenkliche Entwicklung. Zum einen ist die freie politische Willensbildung eine zentrale Voraussetzung für das Funktionieren einer Demokratie. Zum anderen ist der Zustand der Pressefreiheit ein zuverlässiger Gradmesser für die Achtung anderer universell gültiger Menschenrechte in einem Land. Anders formuliert: Wo nicht unabhängig berichtet werden darf und wo Menschen ihre Meinung nicht frei äußern können, werden auch andere Menschenrechte verletzt.