Unzählige Tore sind seit der ersten Fußball-WM 1930 gefallen. Viele davon waren unspektakulär, die meisten vermeidbar und den Großteil hat man längst vergessen. Aber einige Treffer haben die WM-Geschichte überdauert. Wir zeigen eine Auswahl besonders schöner Tore. 

Stuttgart - Angefangen hat alles mit Lucien Laurent. Der Franzose erzielte das erste Tor der WM-Geschichte, 1930 in Uruguay, in der 19. Minute im Spiel gegen Mexiko. Seitdem sind unzählige Treffer bei Weltmeisterschaften gefallen. Viele davon waren hässlich, manche öde, die meisten vermeidbar und den Großteil hat man längst vergessen. Aber einige haben die WM-Geschichte überdauert. Welches die schönsten Tore sind, darüber kann man natürlich trefflich streiten. Anlässlich der WM in Brasilien haben wir eine Auswahl an Treffern rausgesucht.

 

Dennis Bergkamp (Niederlande): WM 1998 in Frankreich

Dennis Bergkamp. WM 1998. Niederlande gegen Argentinien. Viertelfinale. Die 90. Minute. Es steht 1:1. Dann das. Dennis Bergkamp. Ein Tor für die Ewigkeit. Langer Ball in den Strafraum. Perfekte Annahme mit rechts. In einer Bewegung den Ball auf den anderen Fuß gelegt und den Gegenspieler düpiert. Mit links rein in den Winkel. Tor. Sieg. Bergkamp galt als Vorzeigeprofi – entsprechend irritiert war er, als er 1995 nach England zum FC Arsenal wechselte und dort dies vorfand: „Nach Trainingsschluss sind einige zum Tennisspielen gegangen. Aber andere standen auch schon mittags mit einer großen Dose Bier in der Hand vor dem Spielautomaten. Wir hatten zwei Mal am Tag Training, aber die Lebensweise vieler Spieler hat die ganze Arbeit kaputt gemacht.“ Er nicht. Bergkamp war ein vorbildlicher Fußballer, ein Spieler voller Anmut auf dem Platz - und ein Spezialist für Treffer der Marke "Tor des Monats". Dieses hier war wohl sein schönstes.

Philipp Lahm (Deutschland)/Joe Cole (England): WM 2006 in Deutschland

Das Sommermärchen in Deutschland. Es geht los mit Philipp Lahm und seinem tollen Treffer im Eröffnungsspiel gegen Costa Rica. Ein typischer Lahm der damaligen Zeit. Er zieht von links außen nach innen an die Strafraumgrenze, schießt mit rechts. Ein Schuss in den linken Winkel aus Sicht des Torhüters, und ins Herz der Deutschen. Die WM wird ein einziger Rausch. Für England nicht. Die „Three Lions“ verlieren im Viertelfinale gegen Portugal, im Elfmeterschießen, versteht sich, wie es sich für gute Engländer gehört. Aber zumindest eines der schönsten Tore haben sie erzielt: Joe Cole in der Vorrunde gegen Schweden. Mindestens so schön wie das von Lahm.

 Philipp Lahm, WM Deutschland 2006

 Joe Cole, WM Deutschland 2006

Georghe Hagi (Rumänien): WM 1994 in den USA

Sie nennen ihn Comandante und Karpaten-Maradona: Georghe Hagi. Der Rumäne verzückt bei der WM 1994 die Fußballfans mit seinen technischen Fertigkeiten, wie überhaupt die rumänische Mannschaft um ihren Spielmacher außergewöhnlich schönen Fußball bietet und überraschend das Viertelfinale erreicht, aber dort gegen Schweden 4:5 im Elfmeterschießen verliert. Auf dem Weg dahin besiegt das Team im Achtelfinale Argentinien (3:2), in der Gruppe ist Hagi zuvor dieses wundervolle Tor gegen Kolumbien gelungen (ab 0:38 Minute).

Jared Borgetti (Mexiko): WM 2002 in Japan und Südkorea

Mit Köpfchen. So trifft Mexikos Jared Borgetti bei der WM 2002 gegen Italien. Kopfballtore gelten nicht gerade als die Stradivari unter den Treffern, womit man ihnen aber Unrecht tut. Sie sind technisch höchst anspruchsvoll und hoch komplex, und als Deutsche haben wir eine besondere Affinität zu diesen Toren. Kopfbälle sind ein Meister aus Deutschland: Uwe Seeler oder Horst Hrubesch, Karl-Heinz Riedle oder Miroslav Klose. Einen der schönsten Treffer aber hat eben jener Jared Borgetti erzielt, und das Tor findet aus Respekt vor dem Kopfball völlig zurecht Eingang in diese Liste.

Pele (Brasilien): WM 1958 in Schweden

Die Geburt einer Legende. Die Welt sieht zum ersten Mal einen Fußballer, wie es ihn davor nie gab und vielleicht auch danach nie wieder gegeben hat: Edison Arantes do Nascimento, genannt Pelé. 17 Jahre ist er alt, und er spielt Fußball aus einer anderen Zeit. Den Fußball der Zukunft. Die Gegenspieler sind machtlos gegen dieses Brasilien mit Pelé und dem kaum minder genialen Garrincha, etwa die bedauernswerten Schweden, die im Finale 2:5 unterliegen. Pelé erzielt dabei zwei Tore, darunter dieses Kunstwerk. Ist er der Beste aller Zeiten? Eine ewige Streitfrage...

Tore made in Germany

Maxi Rodriguez (Argentinien): WM 2006 in Deutschland

Von einem Tor wie diesem träumt wohl jeder Hobby-Kicker: Mit der Brust den Ball nach einer Flanke annehmen, ihn sich dabei vorlegen – und dann die Kugel volley in den Winkel dreschen. Der Argentinier Maxi Rodriguez hat so ein Tor erzielt, und dazu ein wichtiges. Dank seines Treffers zum 2:1 in der Verlängerung des WM-Achtelfinales gegen Mexiko erreicht Argentinien das Viertelfinale. Dort unterliegt das Team gegen Deutschland – und Maxi Rodriguez wird handgreiflich gegen Bastian Schweinsteiger und von der Fifa gesperrt.

Lothar Emmerich (Deutschland): WM 1966 in England

Schwarz-weiß. Aber immer wieder schön. Lothar Emmerich. Bei der WM 1966 erzielt er gegen Spanien das 1:1 aus spitzem Winkel. Nein, aus spitzestem Winkel. Emmerich, genannt Emma, wurde seitdem „Emma mit der linken Klebe“ genannt. In Erinnerung bleibt von der WM 1966 leider ein anderes Tor. Eines, das keines war. . .

Esteban Cambiasso (Argentinien): WM 2006 in Deutschland

Das Ende ist vergleichsweise unspektakulär. Am Ende der Nahrungskette steht Esteban Cambiasso. Der Argentinier vollendet bei der WM 2006 im Gruppenspiel gegen Serbien (6:0) eine einzigartige Passstafette aus 25 Kontakten. Ein Tor wie am Reißbrett entworfen. Der Ball zirkuliert wie von einer unsichtbaren Schnur gezogen. Tempowechsel. Seitenwechsel. Tiki-Taka. Die Gegner rennen und staunen. Und am Ende ist der Ball im serbischen Gehäuse. „Das war ein Mannschaftstor“, sagt der Torschütze zum 2:0.

Lothar Matthäus (Deutschland): WM 1990 in Italien

Die Jugend von heute kennt Lothar Matthäus vor allem aus RTL-Explosiv und der Bild-Zeitung. Aber, liebe Kinder, es gab ein Leben vor den Frauengeschichten – und in diesem war Lothar Matthäus ein grandioser Fußballer. Ein Spieler mit einem brillanten Schuss, technisch wie taktisch herausragend. Bei der WM 1990 ist er auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft. Als Kapitän führt er die DFB-Elf zum Titel, sein Tor zum 3:1 in der Vorrunde beim 4:1 gegen Jugoslawien ist legendär. Dynamik. Technik- Wucht. Präzision. Ein Tor – Made in Germany. Im Finale gegen Argentinien überlässt er den Elfmeter Andreas Brehme, weil er sich nicht sicher fühlt. Brehme trifft, der Rest ist bekannt. Im folgenden Jahr wird Matthäus zum Weltfußballer gewählt.

Diego Armando Maradona (Argentinien): WM 1986 in Mexiko

Siehe Lothar Matthäus. Es gab ein Leben vor den Skandalen, Skandälchen und Eskapaden, die ihn – wie auch Matthäus – heute bisweilen als Witzfigur erscheinen lassen. Diego Armando Maradona, dieser kleine, leicht untersetzte Wirbelwind aus Argentinien, war genial. Ein Fußballer, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hatte. Ein Zehner von einem anderen Planeten. Sein einzigartiges Solo beim 2:1-Sieg 1986 im WM-Achtelfinale gegen England ist ein Kunstwerk. Weniger schön sein anderes Tor in diesem Spiel, das 1:0, das er mit der Hand erzielte und das bis heute die Gemüter erhitzt und als „Hand Gottes“, wie er diese Eingebung nannte, in die Geschichte einging. Jedenfalls: unumstritten ist sein Solo, das von Fans zum „Tor des Jahrhunderts“ gewählt wurde. Die beiden (neben dem Wembley-Tor) meist diskutierten Treffer der Fußballgeschichte in einem Spiel – erzielt von einem Mann, das muss man erst mal schaffen. Sein legitimer Nachfolger Lionel Messi übrigens hat 2011 eine nahezu exakte Kopie dieses Solos präsentiert.

Diego Maradona, WM Argentinien 1986

 Zum Vergleich: Diego Maradona, 1986, und Lionel Messi, 2011