Grün-Schwarz funktioniert nur, wenn genug Geld da ist. Das zeigt der Streit um die Lehrerstellen. Fürs Erste reißen sich die Streithähne aber zusammen. Ein Kommentar von StZ-Redakteur Reiner Ruf.

Stuttgart - Mit der Schulpolitik ist es ein eigen Ding. Sie ist zweifellos wichtig, wer von Bildung spricht, redet zugleich über die Zuteilung von persönlichen und gesellschaftlichen Zukunftschancen. Bei der Bildung, das ist Konsens, darf nicht gespart werden. Aber verhält es sich wirklich so einfach? Schon die CDU-geführten Landesregierungen schütteten über Jahrzehnte hinweg die Kultusbürokratie mit Geld und vor allem Lehrerstellen zu, um jedes am Horizont aufkeimende Problem schon im Ansatz zu ersticken. Leitmotiv: Viel hilft viel. Und: Mit Bildungspolitik können keine Wahlen gewonnen, wohl aber verloren werden. Keine Lobby in der Landespolitik agiert so kompromisslos und bisweilen auch hysterisch wie die Schullobby. Den Landespolitikern gilt das Kultusministerium mit seinem riesigen Apparat als schwer durchschaubar und schwer steuerbar. Ein Moloch.

 

Die Lehrer-Schüler-Relation liegt im Südwesten bei etwa 1:14. Das ist ein deutscher Spitzenwert, aber schon der frühere Kultusminister Andreas Stoch (SPD) bemerkte, dass Baden-Württemberg in den Schulstudien seit dem Jahr 2001 im Ländervergleich Boden verliert. Er führte das auf den Reformstau im hiesigen Schulwesen zurück. Jedenfalls erhellt sich: Viel hilft nicht automatisch viel.

Gemeinsame Freude über das Regierungsamt

Insofern ist es auch richtig, dass Grün-Schwarz der Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) jetzt den Landesrechnungshof auf den Hals hetzt, um den Haushaltsplan zu durchforsten. Die CDU-Politikerin erreichte mit ihrer Übertölpelungsaktion zwar, dass die Reformprojekte in der Schulpolitik fortgesetzt werden – alles andere wäre auch eine Überraschung gewesen –, doch musste sie bei der Stellenzahl zurückstecken, die Finanzierung trägt nur ein Jahr. Sieger sehen anders aus.

Der Streit über die Lehrerstellen ist ein Haushaltskonflikt, aber auch ein Koalitionskonflikt. Exemplarisch zeigt sich: Grün-Schwarz funktioniert, solange genug Geld vorhanden ist, die es jedem der beiden Partner ermöglicht, seinen Interessen nachzugehen. Mehr Ganztagsschulen für die Grünen, die Stärkung der Realschulen für die CDU. Wenn das Geld fehlt, knallt’s. Das sind die Grenzen von Winfried Kretschmanns Komplementärkoalition. Was hält diese Koalition zusammen – jenseits der gemeinsamen Freude über das neu gewonnene oder verteidigte Regierungsamt?

Winfried Kretschmann schwebt über heiligen Wassern und konzentriert sich auf die großen Fragen. Dabei mangelt es in den Niederungen am Management, das zeigte schon der von Agrarminister Peter Hauk (CDU) angezettelte Streit mit den Grünen über die Windräder im Staatswald. Im Fall der Lehrerstellen erwies sich überdies, dass in der CDU die eine Hand nicht weiß, was die andere tut. Unmittelbar bevor die Kultusministerin mit ihrem Alarmruf an die Öffentlichkeit ging, hatte CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart noch seine tiefe Befriedigung über den gelungenen Etat kundgetan. Und Thomas Strobl, der Vizeministerpräsident, ist zwar viel unterwegs, aber viele fragen sich, wohin.