Ob und wann es die von Verkehrsminister Hermann angeordneten Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der Autobahn 81 geben wird, ist offen. Gespräche sollen den Koalitionskrach stoppen.

Stuttgart - Das von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) geplante Tempolimit auf einer 26 Kilometer langen Teilstrecke der Autobahn 81 ist vorerst gestoppt. Am Mittwoch bremsten Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und sein Stellvertreter, Innenminister Thomas Strobl (CDU), den an diesem Tag in Berlin weilenden Verkehrsminister aus. „Wir halten unsere Vereinbarungen ein. Deshalb werden wir den in der Koalition beschlossenen Weg beibehalten“, teilten Kretschmann und Strobl in einer gemeinsamen Erklärung mit. Zunächst sollten die beiden Arbeitskreise Verkehr von Grünen und CDU „die anstehenden Sach- und Rechtsfragen zeitnah mit dem Ziel einer Lösung beraten. Solange werden einseitig keine Fakten geschaffen.“ Dem Vernehmen nach sollen die Gespräche nächsten Mittwoch stattfinden.

 

Hermann hatte das Regierungspräsidium Freiburg in einem Schreiben vom 29. September angewiesen, auf der Autobahn 81 zwischen dem Autobahnkreuz Hegau und dem Autobahndreieck Bad Dürrheim die Höchstgeschwindigkeit auf 130 Kilometer/Stunde zu begrenzen, um Autorennen auf der bei Rasern sehr beliebten Strecke zu begrenzen. „Andere denkbare Maßnahmen zur Gefahrenabwehr kommen nicht in Betracht“, heißt es in der Anordnung aus Stuttgart. Das Regierungspräsidium Freiburg teilte am Mittwoch mit, es habe „die hierzu erforderlichen Prüfungen aufgenommen und das Verfahren eingeleitet“. Um juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden, gehe „Sicherheit vor Schnelligkeit“, sagte Sprecher Markus Adler.

CDU verärgert über Vorstoß

In der Regierungskoalition hatte Hermanns Vorstoß für große Verstimmung gesorgt. Die CDU-Abgeordneten im Landtag lehnen ein Tempolimit ab. „Wir wollen nicht alle Autofahrer sanktionieren, sondern gezielt diejenigen belangen, die illegale Autorennen durchführen“, erklärte CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart. „Dasrichtige Mittel sind abschreckende Kontrollen.“ Auch das Justizministerium habe „klar bestätigt, dass es eine Pflicht für allgemeine Tempolimits und damit ein Haftungsrisiko der Verkehrsbehörde nicht gibt“. CDU-Generalsekretär Manuel Hagel bezeichnete Hermanns Vorgehen als „völlig inakzeptabel“. Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) warf Hermann „einseitiges Vorpreschen“ vor.

Für die Grünen-Abgeordneten hingegen ist die Anordnung ein richtiger und unverzichtbarer Schritt. „Für unsere Fraktion stehen die Verkehrssicherheit und der Schutz aller Verkehrsteilnehmer im Vordergrund. Dafür ist ein streckenbezogenes Tempolimit auf der A 81 notwendig“, sagte Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz. „Es geht hier um die Vermeidung von Unfällen, die durch überhöhte Geschwindigkeiten und das rücksichtlose Fahren von illegalen Autorennen und in diesem Bereich auf Kosten unbeteiligter Dritter provoziert werden.“

FDP fordert Hermanns Rücktritt

Kritik kommt aus dem Bundesverkehrsministerium. Derartige Tempolimits seien rechtswidrig, erklärte Staatssekretär Norbert Barthle. Die Teilnehmer an illegalen Autorennen ließen sich weder in Städten noch auf Landes- oder Bundesstraßen von Tempolimits aufhalten. „Illegale Autorennen muss man mit verstärkten Kontrollen bekämpfen, den Rasern drohen schwere Strafen“, so Barthle. Deshalb habe die Bundesregierung die Strafen für illegale Autorennen deutlich erhöht.

Innenminister Strobl wies Vorwürfe zurück, dass die Möglichkeit von Kontrollen bisher nicht ausreichend genutzt werde. „Fakt ist, dass wir den Kontrolldruck hoch halten.“ Die regionalen Tuning- und Poser-Szenen seien bei den örtlichen Dienststellen bekannt. Das Polizeipräsidium Konstanz habe bereits seit 2015 die Kontrollen intensiviert und in Zusammenarbeit mit den Schweizer Kantonspolizeien mehrere Großeinsätze durchgeführt.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke forderte Hermann zum Rücktritt auf. „Wenn der Verkehrsminister auch nur einen Funken Selbstachtung besitzt, dann sollte er jetzt zurücktreten. Selten hat eine Regierungsspitze einen Minister derart öffentlich düpiert.“ Hermann müsse „jetzt erkennen, dass nicht mal die grün-schwarze Landesregierung für seine ideologischen Kurs noch etwas übrig hat“.