Der Richterspruch tut weh. Der Rechtsstaat erscheint manchmal schreiend ungerecht, resümiert unsere Autorin Karen Schnebeck.

Geislingen/Karlsruhe - Man will gar nicht darüber nachdenken. Wochenlang wird ein kleiner Junge zu Hause verprügelt, wochenlang darf er nicht in den Kindergarten, damit keiner die blauen Flecken sieht. Am Ende stirbt das Kind, weil die Mutter oder ihr Lebensgefährte es so malträtiert hat, dass sein Körper aufgibt.

 

Dass die Mutter oder ihr Lebensgefährte das Kind schlug, ist sicher. Vieles spricht dafür, dass es beide getan haben, aber ganz sicher ist es nicht. Auch wer wann zuschlug und wie heftig und ob der andere zusah, ist nicht geklärt. Und diese Fragen lassen sich wohl auch in einem weiteren Prozess nicht beantworten. Denn die Angeklagten haben sich stets gegenseitig beschuldigt und bleiben wohl auch dabei. Schließlich sind sie mit dieser Strategie gut gefahren. Sechs Jahre nach der Tat sind sie immer noch auf freiem Fuß, die Frau hat einen neuen Mann und mit ihm ihr drittes Kind bekommen.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, nach der die beiden zumindest vorerst, vielleicht auch dauerhaft, in Freiheit bleiben, ist kaum auszuhalten – zumal sie keinerlei Reue zeigen. Dennoch ist es richtig, dass die Richter, da sie zweifeln, diese schmerzhafte Entscheidung getroffen haben. Dass sie, so offensichtlich die Schuld der Angeklagten auch erscheinen mag, darauf bestehen, dass diese Schuld zweifelsfrei nachgewiesen wird. Alles andere wäre auf Dauer noch viel schwerer zu ertragen.