Mehrere tausend Sportler haben beim Rennen durch die Innenstadt die Beine in die Hand genommen. Allen davon lief Jan Fitschen.

Ludwigsburg - Franziska Kutterer weiß, worauf es ankommt. Zum dritten Mal ist sie am Samstag beim Ludwigsburger Citylauf auf der 1850-Meter-Strecke dabei. Beim ersten Mal lief es super – ohne jegliche Vorbereitung. Beim zweiten Mal hatte sie trainiert und startete so schnell, dass ihr die Puste ausging. „Da war ich einfach zu sehr auf volle Pulle“, sagt Franziska. Also ist die Zehnjährige vorab nur mit Papa ab und zu durch den Wald gejoggt und bleibt ansonsten „einfach ganz locker“. Immer locker bleiben – das rät auch der Organisator und Sportladeninhaber Roy Fischer den etwa 1250 Kindern, die bei den beiden Schülerläufen am Start sind. Sollte eine Sicherheitsnadel sich von der Startnummer lösen: einfach weiterrennen, nicht bücken. „Habt ihr gehört?“, plärrt Fischer aus dem Lautsprecher – unüberhörbar.

 

„Da kommt ja gar keiner“, ruft Lotta Madsen enttäuscht. Die Sechsjährige hat sich beim Bambinilauf am Marktplatz schon wacker geschlagen und will jetzt vom Straßenrand aus den anderen Kindern beim Rennen zugucken. Aber die starten erst mal in die andere Richtung. Endlich kommt ein Junge um die Ecke – einsam voraus an der Spitze. Aber bis zur Zielgeraden holen seine Verfolger noch auf. Der Vorletzte hat einen großen Motivator an seiner Seite. Das Publikum guckt gerührt zu, wie der Papa mit dem zweiten Kind im Kinderwagen neben seinem Sohn herjoggt und ihm so über die letzten Meter hilft, wenn die Beine schwerer werden. Bei einem anderen Vater läuft’s genau umgekehrt: „Lauf, Papi, lauf“, steht auf seinem T-Shirt.

Ludwigsburg statt London

Ludwigsburg statt London: die Qualifikation für die Olympischen Spiele hatte der Wattenscheider Jan Fitschen Ende April nicht geschafft. Beim entscheidenden Rennen hatte sein Körper nicht mitgespielt – wegen Muskelkrämpfen war er mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht worden. In Ludwigsburg strahlt der 35-Jährige mit der Startnummer 10 und kommt nach 29:59 Minuten als Erster ins Ziel. Vielleicht nutzten ihm in früher Kindheit erworbene Ortskenntnisse: Fitschen war manchmal mit seiner Esslinger Mutter im Märchengarten – genau dort, bei Kilometer sechs, beginnt ja der schwere Anstieg zum Schlossberg hinauf. Diesmal brauchte er jedenfalls keinen Blaulichteinsatz.

Noch sind die beiden neuen Räder des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) auch nicht damit ausgestattet. „Das kostet fast noch einmal so viel wie die Räder selbst“, sagt der Einsatzleiter Thomas Ebbighausen: „Dafür brauchen wir noch Sponsoren.“ Auch die Taschen für die Gepäckträger sind noch im Werden. Das nötige Erste-Hilfe-Material müssen die ersten radelnden Retter des Landkreises vorerst noch auf dem Rücken mit sich tragen. Ihren nächsten Einsatz könnten sie vielleicht beim Bottwartalmarathon im Oktober haben, meint Ebbighausen. Bei diesen „fließenden Veranstaltungen“ seien die Räder klar im Vorteil: leise, umweltfreundlich, ungefährlich. Der 20-jährige Sanitäter Steffen Tschorsnig tritt zur Abwechslung gern mal ins Rad- statt ins Gaspedal des Rettungswagens. Seine Kollegin Carolin Riegert kann gut mithalten: In ihrer Freizeit fährt die 26-Jährige Radrennen wie ihr Vater – und ihre Mutter ist Bereitschaftsleiterin beim DRK.

Spec und Walter etwa gleich schnell

Gegenüber vom Rathaus versammeln sich vor dem großen Lauf, der vor einigen Jahren auf den Abend verlegt wurde, die Sportler. Der 43-jährige Frank Kaiser schwitzt trotz gemäßigter Temperaturen schon vor dem Start – denn der Steinheimer hat als Hommage an den in seiner Stadt entdeckten Urmenschen ein synthetisches Fell und eine wilde Perücke an. Kaiser trägt das Kostüm mit Fassung. „Früher konnte man sich die Klamotten auch nicht unbedingt aussuchen“, meint er: „Und beim Silvesterlauf war ich froh drum.“

Vor dem Start geben sich der grüne Kunststaatssekretär Jürgen Walter (Nummer 1) und der Oberbürgermeister Werner Spec (Nummer 111) bescheiden. „Ich bin so einigermaßen in Schuss und will mich nicht ganz blamieren“, sagt der OB. „Mein Training leidet unter meinem Terminkalender“, seufzt Walter. Am Ende laufen beide sehr ordentlich – werden aber gnadenlos überrannt vom Blüba-Chef Volker Kugel mit einer Spitzenzeit von 41 Minuten.