Die Eltern spüren den Mangel und machen mobil. Jetzt will die Stadt etwa Container aufstellen.

Renningen - Kommunalpolitiker treffen Entscheidungen, die alle etwas angehen. Dennoch tun sie das oft vor leeren Rängen, viele Zuschauer interessieren sich für die Gemeinderatssitzungen oftmals nicht. Ein paar verwunderte Gesichter unter den Politikern gibt es daher am Montagabend im Renninger Bürgerhaus, als der Hausmeister immer mehr Stühle hereintragen muss. Auf der Tagesordnung: Das etwas spröde klingende Thema „Kindergartenbedarfsplanung“.

 

Das aber liegt den Renninger Eltern schwer im Magen. Seit einiger Zeit schon weist die Renninger Stadtverwaltung keine Kindergartenplätze aus, Eltern haben Schwierigkeiten, an eine Ganztagsbetreuung zu kommen. „Wir hatten das Gefühl, dass der Verwaltung und dem Bürgermeister das Problem nicht so richtig bewusst ist“, berichtet der Vater Tobias Sterzl. Zusammen mit seinen Kollegen vom Elternbeirat hat er daher überlegt, was man tun könnte. In der vergangenen Woche haben sie entdeckt, dass der Gemeinderat eben über dieses Thema diskutiert. „Nur durch unsere hohe Teilnehmerzahl können wir der Stadt und dem Gemeinderat zeigen, dass Kinderbetreuung für uns Eltern ein wichtiges Thema ist und nicht als Nebenbaustelle behandelt werden darf“, haben sie daher an alle Eltern geschrieben und auf im sozialen Netzwerk Facebook verbreitet.

70 Zuschauern interessieren sich für das Thema

Der Brief hat gewirkt. Vor mehr als 70 Zuschauern diskutiert der Gemeinderat das Thema Kindergartenbedarfsplanung – und die Zahlen, die Daniel Dreßen, der Leiter des städtischen Bildungsamts, präsentiert, bestätigen das ungute Gefühl der Eltern. Über 691 Kindergartenplätze verfügt Renningen derzeit – das ist viel zu wenig. Die Gründe sind schnell gefunden: Die Zahl der Geburten nimmt zu. Gab es etwa 2009 noch 127 Babys, so wurden 2016 schon 186 kleine Renninger geboren.

Der zweite Grund heißt Schnallenäcker. Viele junge Familien ziehen derzeit in dieses Neubaugebiet, mit etwa 100 Kindern zusätzlich rechnet die Stadt. Schon jetzt liegen im Rathaus bei Daniel Dreßen 35 Anmeldungen für Kinder, die erst im Laufe des Jahres nach Renningen ziehen. „Im Zeitraum Mai bis September dieses Jahres haben wir daher 64 Plätze zu wenig“, muss Dreßen dem Gemeinderat berichten.

Einen noch gravierenderen Mangel aber prognostiziert er für das kommende Kindergartenjahr 2017/18. Hier werden den Berechnungen zufolge 105 Plätze fehlen. „Das ist ein Worst-Case-Szenario, das eintritt, falls wir nichts unternehmen“, bilanziert Daniel Dreßen.

Und genau das schlägt er denn auch dem Gemeinderat vor. Die wichtigste Maßnahme: Im Mehrzeckraum der Krippe Schnallenäcker soll der nebenan liegende Kindergarten eine weitere Gruppe einrichten. Wenn diese dann zum 1. September eröffnet, stehen hier zusätzliche 25 Plätze zur Verfügung. „Zudem sind wir derzeit in Gesprächen mit der evangelischen Kirche“, verkündet Dreßen. Diese könne sich vorstellen, auf einem Grundstück neben dem evangelischen Kindergarten in der Merklinger Straße einen Waldkindergarten einzurichten – weitere 20 Plätze könnten so entstehen. Als dritte Maßnahme will die Verwaltung prüfen, neben bestehenden Einrichtungen Container aufzustellen und so nochmals 25 Plätze zu schaffen.

„Dennoch müssen wir jetzt schon etwa 40 Kinder schieben“, kündigt Daniel Dreßen an. Das heißt, Kinder, die eigentlich in den Sommermonaten ins Kindergartenalter kommen würden, bekommen erst im September einen Platz, wenn ihre älteren Kameraden in die Schule gehen.

Mutter schimpft über fehlende Ganztagsbetreuung

Bei den Eltern, die der Präsentation dieser Zahlen zuhören, ist der Unmut groß. „Wann werden die Bescheide endlich ausgegeben?“, will eine Mutter wissen. „Ich muss doch meinem Arbeitgeber sagen, wann ich wieder in den Beruf einsteigen kann.“ Und eine andere Mutter schimpft, warum sie keinen Ganztagsplatz bekommt. „Es wird gemunkelt, nur diejenigen Kinder bekommen einen Ganztagsplatz, die auch schon in einer Krippe waren – da fühle ich mich benachteiligt.“

Beim Thema Bescheide verweist der Bürgermeister Wolfgang Faißt auf die Schulverwaltung. „Wir können die Kindergartenplätze erst zuteilen, wenn wir wissen, wie viele Kinder in die Schule kommen und nicht zurückgestellt werden“, sagt er. Das sei im Juni der Fall.

Der Renninger Bürgermeister will dennoch die Erfolge seiner Bildungspolitik verteidigen. „Wir zeigen Flagge bei der Kinderbetreuung.“ 2015 habe seine Stadt noch 2,8 Millionen Euro für die Betreuung ausgegeben, das habe sich mittlerweile auf 4,1 Millionen Euro fast verdoppelt. „Ja, es wird Engpässe geben“, sagt er. „Aber wir werden gute Lösungen finden.“

Am Ende ist auch Tobias Sterzl vom Elternbeirat zufrieden. „Wir haben eine Diskussion in Gang gesetzt“, sagt er. Diese will er mit dem Gemeinderat fortsetzen: Einstimmig entscheidet sich der Rat dafür, eine Arbeitsgruppe Kinderbetreuung einzurichten.