Ein denkwürdiges Rennen. In Streckenrekordzeit gewinnt Patrick Lange die Ironman-WM. Er ist da, als für Jan Frodeno gar nichts geht und Sebastian Kienle das Podest verpasst. Lange macht, was er angekündigt hat: Er zündet den Turbo.

Kailua-Kona - An einem der bittersten Tage für Jan Frodeno auf Hawaii hat Landsmann Patrick Lange mit einer sensationellen Leistung die deutsche Siegesserie bei der Ironman-Weltmeisterschaft fortgesetzt. Der Vorjahresdritte verwies den Kanadier Lionel Sanders mit 2:27 Minuten Vorsprung auf den zweiten Platz und stellte in 8:01:39 einen Streckenrekord auf. „Das ist, wovon ich immer geträumt habe. Das ist nicht wahr, das ist so großartig“, sagte Lange, der mit der Deutschland-Fahne in der Hand fast ins Ziel gestolpert wäre: „Das ist Gefühls-Achterbahn hoch Tausend.“

 

Dritter wurde der Brite David MacNamee vor dem zweiten deutschen Top-Favoriten Sebastian Kienle. Der 33-Jährige aus Mühlacker kam 8:19 Minuten nach Lange ins Ziel. Boris Stein, Siebter vor einem Jahr, wurde Zehnter. Frodeno quälte sich mit schmerzendem Rücken mit über eine Stunde Rückstand in 9:15:44 Stunden ins Ziel. „Es war ein harter Tag. Mein Rücken hat ganz und gar nicht mitgespielt. Ich weiß auch nicht, was da los war“, sagte der Gewinner der vergangenen beiden Jahre.

Nichts für schwache Nerven

In einem denkwürdigen Rennen, bei dem sich Titelverteidiger Frodeno kurz nach dem Wechsel am Samstag (Ortszeit) mit Schmerzen sogar für einige Minuten auf die Laufstrecke hinsetzen musste, holte Lange nach 3,8 Kilometern Schwimmen und 180,2 Kilometern Radfahren beim Marathon über zehn Minuten auf. Wenige Kilometer vor dem Ziel übernahm der 31-Jährige aus Bad Wildungen erstmals die Führung in dem Rennen und gab sie bis zum Ziel auf Ali’i Drive nicht mehr ab.

Lange ist nach Thomas Hellriegel (1997), Normann Stadler (2004 und 2006), seinem jetzigen Trainer Faris Al-Sultan (2005), Kienle (2014) und Frodeno (2015/2016) der sechste Deutsche, der auf Hawaii siegt.

Es wurde ein Rennen für die Geschichtsbücher, und keines für schwache Nerven. Frodeno, Sieger 2015 und 2016, stieg als Zweiter nach 48:27 Minuten aus dem Pazifik, war damit noch voll im Soll. Schneller war nur der Australier Josh Amberger, der die Führung nach dem Wechsel auf die Radstrecke aber nicht mehr allzu lange inne haben sollte.

Wo war Lange? Er lag nur 1:36 auf die Spitze zurück, war 15 und damit auf dem Rad zunächst mit dem Kontakt zu den Toprängen - so, wie er es geplant hatte. Kienle und Sanders, die nach dem Schwimmen lange Zeit das Rennen bestimmten, hatten über sechseinhalb Minuten Rückstand auf die Spitze.

Brutales Tempo

Nach einigen noch eher verhaltenen Kilometern drehte Kienle auf, bildete schnell zusammen mit Landsmann und Lange-Trainingspartner Boris Stein und Sanders eine Dreiergruppe, die sich kontinuierlich nach vorne arbeitete. Nach gut 30 Kilometern lagen die ersten 30 Fahrer lediglich 68 Sekunden auseinander. Frodeno war vorn mit dabei, Lange lag ebenfalls zunächst noch gut.

Immer wieder wechselte die Führung, das Tempo war brutal hoch. Dafür sorgten vor allem Kienle und Sanders. Nach anderthalb Rennstunden drehten sie weiter auf. Kienle, der Elegante auf dem Rad, und Sanders, der mit weniger Technik, aber brachialer Kraft in die Pedale trat. Ein Kraftaufwand, der sich bei beiden zumindest im Kampf um den Sieg rächen sollte.

Nach der Hälfte übernahm der Australier Cameron Wurf - ehemaliger Olympia-Teilnehmer im Rudern und Ex-Radprofi - erstmals die Führung. In 4:12:54 Stunden pulverisierte der 34-Jährige Stadlers Rad-Streckenrekord von 2006. Sanders blieb in 4:14:18 und Kienle in 4:14:57 ebenfalls noch unter Stadlers Zeit von 4:18:23 Stunden.

Beim Laufen den Turbo gezündet

Lange konnte da nicht mithalten. Er hatte Probleme: „Ich wollte aussteigen, weil ich richtig scheiß Beine hatte“, sagte er dem ZDF. Er machte weiter. Er hatte schon vorher angekündigt, beim Laufen den Turbo zünden zu wollen. Es gelang. Während die Rivalen mehr und mehr abbauten, wirkte Lange, der vor einem Jahr in 2:39,45 bereits den Marathon-Streckenrekord aufgestellt hatte, immer noch frisch.

Als Lange im Ziel überglücklich auf die Knie fiel und danach ein kleines Tänzchen auf wackligen Beinen wagte, war Frodeno noch immer auf der Strecke. Vieles lief für den 36-Jährigen nicht wie erhofft. Bei einer Verpflegungsstation bekam er zweimal ein Trinkflasche mit Wasser nicht zu greifen, danach setzten beim Laufen offenbar schwere Rückenprobleme ein.

Frodeno schrie kurz auf, musste sich mit Schmerzen setzen. Er sprach mit seiner Frau, der 2008er Olympiasiegerin Emma Snowsill, ging nach einigen Minuten wieder los, fing an zu traben und hatte sogar noch ein Lächeln für eine Hula-Hula-Tänzerin parat. Als einer der Sieger der Herzen durfte sich Frodeno immerhin noch fühlen.