Als erste Stadt versucht Gerlingen, sich gegen Anfragen der AfD zu wappnen – ohne die Partei zu nennen.

Gerlingen - Bei ihrem Parteitag zur Nominierung der Bundestagskandidaten am Wochenende in Rastatt lasse sie keine Journalisten zu, teilt die AfD mit. In der Gerlinger Stadthalle könnte sie eine solche Veranstaltung künftig nicht mehr abhalten, denn der Gemeinderat hat jetzt beschlossen: „Bei politischen Veranstaltungen muss die Teilnahme von Vertretern der Medienberichterstattung (Fernsehen, Radio, Zeitung, Internet) gestattet sein.“ So steht es vom 1. Juni an in den „Bestimmungen für die Überlassung von Räumen der Stadt Gerlingen“. Sie sollen verhindern, dass politische Gruppen unter sich bleiben und Medienvertretern den Zutritt verweigern. Dies betonte Bürgermeister Georg Brenner (parteilos) am Mittwoch. Laut dem Städtetag ist die Regelung „Neuland“.

 

Nach den Erfahrungen anderer Städte habe man sich im Rathaus gefragt, so der 62-jährige Bürgermeister, „was sagt unsere Hallenordnung aus und müssen wir nachjustieren“. Man habe erkannt, dass ein Zusatz angebracht sei und dessen Formulierung mit dem Städtetag abgestimmt.

Rathaus will eine Rechtsgrundlage haben

Brenner nannte im Gemeinderat, wie im Gespräch mit unserer Zeitung den Namen der AfD nicht explizit, sondern sprach von einer „besondere Partei“. Er verwies aber auf die Absage einer Parteiveranstaltung in Esslingen, die dann in Nürtingen stattfand. Dabei kann es sich nur um die AfD und ihren Parteitag handeln. „Wir wollen, dass Medienberichterstattung zugelassen ist“, so Brenner. Dafür wolle man eine Rechtsgrundlage haben. Für Verstöße seien Sanktionen vorgesehen. Denn die Stadt müsse Räume an Parteien vermieten, wenn entsprechende Anfragen kämen – Parteien hätten ein Zugriffsrecht. Ablehnungen seien von Verwaltungsgerichten zurückgewiesen worden, Kollegen, so Brenner, hätten bereits „entsprechende Erfahrungen machen dürfen“.

Der Gemeinderat stimmte dem Vorschlag einstimmig zu. Robin Kruck (Junge Gerlinger) dankte der Verwaltung für „gute Eigeninitiative“. Die zugrunde liegende Debatte beschäftige die Jungen Gerlinger. „Ein Verbot politischer Parteien in städtischen Hallen“ wäre keine gesunde Lösung.

Viele Kommunen lassen keine politischen Veranstaltungen in ihren Räumen zu

Norbert Brugger, Dezernent beim Städtetag Baden-Württemberg, hat Gerlingen zu diesem Thema beraten. Es sei die erste diesbezügliche Anfrage gewesen, sagt er. Städtische Hallen seien öffentliche Einrichtungen, Parteien bei deren Nutzung gleich zu behandeln. „Bestimmte Nutzergruppen kann man nicht ausschließen“, aber bestimmte Nutzungen“. Dazu gehörten politische Veranstaltungen. So lasse nach einer Umfrage des Innenministeriums von 2009 ein Drittel aller befragten Kommunen politische Veranstaltungen in ihren Räumen nicht zu. Wenn man die Nutzung regeln wolle, sei eine Zulassung unter Bedingungen der geringere rechtliche Eingriff als ein generelles Verbot. „Das Signal soll sein, wir wollen politische Veranstaltungen für die Öffentlichkeit zugänglich machen.“ Der Städtetag trage die von Gerlingen gewählte Formulierung mit, „wir halten sie für rechtlich zulässig“.

Da Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken, so die Landesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes, Dagmar Lange, gehöre es zur demokratischen Kultur, dass die Öffentlichkeit sich unabhängig und uneingeschränkt über die Positionen der Parteien informieren könne. Dies setze voraus, dass Journalisten sich direkt vor Ort ein Bild machen könnten und sie „nicht durch vorgefilterte Informationen wie Presseinformationen abgespeist“ würden. Durch den Beschluss in Gerlingen könne aber nicht verhindert werden, so Lange weiter, „dass einzelne Parteien Akkreditierungen für Journalisten nur selektiv erteilen“.