Wenn’s draußen grünt und blüht, blüht auch die Seele auf. Bis es so weit ist, ist aber erst mal Arbeit angesagt.Der „Tag der offenen Gärten“ gewährt dabei auch einen Blick in ansonsten private Bereiche – auch im Göppinger Stadtbezirk Bezgenriet.

Region: Corinna Meinke (com)

Göppingen - Bianca Vollmer-Pachl ist gerne Gastgeberin. Mal öffnet sie das Tor für eine Schulklasse, mal streben die Landfrauen zum Pfarrgarten in Göppingen-Bezgenriet. Und einmal im Jahr sind sogar alle Gartenliebhaber zum Schauen und Fachsimpeln willkommen, wenn sich Bianca Vollmer-Pachl zum fünften Mal an der Aktion „Offene Gärten in Esslingen und Umgebung“ beteiligt. Dazu lädt der gleichnamige Verein an diesem Sonntag ein.

 

Seit Jahren ist Vollmer-Pachl die einzige private Gastgeberin im Kreis Göppingen, hofft aber, dass sich das bald ändert. Und als besonderes Schmankerl lädt die Blumenfrau auch heuer wieder die befreundete Göppinger Malerin Pia Pisch ein. „Als ich die Holzwand sah, wusste ich: Das ist es“, lobt die Hobbykünstlerin den mannshohen Zaun aus edel vergrauten Holzleisten als Ausstellungsfläche.

Zum wiederholten Mal wird Pisch beim Tag der offenen Gärten dort unter freiem Himmel ihre abstrakten Arbeiten zeigen, die als Collagen, in Mischtechnik, Acryl, Rost- und Oxidationstechniken gefertigt sind. „Ich glaube, das ist der einzige Garten, der an diesem Tag auch Kunst präsentiert“, vermutet die Hausherrin Vollmer-Pachl.

1400 Quadratmeter grüne Idylle in der Ortsmitte

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Vollmer-Pachls grünes Reich hat nichts mit der örtlichen Kirchengemeinde zu tun, lediglich seine Adresse erinnert daran. „Ich mache hier alles selbst. Der Garten ist mein Leben“, erklärt die zierliche Hausherrin auf die Frage, wer sich um die Pflege der üppigen 1400 Quadratmeter Fläche in der Ortsmitte kümmere. Dass sie dafür pro Woche zwei volle Arbeitstage investiere – vom allabendlichen Gießen mal abgesehen –, sei für sie pures Vergnügen, denn beim Mähen und Stutzen, Umgraben und Harken falle aller Stress von ihr ab. Und wenn sie alle zwei Jahre den Rindenmulch in den Beeten erneuere, käme ihr der elterliche Fuhrpark mit Trecker und Hänger sehr zupass. Zwei Tonnen davon habe sie letztes Mal verarbeitet, sagt sie.

Akkurat geht es in diesem Pflanzenparadies zu, wo jede Rabatte klar definiert wird und Kies- und Rasenflächen von stabilen Rasenkanten aus Metall streng getrennt werden. „Ich brauche es klar strukturiert“, bekennt die Göppingerin, die gut auf unnötigen Schnickschnack rund ums Haus verzichten kann. Vielleicht habe die Lust an dieser weitläufigen und gepflegten Anlage auch etwas mit ihrer Herkunft zu tun. Zu Schulzeiten habe sie nie von zu Hause erzählt. Und weil sie sich ihrer Herkunft vom Bauernhof fast schämte, habe sie sich stets so akkurat zurechtgemacht, dass keiner der Klassenkameraden ihr späteres Bekenntnis fassen mochte.

Ehemaligen Kuhstall in Laden verwandelt

Doch das ist längst Vergangenheit. Zurückgekehrt ins Heimatdorf, nach dem Bau eines schmucken Einfamilienhauses und der Geburt ihrer Tochter, hat Vollmer-Pachl bald die Vorzüge der elterlichen Landwirtschaft für sich entdeckt. Angeregt von der Mutter, begann sie mit dem Blumenbinden, verkaufte saisonale Sträuße ab Hof, und als der Vater aufs Altenteil wechselte, baute sie den Kuhstall zum Laden um. „Blumen und Mehr“ hat sie ihr Reich getauft, in dem sie Dekoratives für drinnen wie draußen und weiterhin Sträuße und andere floristische Arbeiten verkauft. „Ich habe das nicht gelernt, aber immer genau beobachtet“, räumt die Quereinsteigerin ein. So habe sie Sträuße, die man ihr privat schenkte, auseinandergenommen und dabei die Bindetechnik erforscht.

Mit Tatkraft und Entdeckerfreude verändert die rührige Frau immer wieder ihr Reich. „Ich bringe gerne Ideen aus dem Urlaub mit“, berichtet Vollmer-Pachl. So schmücke den Laden nun nach alpenländischem Vorbild eine Theke aus Scheitholz. Auch für ihren Garten entstünden neue Pläne meist in ihren „Denkernächten“. Und stilsicher holt die Blumenfrau gerne zur großen Geste aus. So zieren den schattig gelegenen Esstisch eingetopfte Fingerhutpflanzen, und auch die Oliven- und Zitrusstämmchen bevölkern die Terrassen gleich gruppenweise.

Ein Brunnen aus verrostetem Metall

Über ihre jüngste Errungenschaft, einen kastenförmige Brunnen, freut sich die Hausherrin besonders. „Rost schreit nicht so“, beschreibt Vollmer-Pachl die Patina des metallenen Behälters. Für den Besuchertag haben sie und ihre Freundin eigentlich nur einen Wunsch, der den Prognosen nach auch in Erfüllung gehen könnte: schönes und trockenes Wetter.