Sind vegane und vegetarische Bratwürste, Schnitzel und Frikadellen eine gute Alternative zu Fleisch? Die Stiftung Warentest hat 20 Produkte getestet – ein Markenprodukt fiel bei den Testern komplett durch.

Stuttgart - Soja-Schnitzel, Seitan-Würste, Tofu-Burger: Vegetarische Alternativen zu Fleisch sind in Deutschland beliebt wie nie. Mehr als 310 Millionen Euro haben die Deutschen 2015 für Fleischersatzprodukte ausgeben – 31,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Nachfrage nach diesen Produkten steigt also kontinuierlich. An die Fleischeslust der Deutschen reicht sie aber längst noch nicht heran: 45 Milliarden Euro setzt die Fleischwirtschaft hierzulande Jahr für Jahr um. Durchschnittlich 59 Kilogramm Fleisch verspeist jeder Bundesbürger jährlich.

 
Wie gut sind Fleischersatzprodukte?
In ihrer aktuellen Ausgabe „Test“ hat die Stiftung Warentest 20 vegetarische Bratwürste, Schnitzel und Frikadellen getestet. Sie hat nach Schadstoffen gefahndet, geprüft, welche Nähr- und Zusatzstoffe sie enthalten, wie sie riechen, wie sie schmecken, welchen Biss sie haben. Sieben der getesteten Produkte waren vegan, das heißt ohne tierische Erzeugnisse wie Ei oder Milch. Zu einem einheitlichen Ergebnis kamen die Prüfer nicht: Sechs Ersatzprodukte – je zwei Schnitzel, Bratwürste und Frikadellen – seien eine gute Alternative zu ihren Vorbildern mit Fleisch. Und das gilt in puncto Geschmack, als auch für die Zusammensetzung. Bei vielen anderen sei die Rezeptur dagegen noch verbesserungswürdig: Sie schmeckten trocken, waren schwer zu kauen oder so salzig, dass sie durstig machten.
Wie gesund sind die Alternativen?
„Studien zeigen, dass eine Ernährung mit viel Pflanzeneiweiß grundsätzlich einen positiven Einfluss auf die Gesundheit hat“, sagt Birgit Rehlender, Lebensmittelexpertin der Stiftung Warentest. Soja im Schnitzel sei aber nicht per se gesund. So waren sechs der 20 getesteten Produkten stark mit Schadstoffen belastet. Sie wiesen eine hohe Menge an kritischen Mineralölbestandteilen auf. In dem vegetarischen Schnitzel der Marke Rügenwalder Mühle fanden die Tester mehr als 400 Milligramm Mineralölbestandteile pro Kilogramm – der zweithöchste Gehalt, den die Stiftung Warentest je in Lebensmitteln nachgewiesen hat. Trotz der ansonsten sehr guten Ergebnisse des Produkts stuften die Tester das Schnitzel als mangelhaft ein.
Woher stammen die Schadstoffe?
Die Schadstoffe sind Überreste des Verarbeitungshilfsstoff Weißöl. Er wird in der Produktion eingesetzt. Einen Grenzwert für Weißöl gibt es noch nicht. Von der Europäischen Lebensmittelbehörde Efsa wird der Stoff aber als „potenziell besorgniserregend“ eingestuft. „Weißöl gehört nicht in Lebensmittel“, sagt Rehlender. Der Stoff stelle zwar keine akute Gefahr für die Gesundheit dar. Langfristig könne er sich aber im Körper, vor allem in Leber, Milz und Lymphknoten, anreichern. „Es gibt pflanzliche Alternativen“, sagt Rehlender. „Die Hersteller könnten darauf verzichten.“
Welche Produkte konnten überzeugen?
Als klare Testsieger gingen die vegetarische Bratwurst und das vegetarische Schnitzel der Marke Valess hervor. Beide basieren auf Milch, überzeugten die Tester in Geschmack und Konsistenz wie auch hinsichtlich ihres Fett-, Salz- und Kaloriengehalts. Nur ein einziges veganes Produkterhielt die Note gut: Das vegane Soja-Schnitzel der Edeka Eigenmarke Bio + Vegan. Gut schnitten auch die Veggie-Griller von Meica ab. Die besten vegetarischen Frikadellen kamen im Test von der Rügenwalder Mühle und – mit Biosiegel – von Heirler.
Welche Inhaltsstoffe ersetzen Fleischeiweiß?
Fleischersatzprodukte werden vor allem mit pflanzlichen Eiweißquellen oder tierischem Eiweiß hergestellt. Viele sind auf Sojabasis zubereitet, andere bestehen hauptsächlich aus Weizeneiweiß (Seitan). Die Lupine, eine dem Soja vergleichbare Eiweißquelle, ist ein regionales Gewächs, wird jedoch seltener verwendet. Der beliebteste tierische Ersatz sind Eier: Im Test enthielt jedes zweite Produkt Hühnereiweiß. Auch Milch wird von den Herstellern oft eingesetzt – ein Viertelliter Milch liefert rund acht Gramm Eiweiß.
Wie nachhaltig sind Fleischersatzprodukte?
Dass ein Produkt vegan ist, sagt nichts über seine Nachhaltigkeit aus. Exotische Früchte wie Mangos oder Avocados sind zwar vegan. Besonders nachhaltig sind sie aufgrund ihres langen Transportweges nach Deutschland jedoch nicht. Darüber hinaus können auch vegane Lebensmittel Soja oder Palmöl enthalten, für deren Anbaufläche Regenwald gerodet wurde. Wer Ersatzprodukte von Herstellern kauft, die auch Fleisch- und Wurstwaren verkaufen, trägt außerdem meist nichts zur Verbesserung der Lebensumstände der Tiere bei. Vegetarische Fleischalternativen beinhalten zudem oft Hühnereier, die aus Bodenhaltung stammen. Wer sich nachhaltig ernähren möchte, sollte vor allem darauf achten, dass die gekauften Produkte regional und saisonal angebaut wurden und dass sie aus ökologischer Landwirtschaft stammen.
Was erwarten Verbraucher von Fleischersatzprodukten?
Auf ihrer Webseite hat die Stiftung Warentest ihre Leser gefragt, was sie von Fleischersatz erwarten. Rund 3600 Leser nahmen an der Online-Umfrage teil. Während ein Drittel sich ein möglichst fleischähnliches Ergebnis wünschte (37 Prozent), wandten sich 16 Prozent der Umfrageteilnehmer gegen die Ähnlichkeit zu Fleischprodukten. Für viele Veganer kämen Ersatzprodukte überhaupt nicht in Frage, sagt Carola Strassner, Ökotrophologin an der Fachhochschule Münster: „Veganer suchen meist nicht nach einem Fleischersatz. Sie möchten es gar nicht erst in der Ernährung haben.“ Dasselbe gelte für andere Ersatzprodukte. Statt dem veganen Schmelzkäse grillen viele Veganer lieber Zucchini und Auberginen, statt dem Mousse au Chocolat mit Sojasahne essen sie zum Nachtisch eher Obstsalat.