Insgesamt 48 Parteien können zur Bundestagswahl im September antreten. Wir haben die Kernaussagen der größten Parteien zusammengefasst.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Stuttgart - Das sind die acht Kernthesen, mit denen die Linke in die Wahl im September geht. Der Überblick ist auf Grundlage einer umfangreichen Analyse der Landeszentrale für politische Bildung zusammengefasst. Hier geht es direkt zum vollständigen Programm der Partei.

 

Asyl und Integration

Die Linke fordert sichere Fluchtwege, ein Bleiberecht für alle sowie einen sofortigen Abschiebungsstopp: Man werde sich nicht damit abfinden, „dass Menschen im Mittelmeer ertrinken oder in Tod und Folter abgeschoben werden.“ Deutschland ist laut der Partei längst ein Einwanderungsland. Die Linke betont, dass Asyl ein Menschenrecht sei. Sie kritisiert die Diskriminierung von Asylbewerbern am Arbeitsmarkt und fordert den Mindestlohn für alle. „Wir lehnen eine Einwanderungs- und Integrationspolitik ab, die Rechte danach vergibt, ob Menschen den richtigen Pass haben oder als ‚nützlich’ für Unternehmen gelten.“

Die Linke möchte den Fluchtursachen in den Herkunftsländern mehr Entwicklungshilfe und einem faireren globalen Handel entgegensetzen: „Dringend notwendig wäre dagegen, friedliche Konfliktlösungen zu stärken und die Ursachen von Flucht und Vertreibung zu bekämpfen: einen ungerechten Welthandel und den globalen Kapitalismus.“ Außerdem will die Partei Waffenexporte sofort verbieten. Den „schmutzigen Deal“ mit der Türkei will sie beenden.

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Europa und Außenpolitik

Die Linke sieht die EU in einer Krise; sie klagt zunehmende Abschottung, Aufrüstung und zunehmenden Rassismus und Nationalismus an. Die Partei fordert einen „Neustart der Europäischen Union“ mit neuen Verträgen und mehr Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten: „Soziale Rechte, Tarifverträge und demokratische Gestaltungsmöglichkeiten müssen Vorrang vor den Binnenmarktfreiheiten der Unternehmen haben.“ Die Kapitalmärkte der Mitgliedstaaten sollen nicht weiter miteinander verknüpft werden.

Außenpolitisch sieht sich die Linke als Partei des Friedens: „Wir kämpfen für konsequente Abrüstung und wollen den Export und die Produktion von Waffen und Rüstungsgütern verbieten“, stattdessen sei eine aktive Friedenspolitik gefordert. Deutschland müsse dringend die international zugesagten 0,7 Prozent des BIP in Entwicklungshilfe stecken.

„Wir wollen die Beteiligung von Bundes- und Länderpolizeien an internationalen Polizeieinsätzen beenden, die der Unterstützung von Kriegen und autoritären Regimen dienen. Eine Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich mit autoritären Regimen zur Flucht- und Migrationsabwehr lehnen wir ab.“ Der Flüchtlingsdeal mit der Türkei müsse aufgekündigt werden. Die Partei fordert außerdem statt der Sanktionen gegen Russland eine „Friedens- und Entspannungspolitik“. Freihandelsabkommen lehnt die Linke kategorisch ab. Die Linke fordert außerdem einen Stopp des Handelskriegs mit Venezuela und eine Normalisierung der Beziehungen zu Kuba. Die Nato solle keine neuen Mitglieder aufnehmen, die Ostpolitik allgemein entspannt werden. Die Linke fordert den Schuldenschnitt für Griechenland.

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Wirtschaft und Arbeit

Arbeit ist ein Kernthema des linken Wahlprogramms. Ein Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde - das fordert die Linke. Von diesem Mindestlohn dürfe es keine Ausnahmeregelungen geben. In der Pflege soll der Mindestlohn höher, nämlich bei 14,50 Euro, liegen. In Sachen Löhne sollen außerdem Manager- und Vorstandsgehälter maximal 20 Mal so hoch wie der niedrigste Lohn im Unternehmen sein, ansonsten drohe eine Strafsteuer. Über ein verbindliches Entgeldgleichheitsgesetz soll die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen ausgeglichen werden. Grundsätzlich verurteilt die Linke den alltäglichen Sexismus, insbesondere im Arbeitsleben, scharf.

Die Partei sagt prekären Arbeitsverhältnissen den Kampf an und möchte Befristungen, Minijobs und Leiharbeit und schlechte Bezahlung beenden: „Arbeit muss für alle Menschen sicher und unbefristet, tariflich bezahlt, sozial abgesichert und demokratisch mitgestaltet sein.“ Speziell im digitalen Sektor möchte sie Arbeitnehmerrechte stärken und zum Beispiel Crowdwork-Plattformen an Sozialsystemen beteiligen.

Die Linke möchte Tarifverträge stärken und die Möglichkeiten, einen Tarifvertrag als allgemeinverbindlich zu erklären, erleichtern. Damit jeder eine Arbeit finden kann, soll die Arbeitszeit auf eine 30-Stunden-Woche, also sechs Stunden Arbeitszeit pro Tag, begrenzt werden. Die Höchstarbeitszeit dürfe 40 Stunden pro Woche nicht mehr überschreiten, so der Plan der Partei. Wer Teilzeit arbeitet, soll einen Rechtsanspruch auf 22 Arbeitsstunden pro Woche bekommen. Der Mindesturlaubsanspruch soll außerdem von 24 auf 30 Tage erhöht werden. Auch die Arbeit der Gewerkschaften möchte die Linke durch verschiedene Maßnahmen unterstützen.

Auch die klassisch linke Kritik am Kapitalismus fehlt nicht im Wahlprogramm: Der globale Kapitalismus führe zu immer mehr Krisen und Umweltzerstörungen und diene den Superreichen statt der Mehrheit der Menschen, so die Linke. Insbesondere der Finanzkapitalismus steht bei den Linken in der Kritik: „Wohnungen, Lebensmittel, Gesundheit werden zu Märkten für die Spekulation. Die Gewinne kommen nur einer Minderheit zugute.“ Wirtschaftliche Macht übersetze sich in politische Macht. „Ein wirklicher Bruch mit dem Kapitalismus ist notwendig – sonst werden der Sozialstaat und die Demokratie in Europa weiter ausgehöhlt werden.“ Sie fordert daher ein neues Wirtschaftssystem: „Die Linke kämpft daher für Alternativen zum Kapitalismus. Wir wollen einen neuen Sozialismus, einen demokratischen, ökologischen, feministischen und lustvollen Sozialismus.“

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Soziales, Familie und Rente

Soziale Gerechtigkeit und der Kampf gegen Armut sind Kernpunkte des Wahlprogramms: „Der Reichtum wächst jeden Tag, aber er kommt nur Wenigen zugute.“ Das möchte die Linke ändern, unter anderem mit der Abschaffung des Hartz-V-Systems. Sie fordern stattdessen eine Mindestsicherung von 1050 Euro pro Person und Monat. Das Arbeitslosengeld 1 soll länger gezahlt werden.

In Sachen Gesellschaft setzt sich die Partei für ein Deutschland ein, in dem alle gleichberechtigt leben, „unabhängig von ihren individuellen Fähigkeiten, ihrer körperlichen Verfassung, ihrer Herkunft und sozialen Stellung, ihres Geschlechts, Alters oder ihrer sexuellen Orientierung“. Sie möchte die Rechte der Queer-Community stärken. Die Linke möchte außerdem einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr sowie mehr sozialen Wohnungsbau durchsetzen.

Die Linke steht für eine Ehe für alle und eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Familie und neue Arbeitszeitmodelle. „Wir streiten für die Gleichwertigkeit aller Lebensentwürfe, sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen und ethnischen Identitäten.“ Der Schutz des Staates soll allgemein Menschen mit Kindern und Pflegebedürftigen zugutekommen statt nur Eheleuten.

Ein Ziel des Wahlprogramms ist ein kostenloses Ganztags-Betreuungsangebot für Kinder, auf den ein Rechtsanspruch bestehen soll. Eltern haben den Plänen nach einen Kündigungsschutz bis zum 6. Lebensjahr des Kindes. Um Kinderarmut vorzubeugen, möchte die Linke Elternarmut durch verbesserte Arbeitsbedingungen bekämpfen (siehe Punkt „Arbeit“) und einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr und kostenlosen Zugang zu Kultur-und Bildungseinrichtungen ermöglichen. Das Kindergeld möchte die Linke auf 328 Euro im Monat anheben und eine zusätzliche Kindergrundsicherung in Höhe von 573 Euro einführen. Kinder sollen täglich kostenlos eine gesunde warme Mahlzeit bekommen können.

Die Linke kritisiert steigende Altersarmut. Die Partei setzt sich daher für eine solidarische Mindestrente ein: Jeder Rentner soll monatlich mindestens 1050 Euro Einkommen haben. Renten unterhalb dieser Grenze sollen vom Staat aufgestockt und die Renten in Ost und West sofort angeglichen werden. In Rente soll man grundsätzlich ab 65 Jahren gehen können. Wer 40 Beitragsjahre zusammen hat, kann ab 60 Jahren in Rente gehen. Jeder, auch Politiker oder Freiberufler, soll ausnahmslos in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, damit das Rentensystem funktioniert. Daher spricht sich die Partei auch gegen Riester-Renten oder kapitalgedeckte betriebliche Altersvorsorge aus.

Zusätzlich möchte die Partei das Rentenniveau, also das Verhältnis des durchschnittlichen Lohns zur durchschnittlichen Rente, auf 53 Prozent anheben. Das bedeutet laut Wahlprogramm rund 120 Euro Rente mehr im Monat.

„Die soziale Ungerechtigkeit ist eines der größten Probleme unserer Zeit“: Dieses Thema zieht sich durch das Wahlprogramm der Linken. Insbesondere durch mehr Bildungsgerechtigkeit, Mindestrente und Mindestsicherung und eine neue Steuerpolitik möchte die Linke die Schere zwischen Arm und Reich eindämmen.

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Bildung

„In der Schule wirkt die soziale Herkunft wieder stärker: Wer arm oder als Arbeiterkind hineingeht, geht in Richtung Niedriglohn heraus“- das möchte die Linke verhindern. Statt eines dreigliedrigen Schulsystems ist sie für eine Gemeinschaftsschule. Diese soll ganztägig betreuen und inklusiv sein. Förderschulen sollen abgeschafft werden. Die Linke möchte das Kooperationsverbot in Sachen Bildung zwischen Bund und Ländern aufheben und fordert, mehr Geld in die Sanierung stecken und mehr Personal einzustellen.

Auszubildenden soll eine Mindestausbildungsvergütung, ähnlich des Mindestlohns, beim Berufsstart helfen. Ebenso soll das Bafög rückzahlungsfrei auf 1050 Euro erhöht werden - finanziert durch die Mittel des Deutschlandstipendiums, das die Linke abschaffen möchte. Die Partei möchte Hochschulen und Universitäten inklusiv, barrierefrei ausgestalten und kostenfrei halten und den Einfluss der Wirtschaft auf die Lehre und Forschung verringern. Erwachsenenbildung soll durch einen Weiterbildungsfonds und gesetzlich geregelte Lohnfortzahlungen bei Fortbildungsteilzeit gestärkt werden.

Sicherheit

Innenpolitisch stellt die Linke eine Verrohung des gesellschaftlichen Klimas fest. Sie spricht sich gegen eine staatliche Überwachung aus. Die Partei kritisiert die intransparente und ineffiziente Arbeit der Geheimdienste und fordert, keine V-Leute mehr einzusetzen und langfristig Geheimdienste abzuschaffen. Die Polizei soll bürgernaher werden und ihre Aufgabenverteilung überprüft werden.

Äußere Sicherheit soll nicht mithilfe des Militärs hergestellt werden: „Wir lehnen Aufrüstung, Waffenexporte und Auslandseinsätze der Bundeswehr sowie jegliche deutsche Unterstützung von Militärinterventionen ab“, schreibt die Linke in ihrem Wahlprogramm. Rüstungsausgaben sollen gesenkt werden.

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Steuern

„Ungleichheit ist unsozial. Wir steuern um“ - die Linke möchte mithilfe von Steuern die soziale Gerechtigkeit wiederherstellen: Um ihre Pläne finanzieren zu können, setzt sich die Linke für die Einführung einer Vermögenssteuer, auch Reichensteuer genannt, und einer Erbschaftssteuer ein. Vermögen über einer Million sollen mit fünf Prozent besteuert werden, was 80 Milliarden zusätzlich in die Staatskasse bringen soll. Sie fordert unter anderem eine höhere Körperschaftssteuer von 25 Prozent, eine Finanztransaktionssteuer und mehr Personal im Steuervollzug. Hohe Erbschaften möchte die Linke ebenfalls höher besteuern. Die Partei kritisiert die Mehrwertsteuer, da sie niedrige Einkommen stärker belaste.

Um niedrigere und mittlere Einkommen zu entlasten, möchte die Linke den Grundfreibetrag von aktuell 8820 Euro im Jahr auf 12 600 Euro erhöhen - monatlich 1050 Euro Einkommen, d.h. die Mindestsicherung, wären damit steuerfrei. Die Pläne zur Einkommensteuer sehen außerdem vor, Einkommen über 260 000 Euro mit 60 Prozent zu besteuern und Einkommen über einer Million mit 75 Prozent. Auch Konzernsteuern sollen erhöht werden.

Grundsätzlich möchte die Linke, dass der Staat wieder stärker in Bildung, Pflege, sozialen Wohnungsbau, schnelles Internet oder öffentlichen Nahverkehr investiert. Investitionen müssten vor der „Schwarzen Null“ stehen - neue Schulden sollen demnach gemacht werden dürfen. Die Partei spricht sich gegen weitere Privatisierungen aus und möchte den Finanzsektor deutlich stärker besteuern, regulieren und kontrollieren.

Gesundheit

Die Linke beklagt den Zustand des Krankenkassensystems, der Krankenhäuser und der Pflege. Das Gesundheitssystem soll „als Teil des Sozialstaats öffentlich organisiert werden“, d.h. die Linke ist gegen Privatisierungen.

Eine „solidarische Gesundheitsversicherung“ soll das aktuelle „Zwei-Klassen“-System aus privaten und gesetzlichen Krankenkassen ablösen. In die geplante Gesundheitsversicherung würde somit jeder mit einem Einkommen einzahlen, zum Beispiel auch Beamte. Zusätzlich sollen 100 000 weitere Stellen für Pflegekräfte geschaffen werden, die über den ehemaligen Pflegevorsorgefonds finanziert werden sollen.