Donald Trumps Umgang mit Hinterbliebenen, deren Kinder bei US-Militäreinsätzen starben, wird in den USA zum Politikum. Ist der Präsident ein kaltherziger Narzisst?

D Washington - er Präsident hätte sich einfach für die verspätete Beileidsbekundung entschuldigen können. Dann wäre ihm sehr viel Ärger erspart geblieben. Doch Donald Trump gesteht ungern Fehler ein. Stattdessen hat er innerhalb weniger Tage Ex-Präsident Barack Obama diffamiert, seinen Stabschef John Kelly in Schwierigkeiten gebracht, eine Soldatenwitwe beleidigt und eine ziellose Debatte über die Ehrung gefallener Armeeangehöriger losgetreten, die in den USA als Helden gelten. Trumps Ausflüchte werden immer aberwitziger, und die heftige Auseinandersetzung droht außer Kontrolle zu geraten.  

 

Trump verletzt ein Tabu

Doch der Reihe nach: Als US-Medien vor ein paar Tagen kritisierten, dass sich Trump fast zwei Wochen lang nicht zum Tod von vier Soldaten bei einem Anti-Terror-Einsatz in Niger äußerte, trat der Präsident die Flucht nach vorn an. Er kündigte an, die Hinterbliebenen persönlich anzurufen und kritisierte, das hätten sein Vorgänger Barack Obama und auch andere Präsidenten oft versäumt. Sofort kam Widerspruch aus dem Obama-Lager. Dessen damaliger Justizminister Eric Holder warf Trump „verdammte Lügen“ vor.

Das provozierte den Präsidenten, das erste Tabu zu brechen: Man solle seinen Stabschef einmal nach dessen persönlichen Erfahrungen fragen, unkte er vor Journalisten und schlachtete damit den Tod von Kellys Sohn aus, der 2010 in Afghanistan gefallen war. Der als integer geltende Ex-General hat sich immer geweigert, über die familiäre Tragödie zu reden und schweigt auch dieses Mal.   Als nächstes rief Trump bei der schwangeren Witwe von Sergeant David T. Johnson an, der in Niger ums Leben gekommen war. Eine demokratische Kongressabgeordnete, die das Gespräch über die Freisprechanlage verfolgte, war entsetzt. Sie berichtete, Trump habe nicht einmal den Namen des 25-jährigen Toten gekannt und teilnahmslos erklärt: „Ihr Mann wusste, worauf er sich einließ, als er sich verpflichtete. Aber ich vermute, es tut trotzdem weh.“ Daraufhin sei die Witwe in Tränen ausgebrochen.

Nette Unterhaltung? Oder doch eine Respektlosigkeit?

  Diese Darstellung stützt den Eindruck vieler Beobachter, die dem Präsidenten mangelndes Einfühlungsvermögen unterstellen und sie befeuert die Debatte über dessen charakterliche Eignung für das Amt.   Trump widersprach sofort: „Das habe ich nicht gesagt“.   Er habe vielmehr „eine sehr nette Unterhaltung mit der Frau gehabt“. Details nannte er nicht. Trump-Sprecherin Sarah Sanders warf der Kongressabgeordneten vor, die Darstellung erfunden zu haben und das „heilige Ritual“ der Beileidsbekundung des Oberkommandierenden zu missbrauchen. Zugleich nahm sie abermals Stabschef Kelly in Anspruch und behauptete, dieser sei von dem Vorgang angeekelt.   Doch dann meldete sich die Adoptivmutter des toten Soldaten zu Wort. „Ja, er hat diesen Kommentar gemacht“, bestätigte sie die Version der Kongressabgeordneten: „Präsident Trump hat respektlos über meinen Sohn gesprochen.“

Das Weiße Haus reagierte abermals: Man habe das Gespräch nicht aufgezeichnet, erklärte Sprecherin Sanders entgegen einer früheren Behauptung von Trump. Doch niemand könne bezweifeln, dass der Präsident „die größte Hochachtung für Männer und Frauen in Uniform hat“. Trump selbst hatte sich als junger Mann allerdings – wie viele andere auch – vom Militärdienst in Vietnam befreien lassen.  

Am Ende bekam der Vater eines gefallenen Soldaten doch noch Geld

Die Auseinandersetzung schlägt in den USA gewaltige Wellen. Befeuert wird sic durch den Vater eines anderen gefallenen Soldaten, der eine befremdliche Episode schildert: Nachdem er sich frustriert über die Hinterbliebenenversorgung des Militärs geäußert hatte, habe ihn Trump im Sommer angerufen und ihm einen Scheck über 25 000 Dollar aus der eigenen Tasche versprochen. Das Geld blieb jedoch aus. Es wurde erst angewiesen, nachdem die Washington Post am Mittwoch über den Vorfall berichtete.