Die Kochschulleiterin Andrea Lange hat sich ihren Traum vom eigenen Restaurant am Marktplatz erfüllt. Und binnen zwölf Jahren ihr Karriere-Menü immer mehr verbessert.

Ludwigsburg - Andrea Lange steht gern in der Küche. „Essen hat bei uns schon immer eine große Rolle gespielt“, sagt die 43-Jährige, die in einer Kleinstadt bei Passau nahe der österreichischen Grenze aufgewachsen ist, unzählige Verwandte dort hat, die in der Gastronomie tätig sind, und seit zwölf Jahren in Ludwigsburg als Betreiberin einer Kinderkochschule verwurzelt ist und dadurch einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht hat.

 

Jetzt hat sie ein zweites Standbein: ein eigenes Restaurant. Die Eröffnung war am 24. Juli – ohne viel Tamtam, wie sie sagt. Sein Name ist schlicht: Lange am Markt, benannt nach dem Standort nahe der katholischen Kirche Zur heiligsten Dreieinigkeit am Ludwigsburger Marktplatz. Und jetzt, wo der Sommer sich Schritt für Schritt verabschiedet, kommt Langes Herkunft in ihrer Restaurantküche zum Vorschein: Österreichisch-alpenländisch klingt’s auf der Speisekarte zum Winter hin – Kaiserschmarrn, Palatschinken und deftige Braten sollen mit den sinkenden Außentemperaturen zubereitet werden. Gerichte, die in ihrer Heimat tägliches Brot waren und sind. Zusätzliche Gerichte – je nach Gusto der Küchenchefin – finden Gäste auf einer Tafel. „Es kommt immer darauf an, was ich gerade frisch bekomme.“

Was nicht allzu schwer sein dürfte in Anbetracht der Nähe ihres Lokals zum Marktplatz und der zweimal in der Woche dort aufgebauten Stände mit Salaten, Gemüse, Käse, Gewürzen und vieler weiterer Zutaten für schmackhafte Mahlzeiten. Eine klassische Karte gibt es bei Andrea Lange nicht. Dafür eben zuweilen ein ganzes Wildschein, das Langes 18-jähriger Sohn, der einen Jagdschein besitzt, erlegt hat. Leicht austauschbare Papiere auf einem Klemmbrett machen den schnellen Wechsel einfach. Die Saison bestimmt das Angebot. Brachte der Hochsommer, ausbüxend aus den engen Grenzen Österreichs, leichten Octopussalat auf die Teller, gibt es jetzt Kürbissuppe mit Kokos und Ingwer.

Österreichischer Großstadtfair mitten in Ludwigsburg

An Andrea Langes Seite wacht Florian Fleischmann, ihr Lebensgefährte, über die Finanzen. Vor sieben Jahren ist der 37-jährige Eventmanager in die Kochschule in der Schlossstraße eingestiegen, durch die sich Andrea Lange schon einen Namen in der Stadt gemacht hatte. Mit ihrem Partner hat sie vor fünf Jahren das Haus am Marktplatz entdeckt und ist dort zuerst mit der Kochschule eingezogen. Ins Obergeschoss. Als der Vermieter auch die unteren Räume freigab, konnte das Projekt eines eigenen Restaurants gestartet werden. Es begann ein neunmonatiger Umbau der 200 Quadratmeter großen Fläche.

Entstanden ist eine Mischung aus Wiener Kaffeehaus, etwas Art déco und vielen hölzernen modernen Möbelstücken. Das Paar entfernte abgehängte Decken und legte alten Stuck in dem denkmalgeschützten Gebäude wieder frei. Der Blickfang: Die Collage der Wiener Künstlerin Gina Müller. Der Ludwigsburger entdeckt darauf Elemente aus der eigenen Stadt. In der Mitte tanzt Lange mit ihrem Lebensgefährten inmitten von Blumen am Ufer eines stillen Gewässers, in das rotgelb die Sonne sinkt. „Gut, das ist ein bisschen kitschig geworden“, räumt Andrea Lange ein. Auch die Innenausstattung firmiert unter dem Label „mit dem Herzen ausgesucht“. So war es zum Beispiel, als die beiden mitsamt Langes beiden Söhnen Richtung Italien unterwegs waren, um eine Kaffeemaschine abzuholen. Unterwegs verguckten sie sich in eine riesige Schinkenschneidemaschine, die gerade noch ins Auto passte. Die Rückfahrt war ziemlich beengt.

Aus der heimischen Küche zum großen Geschäft

Heute beschäftigen die beiden rund 20 Mitarbeiter. Neben der Kochschule und dem Restaurant sind sie als Caterer im Geschäft. Insofern hat Andrea Lange binnen zwölf Jahren einiges auf die Beine gestellt – und fragt sich heute, weshalb sie eigentlich eine Ausbildung als Arzthelferin gemacht hat. Sie kann es sich tatsächlich nicht mehr erklären. Ausgangspunkt war ihre heimische Küche, wo sie zunächst ganz ohne finanzielle Absichten werkelte. Schon beim Frühstück sei es darum gegangen, was am Mittag und Abend auf den Tisch kommen soll. Die Leidenschaft für Selbstgekochtes wollte sie an ihre Kinder weitergeben.

Und weil dies offensichtlich großen Spaß machte, standen auch bald die Freunde ihrer Söhne mit in der Küche und probierten sich am Kochlöffel und Schneidebrett aus. Die Idee der Kinderkochkurse entstand. Aber auch Erwachsene wollten wieder Hausmannskost zubereiten können, oder Meeresfrüchte. Oder Wild. Oder Sushi. Und die „Leute achten wieder mehr auf die Herkunft von Lebensmitteln“, sagt Andrea Lange, „und schätzen Handgemachtes.“ Ein Trend, welcher der 43-Jährigen in die Speise-Karten spielt.