Stuttgart gilt als reich. Doch in der Landeshauptstadt gibt es durchaus Kinderarmut. Sie macht auch vor den Filderbezirken nicht halt. Ein statistischer Überblick gibt Einblick in ein trauriges Thema.

Filder - Kinderarmut ist auch in der reichen Stadt Stuttgart ein Thema. Das gilt genauso für die Filderbezirke, in denen die soziale Schere zwischen den Stadtteilen weit auseinandergeht. Nach den Zahlen des Statistischen Amts der Landeshauptstadt bezogen zum Jahreswechsel 2015/16 insgesamt 53 600 Menschen soziale Mindestsicherung. In der Gesamtstadt lebten an der Schwelle zum Jahre 2016 insgesamt 77 380 Kinder unter 15 Jahren. Von ihnen erhielten 10 829, also 14 Prozent, Grundsicherung. „Die ist der der niedrigste Anteil seit 2005 mit damals 14,8 Prozent“, sagt Robert Gunderlach vom Statistischen Amt der Stadt.

 

Stuttgart-Degerloch steht am besten da

Auf den Fildern lässt sich Kinderarmut so in Zahlen fassen: Degerloch steht mit 5,3 Prozent am besten da, gefolgt von Möhringen mit 8,3 Prozent, Vaihingen mit 8,7 Prozent, Sillenbuch mit 9,6 Prozent und Plieningen mit 11,5 Prozent. Das Schlusslicht, das um ein Prozent unter dem städtischen Durchschnitt liegt, ist Birkach mit 15 Prozent. In Birkach ist die Kinderarmut damit seit 2005 um drei Prozent gestiegen, während sie in den anderen Filderbezirken mit Ausnahme Plieningens, wo es einen Anstieg um 1,2 Prozent gab, leicht gesunken ist. „In Degerloch wohnen vorwiegend Ältere und weniger Kinder“, erklärt Gunderlach das gute Abschneiden des Stadtbezirks unterm Fernsehturm.

„Das Thema Kinderarmut ist hochemotional“, sagt Gunderlach. Er gibt allerdings zu bedenken: „Kinder beziehen kein eigenes Einkommen, deshalb können sie nach den geltenden Bewertungsmaßstäben im Grunde nicht arm sein. Die Messlatte ist das Einkommen der Eltern.“ Mit Kinderarmut sei deshalb im Grunde Familienarmut gemeint. Vor allem betroffen seien Alleinerziehende. Kinder, sagt Gunderlach, bekommen in Familien, die Grundsicherung erhalten, eine eigene Sozialleistung zugemessen. Das macht sie statistisch erfassbar.

In Deutschland gelten insgesamt fast 15 Prozent der unter 18-Jährigen als armutsgefährdet. In Baden-Württemberg sind es 119 000 Kinder und Jugendliche, die Sozialgeld beziehen. In Stuttgart, sagt der Statistiker, sei die Kinderarmut innerhalb der vergangenen zehn Jahre insgesamt zurückgegangen.

Stuttgart liegt unter dem Bundes-, aber über dem Landesdurchschnitt

Kinderarmut ist lediglich ein Teil einer Gesamtentwicklung. Danach liegt die Empfängerquote der sozialen Mindestsicherung in der Landeshauptstadt mit 8,9 Prozent leicht unter dem Bundesdurchschnitt von neun Prozent, aber weit über dem Landesdurchschnitt von sechs Prozent. 2015 waren in Stuttgart 6166 Menschen mehr in der sozialen Mindestsicherung – eine Zunahme um 13 Prozent.

Im Einzelnen bedeute dies: Von den 33 602 Menschen, die in Stuttgart Mindestsicherung erhalten, bekommen 39 722 Personen Hartz IV oder Sozialgeld für Kinder unter 15 Jahren in Hartz-IV-Haushalten. Damit beziehen 6,6 Prozent der Stuttgarter Hartz IV. 9260 Menschen, also 1,5 Prozent, bekommen Sozialhilfe und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. 0,8 Prozent der Einwohner, also insgesamt 4620 Menschen, erhalten sogenannte „Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz“.

Die Altersarmut ist gestiegen

Doch damit nicht genug. „Zum Stichtag am 31. Dezember 2015 bezogen 11 698 Stuttgarter Sozialleistungen, die im engeren Sinne nicht zur sozialen Mindestsicherung zählen, die aber als wichtige Hilfen für ein würdevolles Leben gelten: überwiegend Eingliederungshilfe für 5239 Behinderte und Hilfen für 3981 Pflegebedürftige“, erklärt Gunderlach. Im Jahre 2005 habe diese Zahl noch bei 8465 gelegen – eine Steigerung also um 38,2 Prozent. Die Zahl der Menschen in Stuttgart, die von Altersarmut betroffen sind, ist seit 2005 stetig gestiegen. Damals waren 5754 Personen betroffen, 2015 waren es bereits 8613. „Das ist ein Plus von 49,7 Prozent“, sagt der Experte. Zur Entlastung der Kommunen würden die Ausgaben für die Grundsicherung im Alter seit 2014 vom Bund getragen.