Mobilitätsmanagement – das Thema klingt sperrig, das Anliegen ist dringend: Örtliche Unternehmer aus Leinfelden-Echterdingen tauschen sich zum Thema aus. Eine zentrale Frage: Unter welchen Bedingungen verzichten Pendler aufs Auto?

Leinfelden-Echterdingen - Ein Mann der immer im Auto zur Arbeit fährt, wiegt drei Kilogramm mehr als ein Arbeitnehmer, der das Rad nimmt. Bei Frauen liegt der Unterschied bei 2,5 Kilogramm. Diese durchaus interessanten Forschungsergebnisse präsentierte Stefan Haendschke am 25. April in der Echterdinger Zehntscheuer. Der Mann arbeitet als Projektleiter für Mobilitätsmanagement beim Auto Club Europa (ACE). Er will das Auto nicht verteufeln, aber Unternehmern und deren Mitarbeitern gute Wege zur Arbeit aufzeigen.

 

Haendschke stellte einen bunten Strauß an Möglichkeiten vor, mit denen Firmenchefs ihren Beschäftigten den Umstieg auf andere Verkehrsmittel schmackhaft machen können: Job-Tickets, absperrbare Fahrradständer, Duschen, eine Anreisebroschüre für Neubeschäftigte, Fahrradhelme für alle und möglicherweise auch Schuhcreme, damit sich der Mitarbeiter den Dreck der Außenwelt beim Eintreten in die Firma vom Schuh wischen kann. Der reine Appell helfe wenig. Es müssten die Rahmenbedingungen verändert werden. Dazu gehörten beispielsweise auch beleuchtete Radwege, für die freilich die Stadt verantwortlich ist.

Was der Flughafen in Sachen Mobilitätsmanagement bereits leistet, stellte Airport-Sprecher Johannes Schumm vor. „Wir haben Jobtickets, Fahrradständer, Duschen und eine sehr gute Verkehrsanbindung“, sagte er. Es gibt eine Plattform für Fahrgemeinschaften und einen Car-2-go-Standort. Aber: „Mitarbeiter, die im Schichtdienst arbeiten, sind weiter auf das Auto angewiesen.“ Die Frühschicht beginne um 3.30 Uhr morgens, die erste S-Bahn fahre den Flughafen um kurz nach 5 Uhr morgens an.

Neues Angebot erzielt gute Resonanz

Angelika Goldak, die Wirtschaftsförderin der Stadt, hat die beiden Männer in die Zehntscheuer geholt. Der Anlass: Sie hat den ersten Unternehmerdialog am Mittag organisiert. „Das ist die kleine Schwester zum Unternehmerdialog am Abend“, sagt sie. Während abends auch das Netzwerken im Vordergrund stehe, bekommen die Teilnehmer mittags kompakte Infos zu einem für L.-E. wichtigen Thema – und natürlich auch etwas für den Gaumen. Goldak hat diese Form des Dialoges bei der örtlichen Industrie- und Wirtschaftsvereinigung (IWV) kennengelernt und dachte, dass dies auch für die Stadt passen könne. Die Resonanz gibt ihr recht: Rund 60 Vertreter der lokalen Wirtschaft und auch Stadträte waren in die Zehntscheuer gekommen.

Erste Bürgermeisterin Eva Noller stellte dort die Bedeutung eines betrieblichen Mobilitätsmanagements heraus. „Wir hatten bereits 2014 in unserer Stadt 36 000 Ein- und Auspendler“, sagte sie. Das bedeute 72 000 Fahrten täglich und sehr viel Verkehr für L.-E.; sie appellierte an kleinere Unternehmen, sich für größere Maßnahmen zusammenzuschließen.

Duschen auch für Mitarbeiter der Stadt

Zum Hintergrund: Um den Staus in der Stadt zu den Stoßzeiten Herr zu werden, hat sich L.-E. 2014 auf den Weg gemacht, eine Mobilitätsstrategie zu erarbeiten. Bürger, Arbeitnehmer und Unternehmer wurden befragt, Ideen und Vorschläge gesammelt. Ein integrierter Verkehrsentwicklungsplan ist erarbeitet. Ein Bündel an Maßnahmen – darunter Mobilitätspunkte zunächst in Stetten und im Echterdinger Norden – sollen Verbesserungen für Fußgänger, Radler, Bus- und Bahnfahrer sowie auch Autofahrer bringen. Der Gemeinderat wird sich laut Noller noch vor der Sommerpause erneut mit dem Konzept beschäftigen.

Von 2018 an stehen Leihfahrräder an S-Bahnhöfen bereit. Die Verwaltung möchte weitere Carsharing-Standorte in Musberg und Stetten einrichten. Stadtmobil und Car-2-go seien hierzu laut Noller noch nicht bereit. Auch die Stadt bietet fahrradbegeisterten Mitarbeitern Duschen an – auch in den Gebäuden der Feuerwehr.