Ein Politiker der einst verhassten Demokratischen Allianz ist jetzt neuer Bürgermeister von Johannesburg. Doch er ist in seinem Handeln auf die Zustimmung anderer Parteien angewiesen, die vor allem an ihren Eigennutz denken.

Johannesburg - Für Nonhlanhla Mthembu war das alles zu viel. Kurz vor der Wahl eines neuen Bürgermeisters in der südafrikanischen Metropole Johannesburg brach die Stadträtin am Montagnachmittag mit einem Herzinfarkt zusammen und wurde wenig später für tot erklärt. Wie ihre 125 Genossen vom Afrikanischen Nationalkongress (ANC) muss die Kommunalpolitikerin gewusst haben, dass die Herrschaft ihrer Partei über das wirtschaftliche Herz des Landes zu einem Ende kommen würde – obwohl Parteichef Jacob Zuma wiederholt versprochen hatte, die Partei werde regieren, „bis Jesus Christus wiederkommt“.

 

  Es kam, wie zu erwarten war. Noch am Montagabend wurde mit dem Geschäftsmann Hermann Mashaba der Kandidat der oppositionellen Demokratischen Allianz (DA) zum Bürgermeister gewählt – nach der Hafenstadt Port Elizabeth und der Hauptstadt Pretoria.

Ein schwerer und zum Teil tödlicher Schock

Damit trat ein, was bis vor wenigen Wochen noch kaum jemand für möglich gehalten hätte: Dass die Alleinherrschaft des ANC, von der lediglich das Westkap mit Kapstadt ausgeschlossen war, der Vergangenheit angehört.

In Südafrika ist mit der jüngsten Kommunalwahl eine neue Epoche angebrochen: Eine, in der die Partei Nelson Mandelas kein Solo und nicht einmal mehr überall die erste Geige spielt.   Für die „Comrades“ des ANC ein schwerer, im Fall Nonhlanhla Mthembus sogar ein tödlicher Schock. Sie waren tatsächlich davon ausgegangen, auf unabsehbare Zeit von ihrem Bonus als Befreiungskämpfer zehren und die Früchte des bodenschatzreichen Landes genießen zu können.

Dass sie das – vor allem unter ihrem Präsidenten Jacob Zuma – auf höchst schamlose Weise getan hatten, ist ihnen zum Verhängnis geworden: Ihre Dreistigkeit und Arroganz brachte vor allem die urbanen Südafrikaner gegen sie auf.   Doch wer die inzwischen 104 Jahre alte ANC-Partei jetzt bereits am Ende sieht, sollte gewarnt sein. Noch hält sich dessen Totengräber nach Kräften im Sattel fest: Dem wie ein afrikanischer Provinzfürst regierenden Präsidenten Zuma wird jedes Mittel Recht sein, sich im Amt und aus dem Gefängnis heraus zu halten, in dem er wegen den gegen ihn gerichteten Korruptionsvorwürfen zu enden droht.

Zornige Jugendliche und Arbeitslose

Der auf ihn eingeschworene ANC wird den Widerstand gegen die neuen Stadtregierungen mit schmutzigsten Methoden führen: Schon wenige Tage nach der Machtübernahme der DA zeichnen sich illegale Landbesetzungen, Streikwellen und gewalttätige Proteste ab.   Die neuen Stadtherren haben allerdings nicht nur den alten, angeschlagenen ANC zu fürchten.

Die einst von Weißen dominierte DA (die inzwischen jedoch von schwarzen, wirtschaftsfreundlichen Politikern geführt wird) ist beim Regieren der drei großen Städte ausgerechnet auf die „Economic Freedom Fighter“ (EFF) angewiesen – eine junge Partei zorniger Jugendlicher und Arbeitsloser, die von dem großmäuligen Populisten Julius Malema geführt wird. Malema war einst Präsident der ANC-Jugendliga, wurde aber aus der Partei geworfen, als er gegen Zumas Stachel löckte. Beide sind seitdem durch eine tiefe persönliche Feindschaft verbunden.

  Malemas vorrangiges Ziel ist, Zuma & Co zu Fall bringen. Allein aus diesem Grund unterstützten die stets in roten Overalls gekleideten Ökonomischen Freiheitskämpfer die „neoliberale“ DA, die sie ansonsten als „Partei des weißen Kapitals“ beschimpfen. Deshalb schloss die EFF Koalitionen mit der DA aus: Auf diese Weise hätten sich die vorgestrigen Schulbuchsozialisten, die für eine Verstaatlichung der Minenindustrie und die Enteignung weißer Farmer eintreten, wohl schnell an der Macht verschlissen.

Malemas rote Kämpfer wollen der DA lediglich von Fall zu Fall mit ihrer Zustimmung versorgen: So können sie am meisten Macht ausüben und stehen am häufigsten im Rampenlicht. Dass sie auf diese Weise auch den ständigen Zusammenbruch der Kommunalverwaltungen und größtmögliche Instabilität riskieren, ist ihnen offenbar egal: Ihnen kommt es weniger auf administrative Erfolge als auf das Wachstum ihrer Organisation an.

Stürmische Zeiten

  Dem Kap der Guten Hoffnung stehen also stürmische Zeiten bevor – wie überall in der Welt, wo sich das Klima drastisch wandelt. Die Politiker des ANC und der EFF setzen darauf, dass ihr „neoliberaler“ Gegner in den Stürmen scheitert und ihnen so (wieder) Wähler zutreibt – während die Bevölkerung darauf hofft, dass der öffentliche Dienst (wieder) funktioniert, die Korruption gestoppt wird und Strom und Wasser aus den dafür vorgesehenen Leitungen fließt. In Kapstadt hat die DA bewiesen, dass sie tatsächlich viel effektiver als der ANC regieren kann: Dort wurde sie mit einer Zweidrittelmehrheit wiedergewählt, von der die Partei Nelson Mandelas nicht einmal mehr träumen kann. Gelingt es der Allianz, den Stürmen standzuhalten und gleichzeitig den Verdacht auszuräumen, dass ihr nur an reichen und bleichen Bürgern gelegen sei, wird das Kap der Guten Hoffnung seinem Namen bald wieder gerecht werden können.