Vor kurzem ist das Wohnheim für blinde und sehbehinderte Menschen in Stammheim offiziell eingeweiht worden. Nun hat sich auch der örtliche Bezirksbeirat einen Eindruck von der Einrichtung verschafft.

Rems-Murr: Chris Lederer (cl)

Stammheim - „Es ist ein traumhaftes Plätzchen mit schönem Garten, einer guten Nachbarschaft und Einkaufsmöglichkeiten“, sagte Hausleiterin Simone Westhoff. „Und ich habe selten erlebt, dass ein Stadtteil so offen ist.“ Gemeinsam mit Projektleiterin Petra Mack empfing Westhoff am Dienstagabend die örtlichen Bezirksbeiräte im Garten des Wohnheims der Stiftung Nikolauspflege an der Wigandstraße 20. Die Lokalpolitiker nutzten die Gelegenheit zu einer Führung durch den Neubau, in dem 24 blinde und sehbehinderte Menschen mit zum Teil schweren Mehrfachbehinderungen ihr neues Zuhause gefunden haben.

 

Beiräte sind angetan vom Gebäude

Die Beiräte zeigten sich bei ihrem Rundgang angetan von dem modernen, hellen und großzügig angelegten Gebäude. Einziger Wermutstropfen: Das ehemalige Mäuerchen vor dem Haus an der Wigandstraße ist nicht, wie zugesagt, wieder aufgebaut worden. Das störte den einen oder anderen Politiker und gab Anlass zur Nachfrage. Projektleiterin Petra Mack versprach: „Ich werde mich beim Architekten danach erkundigen.“

Bezogen wurde das neue Wohnheim bereits im November. Nachdem sich die Bewohner eingelebt haben, wurde es vor kurzem mit einem bunten Fest und einem Tag der offenen Tür eingeweiht. Am Dienstag machten sich schließlich die Stammheimer Politiker ihr Bild von dem Gebäude, das unter anderem drei Wohnungen, mehrere Gemeinschaftsräume sowie einen großen Förder- und Betreuungsbereich für 32 stationäre Plätze bietet. Dort können Bewohner, aber auch Klienten von außerhalb, lebenspraktische Fertigkeiten erlernen und sich sinnvoll beschäftigen.„Das Haus ist voll, alle fühlen sich hier super wohl“, sagte Petra Mack. Das Alter der Bewohner liege in der Regel zwischen 20 und Mitte 40, einer sei bereits im Rentenalter.

Die Zeit im Provisorium ist endlich vorbei

Etliche Jahre mussten die Bewohner in einem Übergangswohnheim an der Maybachstraße in Feuerbach überbrücken. Dem Provisorium trauert niemand nach: „Dort konnten wir nicht mal die Fenster aufmachen“, sagte Petra Mack. In Stammheim seien die Wohn- und Betreuungsbedingungen ideal: Die Räume sind großzügig, hell, freundlich, klar strukturiert und mit den entsprechenden Hilfsmitteln für Menschen mit Sehbehinderungen ausgestattet. Bei der Farbgebung wirken große Kontraste, die zur besseren Orientierung dienen. So sind beispielsweise die Zargen dunkel, die Türen hell, die Lichtschalter sind farblich abgesetzt und auf dem Boden gibt es reflektierende Farbmarkierungen, die als Leitlinien dienen – letztere sind allerdings noch in einem Versuchsstadium und sollen noch ausgetauscht werden.

Auch die bestmögliche Beleuchtung war ein großes Thema, mit dem sich die Verantwortlichen ausgiebig befasst haben. Ein paar Kleinigkeiten gibt es noch zu tun. „Noch sind wir nicht ganz fertig, die Türschilder müssen noch mit Brailleschrift, großer Schwarzschrift und Aufklebern als Leitlinien versehen werden“, sagte Mack. „Die Räume füllen sich weiter mit Leben und sollen auch noch weiter bemalt und gestaltet werden.“ Zur Entspannung gibt es einen so genannten Snoezelenraum mit Wasserbett, Lichterketten und Musikanlage. Ein Schwarzlichtraum dient zur Feindiagnose bei Augenkrankheiten und wird darüber hinaus auch von lichtempfindlichen Bewohnern und Klienten zur Entspannung genutzt. 35 Mitarbeiter sind im Wohnheim angestellt, die meisten davon in Teilzeit. Die Kosten für die Unterbringung der Klienten übernehmen die Landkreise, erklärte Petra Mack.

Bereits angelaufen sind Kooperationen mit Einrichtungen in Stammheim, auch ehrenamtliche Helfer haben sich schon gefunden. Die benachbarte Stiftung Evangelische Altenheimat zum Beispiel liefert das Essen ins Haus. Besuche von Kindertagesstätten sind verabredet, und auch eine gemeinsame Gestaltung des Gartens für sowohl Demenzkranke aus dem Altenheim als auch die Bewohner des Wohnheims der Nikolauspflege ist geplant. „Diese Kontakte und Kooperationen sind uns sehr wichtig, auch dass Leute zu uns kommen“, sagte Petra Mack. Da sei es auch völlig in Ordnung, dass ab und an ein Stammheimer unerwartet in der Eingangstüre steht und sagt: „I wollt’ no mol g’schwend gucka!“