Bekommt die Region Stuttgart bald ihren dritten öffentlichen Tierfriedhof? Der Katzenschutzverein will Frauchen und Herrchen d ie Möglichkeit bieten, ihre Lieblinge zu bestatten. Die Stadträte befürchten jedoch, die Sache könnte zu erfolgreich werden.

Donzdorf - Die Aussicht, etwas als einzige Kommune weit und breit anbieten zu können, ist immer verlockend. Und so hat man auch in Donzdorf im Prinzip nichts dagegen, dass der Katzenschutzverein einen Tierfriedhof auf seinem Gelände anlegen will. Immerhin wäre es der erste seiner Art weit über die Grenzen des Kreises hinaus. In der Region Stuttgart gibt es bisher nur in Stuttgart und Kornwestheim (Kreis Ludwigsburg) einen öffentlichen Tierfriedhof. In Ulm etwa suchen Tierärzte dem Vernehmen nach schon lange einen Betreiber, der einen anlegen würde.

 

Doch genau diese Exklusivität ist es auch, was den Donzdorfern auf der anderen Seite Sorge macht. Was, wenn die kleine Stadt am Ende von trauernden Tierbesitzern überrannt wird? Das Gelände auf dem der Friedhof entstehen soll, befindet sich am Rande eines Freigeheges der Katzenschützer und ist nur über einen geschotterten Feldweg zugänglich. Parkplätze gibt es dort keine. Die Stadt und der Gemeinderat befürchten deshalb, dass es ein Verkehrschaos geben könnte, wenn zu viele Besucher kämen. Entsprechend schwer tun sie sich damit, den Bebauungsplan zu ändern und den Friedhof zu genehmigen.

Islamische Bestattungen für Haustiere

Dass sich Kommunen mit der Genehmigung eines Tierfriedhofs nicht so leicht tun, weiß Rolf Bohler schon lange. Er hat vor einigen Jahren einen der ältesten Tierfriedhöfe Deutschlands im Stuttgarter Stadtteil Fasanenhof übernommen. „Der Gründer, Maximilian Rothenbacher, hat zweieinhalb Jahre gebraucht, bis er die Genehmigungen zusammen hatte und 1998 eröffnen konnte“, erzählt Bohler. Mittlerweile ist der Friedhof eine feste Einrichtung in Stuttgart und der Umgebung. Von Menschenmassen dennoch keine Spur. „Manchmal haben wir mehrere Beerdigungen in einer Woche, manchmal auch keine“, sagt Bohler. Insgesamt gebe es etwa 800 Gräber auf einer Fläche von 6500 Quadratmetern.

Bohler hat viele Geschichten zu erzählen, denn die Standard-Tierbestattung gibt es nicht. Häufig kämen nur Vater, Mutter und Kind, um das Zwergkaninchen, den Wellensittich oder die Katze zu beerdigen. Manchmal seien aber auch 20 Leute da, um einen Hund zu verabschieden, der bei seinen Gassirunden viele Freundschaften geschlossen habe. „Hunde sind richtige Integrationsfiguren. Die bringen Menschen zusammen“, hat Bohler beobachtet. Immer wieder seien auch ganze Großfamilien da. Speziell bei Muslimen sei das häufig. „Im Islam sind Feuerbestattungen ja verpönt. Deshalb wünschen sich viele Moslems auch für ihr Tier eine Erdbestattung.“

Die Stadt will eine Recherche starten

Demnächst wird sich der Donzdorfer Bürgermeister Martin Stölzle wohl eingehend mit Bohler unterhalten. „Ich habe bisher einfach keine Ahnung davon, wie so eine Tierbestattung abläuft. Wie viele Leute kommen und wie oft die Leute hinterher das Grab pflegen“, gesteht Stölzle. Weil es den Stadträten so ähnlich geht, hat der Bauausschuss nun empfohlen, zunächst Fakten zu sammeln und mit den Betreibern anderer Tierfriedhöfe zu sprechen. Stimmt der Gemeinderat Ende Mai diesem Plan zu, wird die Stadt recherchieren und sich dann vermutlich im Sommer wieder an das Gremium wenden.

„Wenn herauskommt, dass da in der Regel bloß drei, vier Leute zur Beerdigung kommen und der Betrieb während der Woche gering ist, wird das sicher schnell vorangehen“, mutmaßt Stölzle. „Aber falls herauskommt, dass eine Menge zusätzlicher Parkplätze benötigt wird und der Verkehr zunimmt, wird es wohl langwieriger.“

Neuer trend in städtischen Regionen

Die Leiterin des städtischen Friedhofs in Kornwestheim, Anke Hörer, wird Stölzle wohl beruhigen können. Die Stadt betreibt einen normalen Friedhof und einen Tierfriedhof auf dem selben Gelände. Allerdings ist der Bereich für Tiere deutlich vom Rest getrennt, denn eigentlich dürfen Tier und Mensch in Deutschland nicht gemeinsam unter die Erde. Die Anlage für Tiere umfasst knapp 300 Gräber auf 2000 Quadratmetern und ist damit vergleichbar mit dem geplanten Friedhof in Donzdorf. „Für den Tierfriedhof bräuchten wir eigentlich keine extra Parkplätze“, sagt Hörer. Im Schnitt gebe es 30 Bestattungen pro Jahr, die Zahl der Besucher sei überschaubar.

Obwohl Tierfriedhöfe ein neuer Trend in städtischen Regionen sind, weil dort viele Leute keinen Garten haben, um ihr Haustier zu begraben, haben auch früher schon viele Menschen Abschied von ihren vierbeinigen Begleitern genommen – und dazu manchmal auch einen Ort zum Trauern angelegt. So liegt an einer Wegkreuzung im Esslinger Stadtwald zwischen Aichwald-Lobenrot und dem Stettener Bachtal einer der wohl ältesten Tierfriedhöfe Europas. Angelegt wurde er von dem Forstwart Friedrich Wilhelm Hohl (1869-1932). Der Förster und seine Nachfolger haben dort bis in die 1970er Jahre ihre Jagdhunde begraben. Kleine Quader aus Sandstein erinnern dort an die 1912 verstorbenen Jagdhunde Wolle, Lisel und ihren vierbeinigen Kollegen.

Für tote Tiere gilt das Tierkörperbeseitigungsgesetz

Geschichte:
Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich die Erkenntnis durch, dass tote Tiere angemessen beseitigt werden müssen, um Seuchen zu vermeiden. Württemberg schuf dazu 1917 fünf staatliche Tiermehlfabriken in Biberach, Horb, Kornwestheim, Süßen und Sulzdorf. 1975 errichtete das Land in Warthausen eine neue Verarbeitungsanlage für tote Tiere und Schlachtabfälle. Die Beseitigungspflicht wurde auf die Kreise übertragen. Diese schlossen sich zu Zweckverbänden zusammen. In Göppingen ist der Zweckverband Tierische Nebenprodukte (ZTN) Süd zuständig.

Heute:
Kadaver und Schlachtabfälle werden gesammelt und zum ZTN Warthausen gebracht. Im Kreis Göppingen geschieht das in der Sammelstelle Süßen. In Warthausen wird das Material bei 133 Grad 20 Minuten lang in einem Hochdruckkessel sterilisiert. Dabei entsteht Tiermehl, das für die Gewinnung von Energie verbrannt wird, die tierischen Fette nutzt die Industrie.

Bestattung:
Für Haustiere gibt es eine Ausnahme: Sie können auch im Garten beerdigt werden, allerdings nicht in Wasserschutzgebieten. Außerdem muss das Grab mindestens 50 Zentimeter tief sein und darf nicht unmittelbar an öffentlichen Wegen und Plätzen liegen. Nach diesen Regeln funktionieren auch Tierfriedhöfe. Zudem gibt es Tierbestatter, die tote Tiere einäschern. Die Herrchen oder Frauchen bekommen die Asche ihrer toten Lieblinge dann in einer Urne zurück.