Die Sanierung des Mineralbads Berg im Stuttgarter Osten hinkt dem Zeitplan ein halbes Jahr hinterher. Das liegt auch an den Gegebenheiten des engen Baufeldes.

S-Ost - Wenn Detlef Szlamma über das Mineralbad Berg spricht, dann ist Ehrfurcht zu spüren. An einem Montag im Sommer 2017 schlendert der Technische Leiter der Stuttgarter Bäderbetriebe über die Liegewiese des „Neuner“, schaut sich um und schmunzelt. Weil er daran denken muss, wie es ist, wenn die Hitze die Menschen in Scharen hierhin treibt. Wenn es draußen keine Parkplätze mehr gibt und innen kaum noch eine freie Fläche. Wenn das Außenbecken voller Menschen ist und doch nur alle flüstern, weil sie diesen Hort der Ruhe und Entspannung nicht stören wollen. Das Berg, sagt Szlamma, habe nicht zu Unrecht den Ruf, etwas Besonderes zu sein. „Hier herrscht schon häufig eine einzigartige Stimmung.“

 

Voraussichtlich 30 Millionen Euro teure Sanierung

Den Bauarbeitern, die statt der Badegäste derzeit das Bild bestimmen, kommt – gemeinsam mit den Bäderbetrieben und dem Planungsteam von 4 a Architekten – daher eine besondere Verantwortung zu. Sie sollen diesen Hort der Ruhe durch eine großangelegte, voraussichtlich 30 Millionen Euro teure Sanierung ins 21. Jahrhundert führen, ohne dass er seinen vielen ans Herz gewachsenen Charme einbüßt.

In den ersten Monaten nach Beginn dieser Sanierung im Herbst 2016 hat sich gezeigt, wie bitter notwendig sie tatsächlich ist. „Es war nicht fünf vor zwölf, sondern viertel nach zwölf“, sagt Szlamma. Die Grundsubstanz des Bades stammte aus den 1950er-Jahren, entsprechend porös präsentierte sich der Beton. „Unsere schlimmsten Annahmen haben sich bestätigt.“ Inzwischen ist die Betonsanierung zu 90 Prozent abgeschlossen, das Bad bekommt neue Fundamente und Stützen. „Technisch ist das kein Problem“, beruhigt Szlamma. Allein: Zeit haben die aufwendigen Arbeiten gekostet.

Ihrem ursprünglichen Zeitplan hinken die Bäderbetriebe sechs Monate hinterher. Das enge Baufeld, auf dem nur kleine Baufahrzeuge zum Einsatz kommen können, erschwere die Situation zusätzlich, aber die Bauarbeiter gäben Vollgas. „Einen Teil des Rückstands holen wir wieder auf.“

Bis 60 Liter Heilwasser pro Sekunde

Taktgeber ist momentan die Entstehung eines Entkopplungsbauwerks auf der Liegewiese, in das die Quellen umgeleitet werden, die aktuell noch mit ganzer Kraft ins Außenbecken strömen – die Berger Urquelle allein mit 35 Litern in der Sekunde. Aus allen sechs Heilwasserquellen zusammen sprudeln etwa 55 bis 60 Litern pro Sekunde. Das Entkopplungsbauwerk soll im September oder Oktober einsatzbereit sein, danach beginnen die Arbeiten am Becken, das seine Form behält, aber Fliesen bekommt. Für das durch das Entkopplungsbauwerk wegfallende Stück Wiese schafft die Stadt an anderer Stelle einen Ausgleich.

Die Sanierung des Ostflügels steht dann ebenfalls an. In der Kaltbadehalle wird künftig an bestimmten Tagen auch warmes Wasser fließen, weswegen Szlamma scherzt, er müsse sich den Begriff wohl langsam abgewöhnen. Außerdem entsteht das Bewegungsbad mit 100 Quadratmetern Größe neu und im Erdgeschoss finden Gäste einen „attraktiven Restaurantbereich“ – ein weiterer Baustein des Vorhabens, mit dem generalüberholten Mineralbad neue Besucherschichten anzusprechen, „vor allem im Winter“, wie Szlamma sagt. „Im Sommer ist das Bad ein Selbstläufer.“ Die weiterhin nach Geschlecht getrennten Saunabereiche mit jeweils zwei Schwitzkabinen finden sich nach Abschluss der Arbeiten beide nebeneinander im Obergeschoss.

„Alter Charme, neuer Glanz“ – so stellen sie sich bei der Stadt die Ausstrahlung des Mineralbads Berg nach Ende der Sanierung vor. Spätestens im Juni 2019 soll es soweit sein, verspricht Szlamma, der davon ausgeht, dass die Ungeduld und Vorfreude der „Neuner“-Fangemeinde zunehmen wird, je näher der anvisierte Termin rückt. Im übernächsten Sommer soll im Bad wieder die einzigartige Stimmung herrschen.