Zwar sind die Straftaten im Stuttgarter Norden insgesamt rückläufig. Die Gewaltdelikte sind allerdings angestiegen.

Stuttgart - Das Thema Sicherheit auf der Tagesordnung elektrisiert. Gut zwei Dutzend Zuhörer, so viel wie selten, waren am Montag bei der Sitzung des Bezirksbeirats Nord im Stuttgarter Rathaus.

 

Die gute Nachricht, die Volker Weinstock, Revierleiter Wolframstraße mitbrachte: Es gab weder Mord noch Totschlag im Norden. Und mit insgesamt 2221 Straftaten im vergangenen Jahr ist die Zahl der Gesetzesverstöße gegenüber 2015 um 153 zurück gegangen. Aufgeklärt haben er und seine Kollegen 1362 Vergehen. Das sind 61,3 Prozent der begangenen Straftaten. Mit 1588 aufgeklärten Delikten lag die Aufklärungsquote im Jahr 2015 allerdings um fünf Prozent höher.

Die schlechte Nachricht: Die Zahl der Sexualdelikte ist von 13 auf 16, Raub und räuberische Erpressung von 9 auf 17 Fälle gestiegen. Für am „besorgniserregendsten“ hält die Polizei aber das Plus bei Körperverletzung und den sogenannten Rohheitsdelikten, zu denen auch der Handtaschenraub gehört. Diese Zahl ist innerhalb eines Jahres von 519 auf 610 hochgeschnellt. Die Beobachtung der Polizei: Die Gewaltdelikte passieren vor allem an Samstagen und Sonntagen zwischen Mitternacht und 5 Uhr morgens. Für Weinstock ist das ein deutlicher Beweis dafür, dass das mit Veranstaltungen an den Wochenenden zusammenhängt. „Heißt, bei den Festen müssen wir verstärkt vor Ort sein. Das bindet viel Kraft.“

Um die Lage in Griff zu bekommen, werden nach den Übergriffen Silvester 2015/16 rund 70 Polizisten der Einsatzhundertschaft in Stuttgart eingesetzt. An Werktagen unterstützen sie ihre Kollegen von 7 bis 21 Uhr, am Wochenende rund um die Uhr.

Aufklärung von Betrugsfällen kostet viel Zeit

Schwere Diebstähle, zu denen auch Diebstähle aus Wohnungen und Autos, aber auch von Fahrrädern nach Aufbruch des Schlosses gehören, sind von 241 auf 224 Fälle gesunken. Die Zahl der Diebstähle aus Wohnungen ist dabei von 21 auf 18 zurück gegangen. Um noch effektiver gegen die Einbrecher vorgehen zu können, wird in Karlsruhe in einer Testphase per Computer die Wahrscheinlichkeit von Einbrüchen in bestimmten Wohnbereichen ermittelt. Revierleiter Volker Weinstock: „Eingespeist werden unter anderem Einbruchsorte und erbeutetes Diebesgut in einem Zeitraum von fünf Jahren. Aus den Daten ermittelt der Computer wahrscheinliche weitere Tatorte, so dass wir dort unsere Präsenz verstärken können.“

Stark zurückgegangen sind auch die Betrugsdelikte: Mit 491 Delikten kamen im vergangenen Jahr 211 Fälle weniger zur Anzeige. Dennoch sind sie für die Polizei extrem arbeitsintensiv. „Bei Ikea wurde Ware für 50 000 Euro bestellt und ausgeliefert, aber nie bezahlt. Wir haben in zwei Wohnungen insgesamt zwei Lkw-Ladungen Möbel beschlagnahmt. Die Bestellnummern mussten aufgelistet und mit der Ware und den Rechnungen verglichen werden. Damit waren mehrere Kollegen drei bis vier Wochen beschäftigt. Zum Glück hat Ikea die Ware, die aus unserem Revier ein Möbellager gemacht hat, abgeholt.“

Im gesamten Stadtgebiet wurden 2016 exakt 58 868 Straftaten statistisch erfasst. Das sind 7582 weniger als 2015. Ein Erklärung dafür hat Weinstock auch parat: „Es gab rund 4000 weniger Verstöße gegen das Asylverfahrensgesetz, also gegen die unerlaubte Einreise.“

lm Vergleich mit den übrigen Stadtteilen bewegt sich der Norden in Sachen Sicherheit im Mittelfeld. Kriminalitätsschwerpunkt ist laut Polizei die Stadtmitte und dort der Bereich rund um den Hauptbahnhof mit 4837 Delikten. Kriminalitätsschwerpunkt im Norden ist Heilbronner Straße mit 508 Delikten.