Marian Martin lässt uns hinter die Kulissen des Trickfilm-Festivals blicken und erzählt uns Storys, die bis jetzt vielen Festival-Fans verborgen blieben.

Stuttgart – Dieses Jahr hostet Stuttgart zum 24. Mal das Internationale Trickfilm-Festival – an sechs Tagen werden Tausend Animations-Filme aus über 50 Ländern gezeigt und rund 80.000 Fans erwartet. Marian Martin ist Technik-Guru und seit vier Jahren als Medientechniker und „Mädchen für alles“ für reibungslose Abläufe während der Festivalwoche zuständig. Der 28-Jährige ist hauptberuflich Rettungsassistent und studiert berufsbegleitend Management in der Gefahrenabwehr. Bei seinem Job während des Trickfilm-Festivals kann er einem großen Hobby nachgehen. Vom Einrichten der externen Technik bis hin zum Einweisen der Saalregie – Marian hat alles im Griff. Uns erzählt der gebürtige Kornwestheimer nun spannende Storys aus den letzten Jahren des Trickfilm-Festivals.

 

Wenn das Wetter nicht mitspielt

Letztes Jahr gab es während des Trickfilm-Festivals eine Unwetterwarnung für Stuttgart. Da unsere Leinwand auf dem Schlossplatz nur bis Windstärke acht abgenommen ist, wollten wir uns dazu genauer informieren und haben beim deutschen Wetterdienst nachgefragt. Nachdem es dort hieß, dass wir uns keine Sorgen machen sollten, es wäre schon alles im Rahmen, wollten wir uns diese Auskunft schriftlich bestätigen lassen. Gegen eine nicht gerade geringe Gebühr haben wir dann ein Schreiben erhalten, dass „Windstärken von etwa drei bis vier zu erwarten sind, aber Windstärken von acht bis zehn auch nicht auszuschließen sind“. Da uns diese Info nun rein gar nichts gebracht hat, sind wir dann gleich in einen Elektro-Fachhandel gegangen und haben uns dort eine Wetterstation gekauft. Ich bin mit dieser Wetterstation in der Hand dann auf dem ganzen Schlossplatz rumgelaufen und habe versucht den Wind einzufangen. Das war ein sehr witziger Anblick. Erst im nachhinein hat mir ein Kollege gesagt, dass auf dem Dach der Innenstadtkinos sogar eine Wetterstation stand und dass diese ganze Aktion gar nicht notwendig war. Man geht da aber lieber mal auf Nummer sicher. Wir hatten letztes Jahr auch bedenken, dass das Open Air wegen des Wetters ins Wasser fallen könnte, waren aber so überrascht, dass die Leute sich top vorbereitet haben, mit Schlafsäcken und Decken es sich auf dem Schlossplatz gemütlich machten und sich die Vorführungen nicht entgehen ließen.

Im falschen Film

Der größte Fauxpas, den man sich bei solch einem Festival vorstellen kann, ist doch, dass mal ausversehen ein falscher Film gezeigt wird. Das kam bei uns auch schon mal vor. Ich erinnere mich nur, dass der Vorführer über den Funk aus seiner Kabine brüllte: „Wir haben ein riesen Problem, ein riesen Problem!“. Es ging um die Vorführung eines Films von Gil Alkabetz. Gil Alkabetz ist ein bekannter israelischer Animator, Regisseur und unter anderem Dozent an der Filmakademie BW in Ludwigsburg. Früher hat er uns seine Filme noch auf Videobändern gegeben – und wie es so oft bei kreativen Persönlichkeiten ist, waren dies irgendwelche verkratzten, alten Bänder, die weder beschriftet, noch irgendwie kenntlich markiert waren. Es hieß immer nur, dass das Band schon das richtige wäre und alles so passen würde. Und so passierte es, dass uns von dem Macher tatsächlich ein anderer Film übergeben wurde, als laut Programm vorgesehen war. Der Vorführer erhält immer eine Liste mit den Titeln der Filme, die gezeigt werden müssen und beim Abspielen fiel dem Vorführer dann auf, dass der Film auf der Liste nicht, wie der gespielte Film „How to use a Tampon“ hieß und es eigentlich um ein ganz anderes Thema ging. Das Publikum hat lustigerweise gar nichts gemerkt. Man hat wohl geglaubt, dass bei einem kuratierten Programm alles schon seine Richtigkeit haben wird.

Der Simpsons-Macher

An einen Star-Gast erinnern wir uns immer sehr gerne. David Silverman ist unter anderem bekannt für die Animation der Simpsons und erzählt regelmäßig beim Trickfilm-Festival wie seine Filme gemacht werden. Er packt dann sehr witzige Storys über all das aus, was ihn für die Filme inspiriert hat. Mit nach Stuttgart bringt Silverman immer seine Tuba, die bei den Vorführungen nie fehlen darf. Während den Veranstaltungen erzählt er dann immer lustige Anekdoten, spielt einfach so mal Tuba und dann werden zwischendurch immer Sequenzen seiner Filme gezeigt. Und während die Filmsequenzen gezeigt werden, wird dann feuchtfröhlich gefeiert. Gegen Ende wird die Veranstaltung jedenfalls immer super lustig. Silvermans Auftritte waren in den letzten Jahren immer total sehenswert – einfach ein wahnsinnig sympathischer und netter Gast!

Hochzeitsantrag auf dem Schlossplatz

Vor zwei Jahren wurde über die große Leinwand auf dem Schlossplatz ein Hochzeitsantrag gemacht. Die Frau, die ihrem Freund den Antrag machen wollte, war mit einer Kollegin aus der Open-Air-Regie befreundet und hat ihr ein Tape mit dem Antragsvideo gegeben. Das Paar hat es sich beim Open Air auf dem Schlossplatz gemütlich gemacht, einige Vorführungen angeschaut und zwischen den Werbefilmen wurde dann das Tape mit dem Antrag abgespielt. Wir vom Team haben nichts davon gewusst, waren von der Aktion aber sehr begeistert. Bei den Zuschauern auf dem Schlossplatz war die Begeisterung ebenfalls sehr groß und die Zwei haben dann ja tatsächlich geheiratet.

Wo bleiben die Zuschauer?

Das Fernsehen hat bei uns vor ein paar Jahren ein großes Event veranstaltet – aufwendig wurde eine Live-Übertragung einer Filmnacht aus dem Kino vorbereitet. Der Eintritt inklusive einem Getränk war gratis, die ganze Nacht sollten Best-Of-Filme gezeigt und das ganze live ins TV-Übertragen werden. Reporter standen bereit, um die Live-Übertragung zu moderieren. Doch dann kamen in den Kinosaal, in den rund 200 Zuschauer passen, nur drei Gäste. Wir waren sehr verwundert, da bei allen Veranstaltungen im Rahmen des Trickfilm-Festivals die Karten immer sehr begehrt sind und die Säle auch knallvoll. Die TV-Reporter waren total aufgebracht, was sie denn jetzt erzählen sollen und sind nach und nach alle verschwunden. Planmäßig sollte die Veranstaltung bis vier Uhr morgens gehen und wir waren tatsächlich bis zum Schluss da und haben unsere Veranstaltung durchgezogen. Auch wenn keiner wirklich da war.

Digital vs. Analog

Vor zwei Jahren haben wir übrigens die Technik umgestellt, sodass in den Innenstadtkinos nun alles in digitaler Form abgespielt wird. Die analogen Filmprojektoren haben wir noch behalten, um Filme auf 35mm abspielen zu können. Wir hatten aber vor kurzem noch den Fall, dass ein aufwendig restaurierter Film von Wladyslaw Starewicz, dem Pionier der Stop-Motion-Technik, aus dem letzten Jahrhundert abgespielt werden sollte. Stolz wurde das aufwendig restaurierte Filmband ins Kino getragen, um dann festzustellen, dass wir mit unserem Projektor den Film nicht mit der notwendigen Abspielgeschwindigkeit vorführen können. Schade, wir hätten den Film sehr gerne gezeigt.