Beim Fest der Flüchtlinge in Neugereut zeigt sich, wie sehr sich die Herausforderungen gewandelt haben.

Neugereut - Ziemlich genau vor Jahresfrist haben die Flüchtlinge die beiden Modulbauten am Sturmvogelweg bezogen, und deshalb haben nun die Bewohner zusammen mit dem Freundeskreis Neugereuter Starthilfe (NeSt) zu einem Fest am und im Haus geladen. Bevor das mit schwäbischen Kuchen und arabischen Speisen reich gedeckte Büffet eröffnet wurde, ergriff Bezirksvorsteher Ralf Bohlmann das Wort, wobei ihm vor allem daran gelegen war, Dank auszusprechen. Vor allem den Maltesern, die das Haus leiten und auch sozial betreuen sowie dem Freundeskreis der Flüchtling. Beide Male brandete schon bei deren Nennung starker Applaus auf.

 

Beim ehrenamtlich aktiven Freundeskreis hob Bohlmann hervor, dass „Sie sich nicht nur im Haus für die Flüchtlinge engagieren, sondern auch im Umfeld. Dadurch tragen Sie zu einer guten Nachbarschaft bei und dazu, dass es hier so gut läuft“. Zur Akzeptanz beigetragen habe auch die Beteiligung der Flüchtlinge an „Let’s putz“, was nun wiederholt wird. Jetzt gehe es aber auch darum, „bei der Integration die nächsten Schritte zu gehen, auch wenn das eine große Herausforderung ist“. Was Bohlmann vor allem auf das Thema eigene Wohnung und Arbeit münzte.

Das war Almahoud Nader aus der Seele gesprochen, denn nach beidem sehnt sich der 26-jährige Informatiker aus Syrien, dessen Stadt im Norden des Landes vom IS zerstört wurde, gleichermaßen. „Ich danke Deutschland, ich möchte hier meine Zukunft haben“, sagt er, „aber ich brauche ein eigenes Zimmer und Arbeit.“ In der Unterkunft, in der er seit deren Eröffnung wohnt, sei es laut, praktisch nie sei man allein: „Ich gehe jeden Tag in die Bücherei, nur dort kann ich lernen.“ Ein Praktikum hatte er schon, aber er weiß, wieviel er noch lernen muss, um in seinem Beruf wieder Anschluss zu finden. „Bitte, ich lerne jeden Tag, um mein Ziel zu erreichen“, sagt er. Wegen eines Zimmers schreibe er täglich 30 Mails: „Aber ich bekomme nie eine Antwort.“ Trotzdem versucht er es weiter: „Vielleicht habe ich Glück.“

Der Schwerpunkt liegt auf der Suche nach Wohnraum und Arbeit

Walter Häbe, an vorderster Front beim Freundeskreis aktiv, weiß um „einige Leerstände in Neugereut“. Man sei da durchaus aktiv und „nicht ganz ohne Hoffnung“: „Vielleicht geht ja mal für den Einen oder Anderen eine Tür auf.“ Eine Thematik, mit der auch die Sozialarbeiterin Maren Wendel vertraut ist: „Am Anfang waren wir Feuerwehr, mussten viel Alltägliches regeln helfen. Jetzt ist der Schwerpunkt ganz klar bei der Suche von Wohnraum und Arbeit. Aber das ist sehr mühsam, auf beiden Feldern.“ Immerhin: „Gelegentlich gibt es ein Erfolgserlebnis. Vergangene Woche konnte ein junger Mann in eine Wohngemeinschaft wechseln.“

Das Fest haben auch drei ältere Damen aus Neugereut genutzt, um sich „das einmal anzuschauen“, wie Heidi Frank sagt: „Ich gehe oft vorbei, aber da traut man sich ja nicht rein.“ Nun gefällt es ihr, „wie miteinander gefeiert wird. Das ist eine schöne Atmosphäre. Ich habe den Eindruck, dass hier auch ein gewisser Zusammenhalt besteht.“ Auch Renate Könnecke ist froh, dass sie sich den Ruck gegeben hat: „Es scheint doch alles ganz gut zu klappen. Ich habe den Eindruck, dass die Leute sich einigermaßen wohlfühlen.“ Frank räumt ein, dass sie sich „eigentlich hilflos fühle“: „Sie sind untergebracht, sind im Frieden. Aber solange sie keine Wohnung und kein G’schäft haben, hängen sie doch in der Luft. Aber da haben wir keinen Einfluss drauf“, stellt sie fest. Was sie tun kann, will sie nun aber doch tun: „Ich mache jetzt mit vier Frauen in der Stadtteilbibliothek eine Vorlesegruppe. Vielleicht hilft es ja ein bisschen.“