Für die zweite Runde der Krippenschau im Stadtmuseum zeigt der Degerlocher Kolumnist Gerhard Raff ein Stück aus der Provence.

Gerlingen - Die Figuren sind winzig. Es sind genau 200, weit mehr also als das Krippen-Stammpersonal, die beim Evangelisten Lukas erwähnten Josef, Maria und das Jesuskind umfassende Heilige Familie samt ein paar Hirten. Die Figuren gehören zu einer Krippe aus der Provence, die jetzt im Gerlinger Stadtmuseum als Ergänzung der seit November gezeigten Krippenausstellung aufgestellt wurde. Die provençalische Krippe gehört dem Historiker und Kolumnisten Gerhard Raff, sie ist eine zierliche, kopfstarke wie eindrucksvolle Bereicherung der Schau.

 

Den Grundstein für seine Krippensammlung, so erzählt der Siebzigjährige, habe er als Sechzehnjähriger gelegt – während einer Sommerferien-Fahrradtour 1963 mit seinem Nebensitzer in die Provence. In einem Andenkenladen in Arles habe er die zierlichen Figürchen entdeckt – nachdem er im Merian-Heft „Provence“ auf dieses Kulturgut gestoßen war.

Sammelleidenschaft 1963 ausgelöst

Raff wäre nicht Raff, könnte er nicht in allen Details und mit vielen historischen Bezügen über seine Ersterwerbung und die Entwicklung seiner durch diesen Kauf ausgelösten Sammelleidenschaft berichten. Im Sommer 1963 habe er Maria, Josef, Jesuskind, Ochs’ und Esel samt Engel erworben, in Watte gepackt und in der Satteltasche des Fahrrads nach Hauses transportiert. Im Lauf der Jahrzehnte kamen Dutzende Figuren in der Größe von sieben Zentimetern hinzu, bis das „Personal“ auf die stolze Anzahl von 500 Figuren angewachsen war. Diese Krippe stand über Weihnachten in der Kunsthalle Würth.

Die Gerlinger sehen jetzt Raffs zweite Krippe aus der Provence, deren Figuren mit vier Zentimetern nur gut halb so groß sind. Das Besondere an allen diesen Krippen: es sind Zeugnisse des Alltags und der Alltagskultur. Stehen doch rund um den Stall und die Heilige Familie folkloristische Figuren aus dem Alltag, gefertigt aus Terrakotta und mit feinstem Pinsel bemalt: Korbmacher und Küfer, Marktbesucher und -beschicker, wie Blumenfrau, Schneckenverkäuferin und Zitronenhändlerin, Musikanten und Spielleute, Tänzer, Trachtengruppen aus ganz Frankreich, ein Bäcker, ein Metzger, ein Kinderpaar, und, und, und. „Es ist ein Spiegel der provençalischen Kultur“, sagt die Museumsleiterin Catharina Raible. Den Besuchern wird es nicht einfach gemacht, sich diesen Reichtum im Detail zu erschließen: Man muss sich bücken, um alles genau zu sehen.

Die Raff’sche Krippe ist nur eine von 100, die zusammen die Krippenschau bilden. Die Ausstellung zeigt die ganze Vielfalt von Krippenformen, Material und künstlerischer Gestaltung. Schaustücke kommen unter anderem aus Neapel, Böhmen, dem Erzgebirge, aus Oberammergau – und aus Afrika. Besucher sollten zwei Dinge mitbringen: Lust fürs Thema – und Zeit.

Termin
Gerhard Raff erzählt über seine provençalische Krippe am Sonntag, 5. Februar, um 15 Uhr im Stadtmuseum. Wegen des familiären Rahmens gibt es nur eine begrenzte Anzahl von Platzkarten. Diese sind von diesem Dienstag an im Museum während der Öffnungszeiten erhältlich, zudem mittwochs von 9 bis 12 Uhr.

Öffnungszeiten
Die Schau „Auf Stroh gebettet“ ist noch bis 26. Februar zu sehen, dienstags von 15 bis 18.30 Uhr, sonntags von 10 bis 12 und von 14 bis 17 Uhr.