Zwei Geschichts-Experten begeben sich für ein Projekt auf die Suche nach Kleindenkmalen im Stadtbezirk.

Sillenbuch - Ein moderner Stadtplan hilft in diesem Fall nichts. Für das, was Achim Zwierzynsky und Hans-Georg Müller finden wollen, müssen es schon alte Flurkarten im Maßstab 1:2500 sein. Denn was die beiden Sillenbucher Geschichtsliebhaber suchen, ist zu größten Teilen vor allem eines: alt. Die Männer begeben sich für den Verschönerungsverein Stuttgart auf eine zweijährige Schatzsuche in die Vergangenheit (siehe Infokasten). Am Ende wollen sie aber nicht etwa Gold und Edelsteine entdecken, sondern alle Kleindenkmale, die sich im Bezirk verbergen, um sie zu fotografieren, zu vermessen und aufzulisten.

 

An einem sonnigen Vormittag zieht es Zwierzynsky und Müller an die Kirchheimer Straße. Treffpunkt ist die Stadtbahn-Haltestelle „Silberwald“. Beim Anblick der Gleise und vorbeifahrenden Autos vermutet man hier wenig Denkmalwürdiges. Doch direkt hinter der Haltestelle öffnen die beiden ein mächtiges Tor, das von zwei steinernen Adlern bewacht wird. Dahinter liegt ein mystisch wirkender, dicht bewachsener Garten. Am Ende des Weges steht eine prächtige Villa. In ihr residierten einst der Maler Georg Friedrich Zundel und seine zweite Frau Paula, die Tochter von Robert Bosch.

Der Garten ist voller Kleindenkmale, teils von Zundel selbst erbaut. Sogleich steuern die zwei ehrenamtlichen Erfasser Achim Zwierzynsky und Hans-Georg Müller auf einen großen Steinbrunnen am Wegesrand zu. Zwierzynsky schießt Fotos und untersucht den Wasseranschluss. Müller spekuliert derweil, wer das Kleindenkmal wohl einst gesetzt hat. Näheres wird er von Brigitte Gebauer erfahren. Die Witwe des Sillenbucher Bildhauers Herbert Gebauer wohnt in der Zundel-Villa. Später werden die Männer den Brunnen und die anderen Skulpturen im Garten vermessen und die Infos in die Bögen für den Verschönerungsverein eingetragen.

Ein Teil Heimatgeschichte

Auf diese Art und Weise wollen die beiden Sillenbucher in den kommenden Monaten die Kleindenkmale im Bezirk erfassen. Der Verschönerungsverein könne keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben, meinen die Geschichts-Experten. Das sei unrealistisch, wenn man mit Laien arbeitet. Sie selbst wollen es in Sillenbuch dennoch schaffen. Sie wüssten bereits von rund 40 Kleindenkmalen, darunter Trockenmauern, Treppen, Bauinschriften oder Denkmale für Personen. „Ich denke, dass aber sicher noch mehr entdeckt und an unser herangetragen wird“, sagt Achim Zwierzynsky. An vielen Dingen gehe man im Alltag auch einfach vorbei, sagt Müller. Nun gelte es, den Blick zu schärfen.

Den aufwendigsten Teil der Arbeit haben die Männer mit zwei anderen bereits 2007 erledigt, ohne von der heutigen Aktion zu wissen. „Damals haben wir alle 98 Grenzsteine in Sillenbuch erfasst“, sagt Müller. „Das war abenteuerlich“, erzählt er. „Immerhin liegen die Steine nicht an den Spazierwegen.“ Ausgestattet mit alten Flurkarten, Kompass, Spaten, Hacke und vor allem Ausdauer zogen die Männer damals über Stock und Stein durch den Bezirk. „Man braucht Freude daran, Zeit, Geduld und vor allem die Ortskenntnis“, erklärt Müller .

Für die Aktion des Verschönerungsvereins brauchten sie sich aufgrund dieses Einsatzes vor sechs Jahren gar nicht erst zu bewerben. „Die sind gleich auf uns zugekommen“, sagt Müller. Für Riedenberg haben sie noch einen Mitstreiter. Bis zum Ende des Sommers wollen Zwierzynsky und Müller nun alle Kleindenkmale erfassen. Die Motivation tragen sie stets im Herzen: „Das ist ein Teil Heimatgeschichte“, sagt Zwierzynsky. „Wenn sich keiner dafür interessiert, geht das alles flöten.“