Die konservative japanische Regierung sträubt sich trotz einer Nachfolgekrise gegen Reformen des Kaiserhauses, sehr zum Missfallen des sonst zurückhaltenden Kaisers. Dem Kaiserhaus gehen langsam die Mitglieder aus. Denn nur Männer dürfen den Chrysanthemen-Thron besteigen.

Tokio - Ob nach dem Erdbeben in Kobe 1995 oder nach dem Tsunami in Tohoku 2011 – auch in schweren Stunden, und dann ganz besonders, können die Japaner auf ihren Kaiser zählen. Kaiser Akihito und seine Frau Michiko besuchen stets die Betroffenen und sprechen in ihrer sanften, bescheidenen Art Mut zu. Noch nie war ein Kaiser, in Japan „Tenno“ genannt, so volksnah wie der seit 1989 amtierende Akihito.

 

Entsprechend geschockt sei der 83-Jährige gewesen, als er erfuhr, dass eine Expertengruppe der Regierung, die sich mit seinem Wunsch nach Abdankung befasst, seine Rolle auf „kaiserliche Rituale“ beschränkt sah. „Seine Hoheit war untröstlich“, zitiert die Zeitung „Mainichi“ eine Quelle aus dem Umfeld des Kaiserlichen Hofamtes. „Weiß die Regierungskommission nicht, in welche Aktivitäten der Kaiser involviert war?“ soll er gefragt haben. Trotz seines Alters und mehrerer schwerer Krankheiten nimmt der Tenno unermüdlich Termine im In- und Ausland war. Er legt großen Wert auf den persönlichen Austausch mit Menschen, egal welchen Status oder welche Herkunft sie haben. Stets sendet er dabei eine Botschaft von Frieden und Verständigung.

Der Kaiser ist auf seine Rolle als Staatssymbol beschränkt

Seit der Nachkriegsverfassung ist er auf die Rolle als Staatssymbol beschränkt. Von jeglichem politischen Engagement ausgeschlossen, ist Kaiser Akihito bei der Frage, ob er „in Rente gehen“ darf, auf das Wohlwollen der Regierung angewiesen. Diese ist in den vergangenen Jahren unter Premierminister Shinzo Abe besonders konservativ. Reformen würden sie, um den erzkonservativen Stammwählern zu gefallen, am liebsten vermeiden.

Bisher konnte sich die Abe-Regierung nur zu einer Ausnahme für Kaiser Akihito durchringen. Vergangenen Freitag hatte das Kabinett in Japan einen entsprechenden Gesetzesentwurf genehmigt, der in der aktuellen Sitzungsperiode des Parlaments abgesegnet werden könnte. Das würde den Weg für die Abdankung von Kaiser Akihito freimachen, womöglich kommendes Jahr. Der 57-jährige Kronprinz Naruhito würde dann zum 126. Tenno, seine Frau Masako zur Kaiserin.

Doch der bescheidene Monarch lehnt diese Neuregelung nun ab, das wäre eigennützig, soll er gesagt haben. Stattdessen fordert er die Einführung eines Systems, das jeglichem künftigen Tenno ermöglicht, abzudanken. Bei Kaiser Akihito, einem stets freundlichen und friedliebenden Mann, kommt dies geradezu einem Sturm der Entrüstung gleich.

Nur Männer dürfen den Chrysanthemen-Thron besteigen

Aber nicht nur beim Kaiser, auch bei der Regelung seiner Nachfolge sperrt sich die Regierung gegenüber Reformen. Wenn wahrscheinlich ebenfalls 2018 die älteste Enkelin des Kaisers, die 25-jährige Prinzessin Mako, ihren langjährigen Studienfreund heiratet, muss sie ihren adeligen Status aufgeben und das Kaiserhaus verlassen. Die Abe-Regierung überlegt nun, den Frauen nach der Heirat zumindest ein Amt mit offiziellen Aufgaben zu geben – wohl als Reaktion auf Forderungen der Opposition, dass auch Frauen Nebenlinien der Dynastie eröffnen können sollen. Am geltenden Gesetz von 1889, das ausschließlich Männer auf dem Chrysanthemen-Thron erlaubt, wollen die Erzkonservativen jedoch nichts ändern.

Lange kamen im Kaiserhaus „nur“ Mädchen zur Welt. Durch eine Reform überlegte man, eine drohende Nachfolgekrise abwenden. Solche Debatten verstummten, als die Frau von Kronprinz Naruhitos jüngerem Bruder, Kiko von Akishino, 2006 einen Jungen gebar. Der zehnjährige Hisahito ist der Dritte in der Thronfolge – und die Konservativen atmeten auf. Hisahito ist der jüngere Bruder von Prinzessin Mako.

Prinzessin Mako hat Erfahrung mit dem Leben außerhalb des Hofes

Die Liebesgeschichte der beliebten Prinzessin und ihrem Studienfreund, einem juristischen Angestellten, hält Japan seit der Ankündigung in Verzückung. Sie sollen sich schon vor fünf Jahren beim gemeinsamen Studium an der International Christian University kennengelernt haben. Bereits ein Jahr später soll Komuro um ihre Hand angehalten haben.

Während die Kaiserfamilie streng abgeschirmt wird, hat Prinzessin Mako schon Erfahrung darin, außerhalb des „goldenen Käfigs“ zu leben. Während Studiums ging die ausgebildete Kuratorin zweimal für je etwa ein Jahr zum Studium nach Großbritannien, inkognito. Gegenwärtig arbeitet Prinzessin Mako, die hervorragend die Gebärdensprache beherrscht, in Teilzeit als Forscherin in einem Museum der Elite-Universität Tokio. Parallel dazu macht sie ihren Doktor an ihrer früheren Alma Mater und vertritt das Kaiserhaus bei Veranstaltungen.

Auch die Kaisertochter Sayako heiratete einen Bürgerlichen

Ihr künftiger Gatte Kei Komuro, der mit seiner Mutter und seinem Großvater in Yokohama südlich von Tokio lebt und dessen Vater früh starb, soll gerne kochen, Skifahren und ebenfalls sehr gut Englisch sprechen, was in Japan ungewöhnlich ist. Als 18-Jähriger machte er ein Jahr lang für die Stadt Fujisawa als „Prinz des Meeres“ Tourismuswerbung. Ein ehemaliger Kollege beschreibt den begeisterten Violinisten als lebhaft, aufgeschlossen und freundlich. Er arbeitet derzeit als juristischer Angestellter in einer Kanzlei in Tokio. Die offizielle Verlobung wird frühestens Mitte Juni erwartet.

Die erste Frau, die das Kaiserhaus mit der Ehe verlassen musste, war Kaiser Akihitos und Kaiserin Michikos einzige Tochter Sayako. Sie heiratete 2005 einen Tokioter Stadtplaner. Das veränderte ihr Leben von Grund auf: Sie zog mit ihrem Mann in eine kleine Wohnung mit nur einem Schlafzimmer und machte den Führerschein. Außerdem musste sie erst einmal lernen, wie man Lebensmittel und Möbel einkauft.