Wieder mal jagt Ridley Scotts unbezwingbare Bestie aus dem Weltall irdische Raumfahrer wie der Teufel arme Seelen. Im Kinoneustart „Alien: Covenant“ werden die vertrauten Elemente der „Alien“-Serie alle noch mal sauber präsentiert: nicht mehr, nicht weniger.

Stuttgart - Mit einem Moment der Versuchung beginnt vieles im Kino, auch die „Alien“-Reihe. In Ridley Scotts Ursprungsfilm „Alien“ aus dem Jahr 1979, einem der Meilensteine der Science Fiction auf der Leinwand, empfängt der Erzfrachter „Nostromo“, unterwegs im gigantischen Nichts zwischen den Welten, ein Notsignal. Der Bordcomputer weckt die Mannschaft aus dem Kälteschlaf, und die muss nun entscheiden. Soll sie den ins Weltall verlagerten Seemannsregeln folgen und ein SOS-Signal über alles andere stellen? Oder soll sie kostbare Zeit und vertraglich vereinbarte Prämien verlieren, um zu einem vermutlich längst geschehenen Unglück zu spät zu kommen?

 

Das Besondere an „Alien“ ist, dass die Mannschaft das Richtige tut und trotzdem grausam bestraft wird. Sie begegnet jener Lebensform des Filmtitels, die sie reihum zerfleischen und uns dabei an alte Vorstellungen der Sündenbestrafung durch Dämonen erinnern wird. In „Alien“ wird man für das Gute genau so bestraft wie das Böse, ein pessimistisches Konzept, das man im Mainstream-Kino selten findet.

Trucker im Weltall

In „Alien: Covenant“ gibt es wieder eine Versuchung, die alles in Gang setzt. Diesmal ist es das Neuland-Eroberungsschiff „Covenant“, das unterwegs zu einem erdähnlichen Planeten ist. Das verzerrte Signal, das die Antennen empfangen, ist kein klarer Notruf mehr, auch nach äußerster Filterung und Verstärkung bleibt ein vielfach interpretierbares Wabern. Der Pilot der „Covenant“ aber, einer jener proletarischen Truckertypen, die Scott schon 1979 in Hightech-Umgebungen verpflanzt hat, ist sich sicher, John Denvers „Take me home, Country Road“ zu erkennen.

Hier gibt es den Trailer zu „Alien: Covenant“

Der Planet, von dem das Signal ausgeht, liegt näher als das ursprüngliche Ziel, und die Langstreckenaufklärung ergibt, dass er eher noch erdähnlicher ist. Wer könnte der „Covenant“-Besatzung verdenken, dass sie der Versuchung folgt, ihre Reise um sieben Jahre Kälteschlaf abzukürzen?

Mit „Alien: Prometheus“ ist Scott 2012 in seine Science-Fiction-Welt zurückgekehrt, um die Vorgeschichte jener ursprünglichen Filmreihe zu erzählen, bei der nach ihm James Cameron, David Fincher und Jean-Pierre Jeunet Regie geführt hatten. Aber so bildungsbürgerlich großspurig der „Prometheus“-Titel sich anhörte, so großspurig und doch mickrig war auch der Film geraten. Alle möglichen poltischen, religiösen und kulturgeschichtlichen Deutungsmuster der „Alien“-Filme wollte er zu einer auch noch als Horror-Action-SF-Paket funktionierenden Geschichte vereinen. Diesen Fehler korrigiert Scott nun mit einer Inventur der Franchise-Elemente.

Biowaffe der Superlative

Die „Covenant“-Besatzung landet auf jenem Planeten, den wir schon aus„Prometheus“ kennen und wo das Alien, nun kenntlich als laborgeborene Biowaffe der Superlative, eine Zivilisation ausgelöscht hat. In der Folge liefert Scott modulweise all jene Szenen, die man von einem Alienfilm erwartet: panisches Wegrennen und angespanntes Anschleichen, platzende Körper und umherflitzende Aliens, nüchterne Hightech-Arbeitswelten und christliche Höllenassoziationen.

Ihrer Rückversicherung der eigenen Horrortradition haben Scott und die Drehbuchautoren einige sehr schöne Szenen beigegeben, die über den bloßen Gruselreflexabruf beim Publikum hinausführen. Michael Fassbender etwa hat eine Doppelrolle als Maschinenwesen Walther und David. Der eine Android ist entschieden loyal, der andere hochmütig autonom. Zu Beginn des neuen Films wird in einer Szene von herrlicher Kühle das ganze Problem des überlegenen Dieners in Szene gesetzt: Kann der mit allem Wissen der Menschheit angefüllte David seinem Erbauer noch als Servierhilfe dienen?

Schluss mit Trudeln

Später wird daraus das Gott- bzw. Frankenstein-Thema: Der Maschinenmensch sieht die von ihm veränderte Biowaffe als sein Kind, seine Schöpfung, als Beweis seiner Gestaltungsmacht über die vorgefundenen Welt. Man könnte das tiefsinniger erzählen, aber auch verquaster. So wie sich der Horror- und Actionanteil von „Alien: Covenant“ origineller, aber auch plumper, hysterischer, pubertärer inszenieren ließe.

Dies ist ein Film der Stabilisierung, der das grausige Trudeln aus „Alien: Prometheus“ abfängt. Man ist nun schon ein wenig gespannt, was der 79-jährige Ridley Scott im angekündigten Abschluss der Prequel-Trilogie noch Frisches erzählen möchte.

Alien: Covenant.USA 2017. Regie: Ridley Scott. Mit Michael Fassbender, Katherine Waterston, Billy Crudup. 122 Minuten. Ab 16 Jahren.