Ein Oberleitungsschaden auf der Stammstrecke der S-Bahn sorgt am Dienstag für Chaos. Das ist nur ein weiteres, deutlich sichtbares Signal an die Politik, dass sie endlich handeln muss, meint unser Redakteur Thomas Durchdenwald.

Stuttgart - Mitten in der Ferienzeit sorgt eine gerissene Oberleitung im S-Bahntunnel für Chaos im Nahverkehr. Dieser Kollaps sollte nicht nur als weiterer massiver Zwischenfall in der ohnehin schon dicken Störungsakte abgeheftet werden. Der Schaden ist der Tiefpunkt einer Reihe von technischen Zwischenfällen, die in den vergangenen Wochen verlässlicher eintraten als die Züge fuhren. Trotz aller Anstrengungen der Bahn, das Schienennetz auf Vordermann zu bringen, rächt sich nun, dass es jahrelang – auch wegen S 21 – auf Verschleiß gefahren wurde.

 

Einmal mehr erweist sich die unterirdische Stammstrecke, die alle S-Bahn-Linien durchfahren, als Schwachpunkt. Sie sorgt schon im Normalbetrieb für Engpässe, im Störungsfall wird sie zur Achillesferse. Wenn hier nichts mehr geht, dann geht überall nichts mehr – zumindest nicht nach Plan. Daher muss der Abschnitt auf Vordermann gebracht werden, was für 2017 geplant ist. Gefragt ist auch ein besseres Regelsystem, das engere Zeitabstände zwischen den Zügen erlaubt. Beides könnte zu einer höheren Zuverlässigkeit führen.

Bypass Gäubahn muss auch künftig genutzt werden können

Darauf sollten sich die S-Bahn-Verantwortlichen in der Politik, in erster Linie die Regionalversammlung, aber nicht alleine verlassen. Sie müssen im Zusammenspiel mit der Stadt Stuttgart und dem Land Baden-Württemberg dafür sorgen, dass der Bypass Gäubahn, der wie am Dienstag oft das schlimmste Chaos verhindert, auch nach der Tieferlegung des Bahnhofs genutzt wird. Ohne diese Ausweichstrecke wird die S-Bahn endgültig zur „Stehbahn“. Und die Politiker müssen Ideen wie die Verknüpfung der Gäubahn nach Feuerbach und Bad Cannstatt sowie eine Filderstrecke bis ins Neckartal konkretisieren.

Doch das ist – angesichts der dafür notwendigen dreistelligen Millionensummen – Zukunftsmusik. Die Politik könnte aber auch schon heute den enttäuschten und geplagten Nahverkehrsnutzern ein Signal geben. Nachdem die Ticketpreise Jahr für Jahr erhöht wurden (jüngst um durchschnittlich 1,9 Prozent), wäre eine frühzeitig verkündete Nullrunde für das Jahr 2018 ein Zeichen, dass man versteht, was die nicht enden wollenden Störungen für die Kunden bedeuten. Die Politik braucht die ÖPNV-Nutzer – am besten mehr als heute –, wenn sie die Verkehrs- und Umweltprobleme auch nur ansatzweise bekämpfen will.