Wenn vom 1. Januar 2018 an keine älteren Dieselfahrzeuge mehr durch die Stuttgarter Innenstadt fahren dürfen, wird sich der Verkehr wohl verlagern. Nun befürchten die Sillenbucher einen Verkehrskollaps. Doch manche Lokalpolitiker sprechen sich trotzdem pro Fahrverbote aus.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Sillenbuch - Vor wenigen Wochen hat das Regierungspräsidium den sogenannten Luftreinhalteplan vorgestellt. Dieser sieht vom 1. Januar 2018 an Einschränkungen für Autofahrer vor: An Tagen mit hoher Schadstoffbelastung sind auf einzelnen Straßenabschnitten im Stuttgarter Kessel Fahrverbote für ältere Diesel geplant, die die Abgasnorm Euro 6 nicht erfüllen.

 

Ein Satz in diesem Entwurf erzürnt die SPD-Fraktion im Sillenbucher Bezirksbeirat sowie den SPD-Ortsverein von Sillenbuch, Heumaden und Riedenberg. Es geht darum, dass in dem Entwurf geschrieben steht, es käme durch die Fahrverbote in „keinen Streckenabschnitten zu starken/kritischen Belastungszunahmen“. Allerdings wird auch angegeben, dass sich durch die Fahrverbote der Verkehr voraussichtlich verlagere und zwischen 1000 bis 2000 zusätzliche Fahrzeuge jeden Tag auf der Filderauffahrt und der Kirchheimer Straße unterwegs wären.

Bis zu 500 mehr Autos täglich durch Riedenberg

„Bereits heute geht zu den Hauptverkehrszeiten auf der Kirchheimer Straße praktisch nichts mehr“, schreiben die Sillenbucher Sozialdemokraten nun in einer Pressemitteilung. „Wie bis zu 2000 Fahrzeuge zusätzlich hier kein Problem darstellen sollen, ist unverständlich.“ Zudem zeige die Prognose eine Steigerung des Verkehrs im Stadtteil Riedenberg von etwa 500 Autos am Tag. „Die Anwohner, die bereits jetzt unter dem Durchgangsverkehr leiden, werden hier zusätzlich massiv belastet.“

Aus diesem Grund fordern die Lokalpolitiker der SPD nun einen „massiven Ausbau und eine Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV)“. Die SPD ist der Meinung, dass die starke Mehrbelastung der Außenstadtbezirke durch den Luftreinhalteplan nicht akzeptabel ist. Der Ausbau des ÖPNV wäre statt der „wenig durchdachten Pläne der Fahrverbote eine echte Alternative zur Reduzierung des Individualverkehrs im Kessel“, argumentieren die Sozialdemokraten.

„Ich sehe keine Alternative“

Dieter Grötzinger, Bezirksbeirat von Bündnis 90/Die Grünen in Sillenbuch, sieht den Vorschlag der SPD kritisch: „Mir wäre es generell natürlich am liebsten gewesen, wenn die freiwilligen Maßnahmen an den Feinstaubtagen funktioniert und die Leute ihr Auto stehen gelassen hätten.“ Da dies aber so nicht geklappt habe, lehne er es nicht grundsätzlich ab, dass die älteren Dieselfahrzeuge an Feinstaubtagen nicht mehr durch die Innenstadt fahren dürfen.

„Auch ich möchte keine zusätzliche Verkehrsbelastung für Sillenbuch – aber ich sehe keine Alternative“, sagt Grötzinger. Allerdings sollten die Fahrverbote lediglich eine Interimsmaßnahme sein, denn für die Luftreinhaltung sei es notwendig, das Verkehrsaufkommen in der Region Stuttgart im Allgemeinen deutlich zu senken.

Für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs würden sich die Grünen selbstverständlich genauso stark machen wie die SPD, sagt Grötzinger. Allerdings ließen sich viele Verbesserungen im ÖPNV aufgrund von Verträgen und Finanzierungen eben nicht so schnell realisieren, wie er und viele andere sich das wünschten.

Am Ende entscheidet das Land

Die CDU positioniert sich grundsätzlich – wie auch die SPD- gegen die Fahrverbote durch die Stuttgarter Innenstadt. „Ich bin der Meinung, dass Fahrverbote zu einer Verlagerung des Verkehrs nach Sillenbuch beitragen“, sagt Philipp Kordowich, der Sprecher der CDU. Allerdings sieht er die Pressemitteilung der SPD kritisch: „ Zu sagen, man setze sich für den Ausbau des ÖPNV ein, ist leicht – doch es fehlen konkrete Vorschläge“, sagt er. Zudem löse es nicht alle Probleme, wenn man den ÖPNV ausbaue: „Menschen in ländlichen Regionen oder Personen mit eingeschränkter Mobilität sind beispielsweise zwingend auf ihr Auto angewiesen.“Letztlich entscheiden aber sowieso nicht die Sillenbucher über die Umsetzung der Fahrverbote und des Luftreinhalteplans. Ein Großteil der Stuttgarter Gemeinderäte wird die Fahrverbote voraussichtlich an diesem Donnerstag ablehnen. Die Entscheidungshoheit hat jedoch das Land Baden-Württemberg: Der Entwurf wurde vom Regierungspräsidium erstellt und steht unter Kabinettsvorbehalt.