Der Fellbacher Stadtteil Schmiden hat sich in den vergangenen Jahrzehnten vom Dorf zum Stadtteil entwickelt.

Rems-Murr: Sascha Sauer (sas)

Fellbach - Die Narbe an der rechten Ferse ist kaum noch zu sehen. Nach 60 Jahren ist sie fast verblasst. Nicht so die Erinnerung daran. Friedrich Höfer weiß noch genau, wie er beim Spielen in der Lehmgrube in die Glasscherbe getreten war. „Wir haben in den Wasserlöchern rumgeblödelt, da ist es passiert“, erzählt der heute 79-Jährige.

 

Die Lehmgrube war damals so etwas wie der Abenteuerspielplatz in Schmiden. Dass Kinder dort herumtollten wurde von Erwachsenen nicht gerne gesehen. Aber davon ließ sich Friedrich Höfer, Jahrgang 1938, nicht beeindrucken. Vor allem die Wasserlöcher im Sommer waren ein großer Spaß. „Es gab ja nur Schwimmbäder in Waiblingen und Stuttgart.“

Drei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs hieß der Bürgermeister in Schmiden Gotthilf Bayh. „Es war ein Dorf, es gab viel Landwirtschaft mit Kartoffel- und Getreidefeldern“, erzählt Friedrich Höfer. Das sieht man auch gut auf dem Luftbild aus dem Jahr 1955. In der selbstständigen Gemeinde hatten die Bauern einen gewissen Wohlstand. Viele Familien hießen wie auch heute Pfisterer, Kauffmann oder Bürkle. Die Hochhaussiedlung am Postweg gab es noch nicht – die Bebauung hörte an der heutigen Tournonstraße auf. Der westliche Zipfel von Schmiden heißt längst Freizeitgelände Lehmgrube. Dort rollt die Parkbahn, der Abenteuerspielplatz Fellbach (Abi) ist ein Magnet für Jungen und Mädchen. Alles wirkt aufgeräumt. Während der Kindheit von Friedrich Höfer sah es dort anders aus: „Es war ein Loch, eine zehn Meter tiefe Grube.“ Eine Firma holte den Lehm ab, der in Cannstatt zu Dachziegeln verarbeitet wurde. „Und an der Nord-West-Wand, wo heute die Straße verläuft, kippten die Schmidener einfach ihren Müll herunter.“

Oberhalb der Lehmgrube, wo heute das Sportzentrum Schmiden steht, war im Zweiten Weltkrieg die Flugabwehr stationiert. „Dort wurden feindliche Flieger abgeschossen, damit sie Stuttgart und die Umgebung nicht bombardieren“, erzählt Friedrich Höfer. Er erinnert sich noch genau, wie er bei Fliegeralarm im Keller des Elternhauses in der Hasenwaldstraße Schutz suchte.

Die Straßen sind in Schmiden schlechter als in Fellbach

Zwischen Fellbach und Schmiden verlief in früheren Zeiten nicht nur eine unsichtbare Grenze. „Die Straßen bei uns waren definitiv in einem schlechteren Zustand“, sagt Friedrich Höfer. Schmiden sei ein selbstständiges Bauerndorf mit einer bescheidenen finanziellen Ausstattung gewesen. Erst am 1. Januar 1973 wurde der Ort nach Fellbach eingemeindet. Eingeschult wurde Höfer 1944. Doch ein festes Klassenzimmer hatten er und seine Mitschüler nicht. Der Unterricht fand unter anderem im Schmidener Rathaus, im Nebenraum der Firma Beton Bürkle und in der alten Turn- und Festhalle, die damals zwischen der Fellbacher Straße und der Franz-Arnold-Straße lag, statt. Nachmittags wurde auf Straßen und Plätzen Fußball gespielt. „Nur vor der alten Turn- und Festhalle gab es einen Bolzplatz“, sagt Höfer.

Im Jahr 1949 wurde dann der Sportplatz des TSV Schmiden bei der Lehmgrube gebaut. Es gab einen Fußballplatz mit einfachen Umkleideräumen sowie eine Leichtathletikanlage mit Kurzstreckenbahn, Weitsprung und Kugelstoßen. Doch „Wir durften da aber nicht drauf, der war für den organisierten Sport reserviert.“ Doch das juckte ihn und seine Freunde wenig. „Der war uns sowieso zu weit weg, Kinder sind dort in der Regel nicht hin.“

Der Sportplatz bei der Lehmgrube wird eröffnet

Lieber ging Friedrich Höfer zum Turnen. Mit zehn Jahren wurde er Mitglied beim TSV Schmiden. Trainiert wurde in der alten Turn- und Festhalle. Nur wenn gemischte Wettkämpfe auf dem Programm standen – mit Elementen auch Leichtathletik und Turnen – wurde auf dem Sportplatz bei der Lehmgrube Kurzstreckenlauf, Ballweitwurf und Kugelstoßen trainiert. Doch so richtig wohl fühlte er sich damals auf dem Gelände nicht. „Mir blieb als Kind der Ort immer fremd, ich fühlte mich dort irgendwie nie daheim“, sagt Friedrich Höfer. Das habe auch an der Entfernung zum Elternhaus gelegen – zu Fuß dauerte der Weg zum Sportplatz immerhin rund eine halbe Stunde.