Alles nur ein Spaß? Immer wieder wird mit leistungsstarken Laserpointern auf Menschen gezielt – mal auf Flugzeuge und Hubschrauber, mal auf Autofahrer. Im jüngsten Fall geriet eine Polizeistreife ins Visier. Die machte sich auf die Suche.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Die Attacke kommt irgendwo von der Halbhöhenlage. Eine Polizeistreife ist in der Nacht zum Dienstag auf dem Schlossplatz unterwegs, als sie ins Visier eines Laserlichtstrahls gerät. Ein 38-jähriger Polizeioberkommissar wird ins Gesicht getroffen, kurz geblendet und spürt einen Schmerz im Auge, erleidet aber keine Verletzung. Die Beamten des Reviers Wolframstraße gehören zu den jüngsten Betroffenen eines gefährlichen Unfugs – und sie machen sich am Dienstag gegen 0.50 Uhr gleich selbst auf die Suche nach den Urhebern.

 

Die Spur führt in Richtung der Halbhöhenlage im Stuttgarter Osten – etwa dort, wo auch das Staatsministerium sein Domizil hat. Dass die Laserlicht-Schützen ganz zufällig hinunter in die Innenstadt gefunzelt haben, ist eher unwahrscheinlich. „Die Beamten sind auf der Fahrt noch zweimal von dem Lichtstrahl getroffen worden“, sagt Polizeisprecher Tobias Tomaszewski.

Der Strahl kam aus 1,2 Kilometer Entfernung

Der Laser wird erneut auf den Streifenwagen gerichtet, als die Beamten sich in der Gerokstraße den Urhebern nähern. Ein weiteres Mal werden die Beamten in der Straße Im Schellenkönig angeleuchtet. In der Richard-Wagner-Straße, mehr als 1,3 Kilometer Luftlinie vom Schlossplatz entfernt, werden die Beamten schließlich fündig. Die Urheber werden in einer Herberge im Bereich Bubenbad aufgespürt. Die 20 und 26 Jahre alten Männer geben sich ahnungslos. Ein gängiges Verhalten. „Die beiden gaben sich völlig unwissend, verwickelten sich aber in Widersprüche“, sagt Polizeisprecher Tomaszewski. Die Beamten beschlagnahmten den Laserpointer, der in den Räumen gefunden wurde. Den beiden drohen nun Anzeigen wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr.

Ausreden sind die Beamten durchaus gewohnt. Als Ende März zwei 21 und 25 Jahre alte Männer in Kornwestheim (Kreis Ludwigsburg) einen Polizeihubschrauber ins Visier nahmen und erwischt wurden, wollen sie nicht erkannt haben, dass es sich um einen Helikopter der Polizei handelte. Der 25-Jährige behauptete, das Flugobjekt für eine Drohne gehalten zu haben. Doch es gab nicht viel zu deuteln: Die Piloten hatten die Straftat mit der an Bord befindlichen Kameraausstattung dokumentiert.

Attacke auf Kleinflieger ungeklärt

Ungeklärt geblieben ist allerdings eine Stuttgarter Attacke Ende November vergangenen Jahres in Bad Cannstatt. Aus dem Bereich des Pragsattels war ein zweimotoriges Kleinflugzeug mit einem Laserpointer angestrahlt worden. Der Pilot wurde durch den grünen Strahl glücklicherweise nicht irritiert oder gar ins Auge getroffen. Eine Fahndung, bei der auch ein Polizeihubschrauber eingesetzt wurde, blieb erfolglos.

Die Netzhaut des Auges ist in höchster Gefahr

Die Laser-Attacken sind kein Spaß: Die Netzhaut im Auge kann so schwer verletzt werden, dass oft auch ein Augenarzt nicht mehr helfen kann.

2015 versuchte das Land Baden-Württemberg, strengere Regelungen für Laserpointer durchzusetzen. Landes-Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) startete eine Initiative im Bundesrat, wonach die Bundesregierung aufgefordert wird, sich für eine europarechtliche Regelung stark zu machen. Davor sollte eine Verordnungsermächtigung auf Bundesebene ermöglichen, direkt gegen den Vertrieb gefährlicher Laserpointer vorzugehen.

Allerdings blieb Untersteller erfolglos. Zwar unterstützte der Bundesrat die Initiative – doch dann kam die Ablehnung von der zuständigen Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles (SPD): „Es gibt von gesetzgeberischer Seite derzeit keinen Handlungsbedarf“, heißt es in einem Schreiben aus ihrem Ministerium. Es gebe geeignete und ausreichende Regelungen. Unterstellers Sprecher Ralf Heineken stellt nüchtern fest: „Für die Marktüberwachung in Baden-Württemberg stellen die Prüfungen weiterhin einen Schwerpunkt dar.“