Ivanka Trumps Besuch in Berlin findet in den US-Medien gewaltigen Widerhall und löst eine Debatte über Buh-Rufe aus.

Berlin/Washington -  Stephen Colbert, der oft ironische Gastgeber einer populären Late-Night-Show im amerikanischen Fernsehen, würdigte das Ereignis auf seine Weise: „Heute hat Trump seine Tochter Ivanka nach Berlin geschickt“, berichtete er mit feinem Lächeln: „Damit ist sie die erste Trump, die an einer Frauen-Konferenz ohne Bikini-Wettbewerb teilnimmt.“ Mit dieser Spitze zielte der Talkmaster auf das chauvinistische Frauenbild des US-Präsidenten, der in der Vergangenheit Schönheitswettbewerbe ausgerichtet hatte und erklärte, man müsse Frauen nur zwischen die Beine greifen.

 

Auch beim Auditorium der W-20-Konferenz in Berlin hatte die Diskrepanz zwischen den Äußerungen des Vaters und der Behauptung der Tochter, Trump sei der größte Anwalt für Frauen- und Familienfragen, für Unruhe gesorgt. Teilnehmer sprechen von einzelnen Missfallenskundgebungen und Buh-Rufen während der Rede. Kein Eklat.

Dennoch findet der Protest in den USA nun eine gewaltige Aufmerksamkeit. „Es ist lustig, dass die Linken Frauen fördern wollen, und sie dann verhöhnen, wenn sie reden“, ätzte Jesse Watters, ein Moderator beim reaktionären TV-Sender Fox, noch am Abend: „Ich verstehe das Konzept nicht ganz.“ Dann konnte sich Watters nicht verkneifen, darauf hinzuweisen, dass Ivanka Trump das Mikrofon sehr sexy an ihren Lippen gehalten habe.

Am Mittwoch war der Berlin-Besuch der First Daughter Titelthema in den großen US-Zeitungen. „Ein Tag von Bedeutung mit Spott“, schrieb die New York Times unter ihr Aufmacherfoto, das Ivanka Trump beim Besuch des Holocaust-Memorials zeigt. „Ein durchwachsener Empfang für die Tochter des Präsidenten“, titelte die Washington Post. Bereits am Dienstag hatte die Zeitung in ihrer Onlineausgabe groß berichtet: „Deutsches Publikum buht Ivanka Trump aus“, was angesichts der in Fernsehaufnahmen kaum wahrnehmbaren Zurückhaltung des Protests bizarr übertrieben ist.

Gleichwohl scheint die amerikanische Öffentlichkeit verwundert über die Reaktionen in Deutschland zu sein. Es sei falsch, Ivanka Trump auszubuhen, protestierte ernsthaft der renommierte CNN-Journalist Chris Cillizza: Ivanka Trump könne nichts dafür, dass sie die Tochter des Präsidenten sei, und von keiner Tochter könne man verlangen, ihren Vater zu verleugnen.

Zwischen einer Distanzierung und der offensiven PR-Arbeit, die Ivanka Trump für ihren Vater betreibt, liegen freilich noch Welten, und so erntete Cillizza im Netz auch mächtig Widerspruch – etwa von Shaun King, einem Kommentator der New York Daily News: „Ivanka Trump sollte jedes Mal ausgebuht und verhöhnt werden, wenn sie behauptet, ihr Vater setze sich für Frauen und Familien ein“, forderte der Journalist.

Auch in den USA wird die Rolle von Ivanka Trump durchaus kritisch gesehen. Viele Zeitungen thematisieren ihre Berufung ins Weiße Haus ohne jede Qualifikation als Beispiel für Nepotismus. Auch über ihre Geschäftsinteressen als Inhaberin einer Mode-Firma wird immer wieder kritisch berichtet. Gerade am Mittwoch meldete die Washington Post, dass die Fabrikarbeiter bei den chinesischen Textil-Zulieferern der Präsidententochter 60 Stunden für einen Wochen-Lohn von 62 Dollar arbeiten müssen.