Der Stadtteiltreff hat am Mittwoch im Bürgerhaus sein zehnjähriges Bestehen gefeiert. Dort kommen Menschen mit gebrochenen Lebensläufen zusammen.

Stuttgart-Rot - Den Stadtteiltreff Oase gibt es mittlerweile schon zehn Jahre. So ein Jubiläum ist für eine Einrichtung nicht unbedingt etwas Besonderes. In diesem Fall aber schon. Lange Zeit stand die Oase vor dem Aus. Das Geld fehlte. Doch seit 2012 hat der Gemeinderat den Fortbestand des Stadtteiltreffs gesichert.

 

Aber nicht nur, weil die Oase schon kurz vor dem Austrocknen war, ist sie ein besonderer Ort. Es sind die Menschen und deren ganz unterschiedlichen Lebensgeschichten, die diese Einrichtung für den Stadtteil Rot und die Gesellschaft so wichtig machen. Das war wieder eindrucksvoll zu sehen und zu erleben, als das zehnjährige Bestehen der Oase am Mittwoch in deren Räumen im Erdgeschoss des Bürgerhauses an der Auricher Straße gefeiert wurde.

Viele Menschen, die in die Oase kommen, leben in sozialen Einrichtungen

Da wäre beispielsweise Rainer Rahm, Mitte 50, Alkoholiker. Sein Vater hatte ihn schon als Jugendlichen mit in die Kneipe genommen. Alkohol habe ihn locker gemacht, sagt er. Die Gespräche mit Frauen seien somit viel leichter gefallen. Irgendwann kamen dann die harten Sachen. Es folgten zwei Langzeittherapien und vier Entgiftungen. Heute trinkt er nur noch Bier, sagt er. Kontakt zu seiner Familie hat er keinen mehr. Gerade deshalb ist ihm die Oase so wichtig. Er hat dort Freunde gefunden – eine Art Ersatzfamilie.

Viele Menschen, die in die Oase kommen, leben in sozialen Einrichtungen, in Fürsorgeunterkünften oder in sozial-geförderten Wohnungen. Sie leben meist isoliert, sind älter, arbeitslos und haben sehr oft auch gesundheitliche Probleme. Im Stadtteiltreff der Evangelischen Gesellschaft (eva) finden sie Anschluss, können Kontakte knüpfen, gemeinsam backen, spielen, basteln oder Sport machen. Und es gibt am Nachmittag eine frisch gekochte Mahlzeit für wenig Geld.

Ohne die Ehrenamtlichen könnte der Stadtteiltreff dauerhaft nicht aufrecht erhalten werden

Wer Probleme hat, in einer Notlage ist oder mit dem Schriftverkehr der Behörden nicht zurecht kommt, kann sich an die hauptamtlichen Fachkräfte Gina Kochendörfer-Peter, Daniela Höppner-Gerecke und Johannes Schwill wenden. Neben den Dreien sind auch noch acht ehrenamtliche Mitarbeiter in der Oase tätig, die eine Aufwandsentschädigung für ihre Arbeit bekommen. Sie helfen in der Küche, in der Cafeteria und im hauswirtschaftlichen Bereich. „Die Ehrenamtlichen sind das Herz der Oase“, sagt Kochendörfer-Peter. Und der eva-Bereichsleiter Wolfgang Rube ergänzt: „Ohne die Ehrenamtlichen könnte der Stadtteiltreff dauerhaft nicht aufrecht erhalten werden.“

Auch Rainer Rahm gehört zu den Helfern in der Oase: „Ich habe die eva darum gebeten, etwas machen zu dürfen. Die Decke ist mir auf den Kopf gefallen.“ Jetzt hilft er im Küchenteam. Er ist eine Bereicherung für die Oase, da sind sich alle einig.

Entstanden ist die Oase im November 2007 an der Gundelsheimer Straße 51 in Rot. „Dort war die Küche gleichzeitig auch das Beratungsbüro. Es war einfach viel improvisiert“, sagte Wolfgang Rube. Ende 2010 musste der Stadtteiltreff dann ausziehen, weil das Gebäude abgerissen werden sollte. Zum selben Zeitpunkt lief auch die Finanzierung des Projekts aus.

Seit 2012 unterstützt der Gemeinderat die Oase

2007 und 2008 wurde die Oase zunächst über Mittel des Europäischen Sozialfonds und von der eva finanziert. Anschließend stand Geld im Rahmen der Sozialen Stadt Rot zur Verfügung. Doch auch diese Quelle versiegte. „Die Stadt hatte aber ein großes Interesse daran, dass das Angebot weiter besteht und stellte der eva Räume im Bürgerhaus in Rot zur Verfügung – zunächst mietfrei“, heißt es in einer Pressemitteilung der eva. Die Finanzierung übernahm schließlich für ein Jahr die eva selbst. „Der Umfang des Angebots musste in diesem Zeitraum aber eingeschränkt werden“, betonte Rube. So fiel beispielsweise eine 50-Prozent-Stelle weg. Seit 2012 unterstützt der Gemeinderat die Oase. „Um die vollständige Finanzierung sicherzustellen, steuert die eva noch 20 Prozent des benötigten Etats bei“, heißt es bei der Evangelischen Gesellschaft.

„Wir sehen hier seit zehn Jahren, wie wichtig es ist, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben – und das gilt ohne Ausnahme für alle Menschen“, betont Wolfgang Rube. „In der Oase wollen wir den Besuchern helfen, soziale Ungleichheit und Aussonderung zu überwinden.“