Der Oldtimer- und Schleppertreff am Rutesheimer Schützenhaus lässt die Herzen von Freunden des Altblechs höher schlagen.

Rutesheim - Wolfgang Haugstetter braucht seinen roten Flitzer nicht anzuschmeißen, sind ihm doch staunende Blicke ohnehin sicher. „Hunderte Stunden und viel Herzblut habe ich da rein gesteckt“, sagt der Warmbronner und dreht den Zündschlüssel um, bevor man sich im Lippen lesen üben muss, weil kein Wort mehr zu verstehen ist.

 

Der BMW-Rennwagen jagte in den Fünfzigern auf allen bekannten Strecken der Formel 3 mit bis zu 180 Stundenkilometern über den Asphalt. „Ein Unikat“, schwärmt der stolze Besitzer. Da möge kommen, wer will, Haugstetter lässt sie alle abblitzen. „Es gibt immer wieder hohe Angebote“, sagt er, „aber er ist unverkäuflich.“

Die Gilde Diana lädt ein

Damit spricht der Mann wohl auch allen anderen Freunden des Altblechs aus der Seele, die sich am Rutesheimer Schützenhaus der Gilde Diana bei dem vierten Oldtimer- und Schleppertreff eingefunden haben. Aber ums Feilbieten geht’s auch nicht, sondern ums sehen und gesehen werden. Und dafür nimmt der ein oder andere schon mal große Reisestrapazen auf sich. „Viele kommen aus der näheren Umgebung, aber es gibt welche, die fahren sogar 100 Kilometer“, erzählt Willi Wendel, der Vorsitzende der Schützengilde Diana, über die Veranstaltung, die weit über die Ortsgrenze hinaus bekannt ist.

Letztere durften sich dann auch erst einmal an einem deftigen Weißwurstfrühstück stärken. Aber nicht nur deswegen. Auch reden macht hungrig, und fachsimpeln umso mehr. Und zu reden gibt es viel. Bis zu 50 Marken und rund 200 Fahrzeuge werden am Sonntag bestaunt – Schlepper von Unimog, Kramer, Deutz und Porsche, Oldtimer von Ford, Opel und Mercedes. Und Motorräder wie etwa eine Giulietta der italienischen Marke Peripoli, Baujahr 1959. „Meine Frau sagte einst, dieser Schrott kommt mir nicht ins Haus“, erinnert sich Hermann Schuler grinsend.

Dem Stuttgarter blieb nichts anderes übrig, als die Sportmaschine in ihre Einzelteile zu zerlegen und unter der Kellertreppe zu verstauen. „Nach 50 Jahren habe ich sie dann wieder zusammengebaut. Jetzt schaut sie aus wie neu“, schwärmt der Mann, der nicht ohne Brille und Helm mit der italienischen Tricolore unterwegs ist. Das ist nicht unbedingt der Geschwindigkeit geschuldet, die für ihn ohnehin zweitrangig ist. „Ha, den Berg runter läuft das Motorrad jede Steigung“, sagt er und lacht.

Ein Oldtimer ist eine gute Wertanlage

Nach einer Erklärung für die Faszination muss man nicht lange suchen. „Wissen Sie, ein alter Käfer ölt nicht, der markiert nur sein Revier“, witzelt Thomas Jäckle aus Flacht bei seinem Rundgang. Auch er selbst hat das ein oder andere schmucke Stück in der Garage stehen. „Wenn ich im Schwarzwald unterwegs bin, fahre ich auch nicht, ich gleite“, sagt er mit einem Schmunzeln über seine Leidenschaft. Und auch wenn das Restaurieren der alten Fahrzeuge ordentlich ins Geld geht: „Ein Oldtimer ist eine gute Wertanlage“, sagt Willi Wendel. „Der verzinst sich mehr als auf der Bank.“

Es sei schon erstaunlich, wie wenig man früher zum Autofahren gebraucht habe, meint Volker Jahn. In den heutigen Autos finde man sich doch vor lauter Technik kaum mehr zurecht. „Außerdem konnte man damals auch noch selbst Hand anlegen und musste nicht wegen jeder Kleinigkeit in die Werkstatt“, sagt der stellvertretende Vorsitzende der Schützengilde, der die Idee zum Oldtimer-Treff hatte. Weil er selbst Mitglied in einem Oldtimer-Club ist und stolzer Besitzer eines 123er-Daimlers. Den hat er aber heute zu Hause gelassen und flitzt stattdessen mit einem Klapprädle durch die Gegend, um nach dem Rechten zu sehen.

Auch wenn dies letztlich der Grund für die Veranstaltung war, ziehen die Macher durchaus Parallelen zwischen Schützen und Oldtimer-Fans. Ein Schelm, wer da jetzt an Alteisen denkt. „Sagen wir’s mal so: Beide haben alte Technik dabei“, sagt Volker Jahn. Und Willi Wendel spielt noch einmal auf die „gute Wertanlage“ an, steigt doch auch der Preis für eine Schusswaffe im Laufe der Zeit beträchtlich an. Apropos Schießen: Auch Besucher des Oldtimer-Treffs durften ihre Treffsicherheit testen.

„Das ist der optimale Ausgleich zum stressigen Alltag. Denn man muss runterkommen, sonst trifft man nichts“, erklärt der Vorsitzende der Schützengilde mit rund 150 Mitgliedern. Sicherheit geht vor. Abdrücken darf man erst nach einer Einführung durch die Fachleute. Bis dahin heißt es nämlich: „Nur angucken, nicht anfassen!“ Ein Spruch, der übrigens auch auf einem amerikanischen Pickup-Truck mit Baujahr 1962 klebt und auf großes Interesse bei der Schau stößt – womit wir bei einer weiteren Gemeinsamkeit zwischen Schützen und Oldtimer-Fans wären.