Die Stadt hat zum Infotag auf das ehemalige DLW-Gelände eingeladen – und präsentierte dabei auch einen neuen Namen für das Viertel, das Wohnen, Arbeiten und Freizeit auf einem Fleck bieten soll.

Bietigheim-Bissingen - Die Bürger von Bietigheim-Bissingen haben ein für die meisten bis dahin wohl unbekanntes Terrain besichtigen können: Das ehemalige Gelände des Fußbodenherstellers DLW. Das Areal ist normal nur für Mitarbeiter der zahlreichen Firmen zugänglich, die inzwischen dort ihren Sitz haben. So entwickelt beispielsweise der Autozulieferer Valeo dort unter strengen Sicherheitsvorkehrungen Produkte für das autonome Fahren.

 

Die Stadt hat das 8,5 Hektar große Gelände im Dezember 2015 von der insolventen Armstrong DLW GmbH gekauft, mittelfristig soll daraus ein neues Viertel entstehen, das urbanes Wohnen ermöglicht, also Arbeiten, Wohnen und Freizeit vereint. Mittlerweile steht laut dem Oberbürgermeister Jürgen Kessing auch ein verwaltungsinterner Arbeitstitel für das Areal fest: Bogenviertel.

Die Planung gleicht dem Megaprojekt Landesgartenschau 1989

Damit wird auf die Form des Areals verwiesen, das zwischen den bogenförmigen Bahngleisen östlich und der B 27 westlich liegt. Stadträte und Verwaltungsmitglieder sind sich einig: Die Planung des Viertels gleicht dem Megaprojekt Landesgartenschau von 1989. Die Veränderungen, die die Stadt damals erfahren hat, vor allem die Grünanlagen, prägen Bietigheim-Bissingen bis heute.

Mitten in den Industrieschluchten der Produktionshallen ließ Kessing am Samstag das Touristenbähnle, mit dem die Bürger durch das Gebiet gefahren werden, anhalten: „Es ist beeindruckend“, sagte er, „an der Straße versteht man sein eigenes Wort nicht, aber hier drin herrscht idyllische Stille.“ Das DLW-Gelände ist lagetechnisch ein Filetstück für jeden Stadtplaner, krankt aber daran, dass es zwischen zwei Hauptverkehrsadern liegt.Eine Blockrandbebauung soll den Lärm von Seiten der B 27 mindern. Was man gegen den Krach der Züge machen kann, ist aber noch völlig unklar. „Das könnte ein Problem werden. Da sind dann die Architekten gefragt“, sagt Andrea Schwarz, die Leiterin des Stadtplanungsamtes. Es soll ein zweistufiger städtebaulicher Wettbewerb ausgerufen werden.

Das Zauberwort der Stadtplaner: Entmischung

Das Besondere an dem Areal laut Schwarz: Es soll mit einer Mischung von Wohn- und Gewerbegebieten gearbeitet werden. „Nur so kriegen wir das Verkehrsproblem in den Griff.“ Bislang rechnet die Stadt mit 7500 zusätzlichen Fahrzeugen am Tag durch das neue Gebiet. Es soll aber umweltbewusst und fahrradfreundlich geplant werden, so dass es im Prinzip keinen Grund gibt, im Viertel das Auto zu nutzen, da alles auf einem Fleck liegt – und dazu fußläufig zum Bahnhof.

Wie viel Gewerbe und wie viel Wohnen dereinst im Bogenviertel sein soll, ist noch unklar: Der Gemeinderat hat sich auf einen 50-50-Kompromiss geeinigt – mit zehn Prozent möglicher Abweichung zu beiden Seiten. Ginge es nach der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart (WRS), müsste es wohl ein reines Gewerbegebiet werden: Die WRS geht von einer durchschnittlichen jährlichen Nachfrage von 110 Hektar Gewerbefläche in der Region aus – und das sei noch „betont vorsichtig“, heißt es in einer jüngst veröffentlichten Studie. Andrea Schwarz ist jedoch überzeugt, dass gerade der Mix aus Wohnen und Arbeiten attraktiv sein könne – sowohl für die Firmen als auch für die Fachkräfte, die sie dann beispielsweise mit Belegplätzen bei Kitas oder Wohnungen vor Ort locken können.

Eine Fachhochschule Bietigheim?

Die Vorschläge, die die Bürger machten, sind zum Teil ähnlich visionär wie die Vorstellungen der Stadtplaner: Vom sich energetisch selbstversorgenden Quartier über begrünte Dächer und Fassaden bis hin zu einer Fachhochschule Bietigheim, die sich mit regenerativen Energien befasst, ist alles dabei. Was davon umgesetzt werden kann, muss sich zeigen. Die Mietverträge mit den Firmen, die auf dem Gelände agieren, laufen Ende 2019 aus.