Mit einem Katalog unangenehmer Fragen rückt die Stadt den Geschäftsleuten auf die Pelle. Es geht um die bisherige Ablösepraxis bei Parkplätzen und undurchsichtige Vergaben von Gesellschaftsanteilen.

Göppingen - Der Göppinger Oberbürgermeister Guido Till macht seine Ankündigung wahr und erhöht den Druck auf die Göppinger Parkhausgesellschaft. Wie berichtet, erwartet die Kommune von der Gesellschaft, dass sie sich finanziell stärker an der Umgestaltung des Kornhausplatzes beteiligt. Konkret: Sie soll den Bau der grünen Wand vor der Fassade des Parkhauses Friedrichstraße an der Ostseite des Platzes mittragen und einen Aufzug an der Südwestecke des Gebäudes bauen. Die Gesellschaft lehnt dies ab.

 

In einer nicht-öffentlichen Sitzung hat nun der Gemeinderat Tills Vorschlag zugestimmt, einen Katalog mit Fragen an die Gesellschaft zu schicken. Sollte die Parkhausgesellschaft der Stadt nicht bis zum 30. Juni Rede und Antwort stehen, will die Stadt nach Aussage von Insidern einen Anwalt einschalten. Bei der Ausarbeitung der Fragen soll der Stadt ein Wirtschaftsrechtler zur Seite gestanden haben. Im Wesentlichen geht es der Kommune nach Angaben von Stadträten, die nicht beim Namen genannt werden wollen, um zwei Hauptkritikpunkte: Zum einen störe sie sich am sogenannten Göppinger Sonderweg: Geschäftsleute müssen eigentlich Stellplätze vorhalten. Wenn sie keine haben, können sie bei der Gesellschaft Anteile zeichnen und so virtuelle Stellplätze erwerben, statt eine Ablöse bei der Stadt zu bezahlen. Die Kommune würde das Modell offenbar gerne aufkündigen. Bisher verzichtet sie zu Gunsten der Gesellschaft auf die Ablöse – doch diese kommt aus Sicht der Stadt ihrer Verpflichtung für die Kommune nicht mehr ausreichend nach.

Die Stadt hält selbst rund 15 Prozent der Anteile

Der andere Punkt zu dem die Stadt den Stadträten zufolge offenbar viele Fragen hat, ist die aktuelle Vergabepraxis der lukrativen Anteile an der Parkhausgesellschaft. Die Stadt hält selbst rund 15 Prozent und wollte schon vor Jahren aufstocken, um ihren Einfluss in der Gesellschaft zu erhöhen – bekam aber keine weiteren Anteile. Inzwischen hat sich aber herausgestellt, dass andere durchaus Anteile dazu kaufen konnten. Offenbar hat ausgerechnet die Ehefrau von Dieter Feil, der die Geschäfte der Parkhausgesellschaft freiberuflich führt, ihre Anteile zu der selben Zeit deutlich erhöhen können.

Die Kommune möchte nun offenbar wissen, wie das passieren konnte und nach welchen Regeln die Gesellschaft die Anteile vergibt. Die Rede ist von Intransparenz und unzureichender Beteiligung der Anteilseigner an Entscheidungen.

Keine Grundstücke mehr für Parkhäuser?

In der Sitzung war offenbar auch die Rede davon, der Gesellschaft künftig keine Grundstücke für den Bau weiterer Parkhäuser zur Verfügung zu stellen. Die Mehrheit der Stadträte hat sich hinter das Vorgehen der Verwaltungsspitze gestellt.

Allerdings gab es deutliche Kritik am Timing. Im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung begrüßten die Stadträte zwar, dass die Stadt nun gegen die Intransparenz bei der Gesellschaft vorgehe. Doch sie bemängelten, dass dies erst jetzt geschehe. Schließlich sitze die Stadt selbst in deren Gremien und hätte auch schon früher reagieren können, hieß es. Allerdings, so fasste einer zusammen: „Besser spät als nie.“

Die Stadt bestätigt derzeit nur, dass ein Fragenkatalog ausgearbeitet werde, den man demnächst verschicke. Man sei weiter an einer konstruktiven Zusammenarbeit interessiert. Einen Zusammenhang mit dem Umbau des Kornhausplatzes gebe es nicht. Von der Parkhausgesellschaft war am Dienstag niemand zu sprechen.

Ehemaliges Erfolgsmodell macht heute Ärger

Geschichte:
Die Parkhausgesellschaft ist vor 50 Jahren für den Bau des Parkhauses Friedrichstraße von vier Geschäftsleuten gegründet worden, die Stadt stieß als fünfter Gesellschafter dazu. Jeder der fünf hielt 20 Prozent an der Verwaltungsgesellschaft, die bis heute für die Parkhausgesellschaft haftet und sie steuert. Inzwischen haben teilweise die Nachkommen der Gründer deren Anteile übernommen.

Ablöse:
Parkhausgesellschaft und Stadt vereinbarten, dass Geschäftsleute, die keine Parkplätze vorhalten können, Anteile an der Parkhausgesellschaft zeichnen können statt eine Ablöse an die Kommune zu zahlen. Das tat jüngst etwa der Betreiber des Hotels am Kornhausplatz. Damit kann er baurechtlich Stellplätze nachweisen, diese sind aber rein virtuell. Der Vorteil war, das auf diese Weise Geld zusammenkam, um den Parkhausbau voranzutreiben.

Problem:
Die Anteile haben heute einen Wert von je 4000 Euro. Die Dividende lag im Jahr 2015 bei zehn Prozent, die Vorjahre bei neun. Während sich das für die Anteilseigener lohnt, hat die Stadt nur einen Vorteil, solange sich die Gesellschaft mit Bauprojekten in der Entwicklung der Kommune einbringt.