Die Café-Betreiber vom Herbertz und Moulu haben zusammen einen umweltfreundlichen To-Go-Becher entwickelt. Die Gastronomen wollen nun andere Cafés zum Mitmachen inspirieren.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stuttgart - Das Kaffeetrinken zelebrieren – dazu gehört auch eine echte Tasse aus Porzellan. Das finden Anhänger der traditionellen Kaffeekultur. Gemütlich Kaffee trinken und sich dazu Zeit nehmen, ist aber längst aus der Mode gekommen. Man hat ja keine Zeit mehr. Kaffee gibt es deshalb längst To-Go und aus Pappbechern. Der Geschmack? Naja, mancher mag darüber vielleicht streiten, dass der Geschmack gar nicht so anders ist.

 

Zwei Stuttgarter Cafés füllen Kaffee nun in Porzellanbecher to-Go

Kim Friesen tut das ganz sicher nicht. Für ihn gehört Kaffee in Porzellan. Doch das ist es nicht, was ihn zu den neuen Bechern aus Porzellan inspiriert hat, auf denen die Namen Herbertz und Moulu geschrieben stehen. Der Gastronom aus dem Stuttgarter Süden will vor allem die Unmengen an Müll reduzieren, welche die To-Go-Kultur mit sich bringt. „Allein wir verbrauchen jeden Monat 2000 Pappbecher“, sagt Friesen. Dazu kommen noch Strohhalme und Plastikdeckel, die ebenfalls am Ende im Mülleimer landen.

Die Mehrwegbecher sind ein Gemeinschaftsprojekt mit Erdal Cakir vom Café Moulu im Westen. Das Prinzip ist einfach: Jeder kauft einmalig seinen Becher für zwölf Euro. „Als Ansporn gibt es den ersten Kaffee daraus umsonst“, sagt Friesen. Damit sei der Becher ja insgesamt auch wieder billiger und der Schwabe spart ja gerne.

Nun haben die meisten Leute keine Lust, ihren dreckigen Kaffeebecher ständig mit sich rumzutragen, ihn mit nach Hause zu nehmen und dort zu spülen. „Das funktioniert nicht. Meistens vergisst man dann den Becher einfach daheim“, sagt Friesen. Daher habe man das System dem Pfandflaschensystem angepasst. Der schmutzige Becher kann im Moulu und im Herbertz einfach beim nächsten Cafébesuch gegen einen neuen getauscht werden. Damit hat zwar nicht jeder innerhalb des Becher-Kreislaufs seinen ganz eigenen, aber stets einen frisch gespülten und wiederverwendbaren.

Natürlich muss trotzdem jeder immer den Becher dabei haben. Das nervt viele vermutlich auch. Daher musste noch ein Ansporn her: „Es gibt dann 20 Cent Rabatt auf alle Heißgetränke“, sagt Kim Friesen.

Die Stadt Stuttgart arbeitet derzeit an einem Projekt gegen die Becherflut

Nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe (DUH) werden allein in der Bundesrepublik stündlich 320 000 Pappbecher verbraucht. Das macht aufs Jahr hochgerechnet etwa drei Milliarden Einwegbecher. Die Umwelthilfe beklagt zudem, dass viele ihren Becher achtlos wegwerfen, also nicht nur Müll produzieren, sondern auch Straßen, öffentliche Plätze und die Natur verschmutzen.

Bundesweit für Aufsehen sorgte deshalb im vergangenen Herbst ein Pilot-Projekt in Freiburg, das als Kommune selbst gegen die Vermüllung vorgehen wollte. Seit November 2016 gibt es im Breisgau nun auf Coffee-to-go-Becher Pfand. Rund 15 Betreiber in der Freiburger Innenstadt haben sich gleich an dem Projekt „Freiburg Cup“ beteiligt. Die Becher sind spülmaschinenfest, die Startauflage betrug damals 5000 Stück. Das Pfand pro Becher beträgt einen Euro. Ähnliche Initiativen gibt es in Tübingen, Berlin oder Hamburg.

Viele Cafés und Bäckereien akzeptieren eigene Becher

In Stuttgart gibt es derzeit noch keine städtische Initiative gegen Pappbecher. Das Thema halte man aber für wichtig, heißt es aus dem Rathaus. Derzeit prüft man, welche Möglichkeiten es als Stadt dazu gibt, die Nutzung von Mehrwegbechern zu unterstützen.

Abgesehen von solchen städtischen oder gastronomischen Projekten ist aber generell natürlich fast überall möglich, seinen eigenen Becher mitzubringen. Die meisten Cafés und Bäckereien haben nichts dagegen, sofern der Becher gespült ist. Manche übernehmen sogar das Spülen. Bei der amerikanischen Kaffeehauskette Starbucks gibt es schon lange mehrfach verwendbare Thermobecher zu kaufen. Längst bekommen Gäste dort 30 Cent Rabatt, wenn sie ihren Vanilla Chai Latte mit Haselnussflair aus dem eigenen Gefäß trinken und auf den mit dem Namen beschriebenen Pappbecher verzichten.

Das Herbertz hat die Porzellanbecher seit einem Monat im Angebot. „Den Verbrauch an Pappbechern konnten wir um etwa zehn Prozent reduzieren“, sagt Friesen. Langfristig hofft er, andere Stuttgarter Gastronomen ins Boot zu holen. „Die Leute sind zufrieden damit, das sollte andere inspirieren.“ Und das Pfandsystem funktioniere umso besser, je mehr Cafés und Kneipen in der Stadt mitmachen. Interesse signalisiert hat zum Beispiel das Weltcafé am Charlottenplatz. Bei Bäckereien ist Friesen aber skeptisch. Wegen der Kaffeekultur. „Die meisten haben einen Vollautomaten“, sagt er – entsetzt. „Das geht schon ein bisschen gegen unser Handwerk“, sagt er und lacht.