Kessings Versuch, seinen Fehler auszusitzen, macht diesen nur schlimmer.

Region: Verena Mayer (ena)

Bietigheim-Bissingen - Was Jürgen Kessing getan hat, ist – wie ein Blick in die Unfallstatistik offenbart – allzu menschlich. Er hat Alkohol getrunken und sich trotzdem in seinen Wagen gesetzt, um nach Hause zu fahren. Weil er auf dem Weg dorthin von der Polizei kontrolliert wurde, musste er seinen Führerschein abgeben. Jürgen Kessing wird eine Geldstrafe bezahlen und ein paar Punkte auf seinem Flensburger Konto verschmerzen müssen – und ansonsten hoffen, dass ihm stets ein Chauffeur zu loyalen Diensten ist.

 

Massiver Autoritätsverlust

Aber: Jürgen Kessing ist kein einfacher Bürger von Bietigheim-Bissingen, sondern der Oberbürgermeister der Stadt. Dass er nun vorübergehend keinen Führerschein hat, dürfte daher die geringste Folge seiner Trunkenheitsfahrt sein.

Es braucht einiges an Alkohol, um auf einen Wert von mehr als 1,1 Promille zu kommen, so weit also, dass man offiziell als absolut fahruntüchtig gilt. Sich in solch einem Zustand hinter das Steuer zu setzen, ist immer verantwortungslos. Doch für ein Stadtoberhaupt, also einen Repräsentanten der öffentlichen Ordnung und den Chef der Polizeibehörde, gilt ein besonders hoher Anspruch, sich vorbildlich zu verhalten. Dass Kessing diesem Anspruch nicht gerecht geworden ist, erschüttert massiv seine Autorität als Oberbürgermeister.

Wegducken geht nicht mehr

Jürgen Kessing – das an dieser Stelle zur Erinnerung – sitzt der SPD-Fraktion im Kreistag vor, er vertritt Bietigheim-Bissingen in der Regionalversammlung, im November will er sich zum Präsidenten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes wählen lassen. Wenn man Jürgen Kessings Worte richtig deutet, hatte er gehofft, dass niemand seinen Fehler bemerkt und er einfach weitermachen kann wie bisher.

Aber nun, da seine Tat bekannt geworden ist, kann er sich nicht mehr wegducken. Kessing muss zu seinem Fehler stehen. Sein bisheriger Umgang mit der Angelegenheit lässt nicht darauf schließen, dass er das verstanden hat. Bis jetzt scheint sich Jürgen Kessing vor allem selbst zu bedauern. Vielleicht helfen ihm seine Partei- und Sportsfreunde auf die Sprünge.