Einige Eltern aus Filderstadt müssen ihre Kinder zwangsläufig in andere Stadtteile in den Kindergarten bringen. Dagegen wehrt sich nun eine Gruppe von Müttern und Vätern mit einem offenen Brief an den Oberbürgermeister.

Bernhausen - Jenny Lutz wohnt mit ihrem zweijährigen Sohn Tom in Bernhausen. Tom besucht dreimal in der Woche die Kinderkrippe Filderzügle. Im Oktober wird er drei Jahre alt und geht deswegen bald in das katholische Kinderhaus Sankt Anna. Doch das befindet sich in Sielmingen. In den drei Kindergärten, die für Jenny Lutz zu Fuß zu erreichen wären, hat Tom keinen Betreuungsplatz bekommen.

 

Offener Brief an OB Traub

Der Fall von Jenny Lutz ist kein Einzelfall in Filderstadt. Der Elternbeirat des Kinderhauses Johanneskirche hat deshalb einen offenen Brief an den Oberbürgermeister Christoph Traub geschrieben. Die Eltern halten es für familienunfreundlich, dass viele Kinder nicht in dem Stadtteil betreut werden können, in dem sie leben.

Dirk und Ulrike Fröhlich sind im Elternbeirat des Kinderhauses Johanneskirche und erklären, wie es zu dem Brief kam. „Ausschlaggebend war das Problem von Jenny Lutz“, sagt Dirk Fröhlich. „Viele haben über dieses Thema gesprochen“, ergänzt seine Frau, „das Problem besteht schon sehr lange“. Das Ehepaar hatte Glück und konnte sich einen Platz im Kindergarten gleich gegenüber sichern. Viele andere Eltern müssen hingegen weitere Wege auf sich nehmen, um ihr Kind in den Kindergarten zu bringen. So wie Jenny Lutz.

Bei der Anmeldung für einen Kindergartenplatz hat Lutz argumentiert, warum sie in eine der drei Einrichtungen in unmittelbarer Nähe möchte. „Ich könnte jeden Morgen hinlaufen, und mein Mann arbeitet dort um die Ecke“, sagt die Mutter. Einige Zeit nach der Anmeldung habe sie eine Absage bekommen. Daraufhin habe sie bei den Verantwortlichen angerufen. „Dann hieß es, dass es in ganz Bernhausen keinen Platz mehr für Kinder gibt, die nach Mai geboren wurden“, erzählt sie. Tom hat im Oktober Geburtstag. „Er hat überhaupt keine Chance, weil er so spät geboren wurde“, sagt Lutz.

Stadt sucht nach Standort für neue Einrichtung

Oberbürgermeister Christoph Traub sagt, dass sich das Verhältnis von Kindern, die in Bernhausen wohnen, und den Betreuungsplätzen im Ort maßgeblich verändert habe. Die Stadt erfülle aber den Rechtsanspruch; in Filderstadt stünden unter dem Strich genügend Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung. Derzeit sind es rund 2000 in der Stadt. Im Kindergartenalter sind rund 1170 Kinder, dazu kommen 1270 Kinder von null bis drei Jahren.

Über mangelnde Plätze klagen die Eltern gar nicht, sondern dass sie oft am falschen Ort seien. „Man müsste nur die Bedarfsplanung in den Stadtteilen verbessern“, sagt Dirk Fröhlich. „Wir haben für uns den Anspruch, dass es in den jeweiligen Stadtteilen genügend Plätze für die Kinder, die dort wohnen, gibt“, sagt Traub. Er wisse, dass die Situation in Bernhausen angespannt sei. „Wir müssen einräumen, dass wir in Bernhausen zurzeit nicht flächendeckend den Ansprüchen gerecht werden können.“ Die Stadt sei aber auf der Suche nach einem Standort für eine neue Einrichtung im Stadtteil.

Früher Geborene bekommen eher den gewünschten Platz

„Kinder, die in einem späteren Monat geboren wurden, haben einen ganz klaren Nachteil“, sagt Dirk Fröhlich. Da sind sich die Eltern einig. Die Plätze würden bevorzugt an die Kinder vergeben, die Anfang des Jahres Geburtstag haben. Wer ein Geschwisterkind hat, das bereits in den Kindergarten geht, bekommt den sogenannten Geschwisterbonus. „Dabei wird man bei der Vergabe so behandelt, als wäre man drei Monate älter“, erklärt Lutz. Sobald das ältere Geschwisterkind aber in die Schule geht, verfällt dieser Bonus. Das ist bei den Fröhlichs im kommenden Jahr der Fall. Der sechsjährige Paul geht derzeit noch ins Kinderhaus Johanneskirche und von September an in die Grundschule. Der zweijährige Maximilian kommt im Herbst 2018 in den Kindergarten – ohne Geschwisterbonus. „Wir wissen noch nicht, ob er in Bernhausen einen Platz bekommt“, sagt Dirk Fröhlich. Wenigstens sei Maximilian in der ersten Jahreshälfte geboren, das lässt die Eltern hoffen.

Jenny Lutz kann zur Arbeit laufen, braucht nun aber trotzdem ein Auto. „So sind es nur zehn Minuten nach Sielmingen“, sagt sie. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln bräuchte sie deutlich länger. Das Glück im Unglück: „Sielmingen ist noch das kleinste Übel“, sagt sie, „Plattenhardt oder Harthausen wäre ja noch weiter gewesen.“

Eltern sorgen sich um Gemeinschaft in der Schule

Den Eltern liegt auch das Thema Integration am Herzen. Wenn die Kinder in die Schule kommen, die im heimischen Stadtteil ist, kennen sie dort unter Umständen niemanden. „Man spricht immer in anderen Dimensionen von Integration, aber wir müssen mal bei uns selbst anfangen“, sagt Fröhlich. Das möchte der Elternbeirat mit dem offenen Brief tun. Sie haben zudem Unterschriftenlisten in einigen Kindergärten ausgelegt. Damit auch die Eltern des neuen Jahrgangs noch ihre Unterschrift auf die Listen setzen können, hängen diese noch bis Ende September. Dann möchte der Elternbeirat die Listen dem Oberbürgermeister überreichen. Die Eltern wollen damit erreichen, dass sich die Stadt dem Thema mehr annimmt.