Das neue SUV-Flaggschiff Edge soll in Europa auch den Premium-Platzhirschen die Stirn bieten. Allerdings bietet Ford den Edge nur als Diesel an.

In den USA gehört der Ford Edge seit neun Jahren zum Straßenbild. Mit der zweiten Generation schafft das 4,81 Meter lange SUV den Sprung über den Großen Teich und stellt nach EcoSport und Kuga das neue Flaggschiff in Fords Hochsitz-Familie dar. Sogar von einem Premium-SUV ist die Rede. Möglicherweise etwas spät, haben in der alten Welt die Kompakt- und Mini-SUVs dem klassischen SUV doch den Rang abgelaufen. Fords deutscher Marketing- und Vertriebschef Wolfgang Kopplin glaubt zwar, 'dass wir vor allem im Bereich der großen SUVs gerade auch in Deutschland auf eine große Nachfrage treffen'. Bei seiner Prognose bleibt er dennoch mit 7000 Verkäufen im nächsten Jahr eher zurückhaltend. Wem soll der Neuling auf dem immer größer wachsenden SUV-Markt die Kunden streitig machen? Von der Größe her reicht er an VW Touareg (4,80 Meter) oder Mercedes GLE (4,82 Meter) heran. Kopplin wiederum sieht eher Volvo XC 60 (4,64 Meter) oder Audi Q5 (4,64 Meter) als Wettbewerber, wobei die eigentlich eine Nummer zu klein sind.

 

Größtes Manko im Vergleich zu allen Genannten: Ford bietet in Europa nur einen Dieselmotor in zwei Leistungsstufen an. Gut aufgehoben scheint der US-Import Edge eher bei Importeuren wie dem neuen Kia Sorento (4,78 Meter) oder Hyundai Grand Santa Fe (4,83 Meter), die sich in der Motorenauswahl ebenfalls auf den Selbstzünder beschränken. Trotz 1,93 Meter Breite und der lichten Höhe von 1,71 Metern wirkt der Ford Edge auffallend kompakt, was wohl vor allem dem abfallenden Schrägheck, ähnlich wie beim Focus, und den kurzen Überhängen vorn wie hinten geschuldet ist. Besonders in der Top-Ausführung Sport mit Anthrazit-Grill, 20-Zoll-Alus und Heckschürze mit Diffusor und integrierten Auspuffblenden wirkt der Wagen fast wie ein SUV-Coupé. Die gelungenen Proportionen ergeben 2,85 Meter Radstand, die jede Menge Platz im Innenraum schaffen. Auf allen fünf Sitzen lässt es sich bequem fläzen, hinter den asymmetrisch klappbaren Rücksitzlehnen können dazu noch 602 Liter, dachhoch auch 800 Liter Gepäck eingeladen werden. Auch mit vollen Armen, wenn die sensorgesteuerte Heckklappe (ab Version Titanium) per Fußschwenk öffnet und schließt. Als Zweisitzer passen maximal 1841 Liter hinein. So markant das äußere Design, so nüchtern wirkt das Interieur. Die Materialauswahl ist wenig premium, schwarze Kunststoffflächen, üppig mit Chrom umrahmt, prägen die Szenerie. Die TFT-Anzeigen im Cockpit und die übersichtliche Instrumentenanordnung wurden vom neuen Mondeo und S-Galaxy übernommen. Immer an Bord ist das Infotainmentsystem Sync2 mit Touchscreen in der Mittelkonsole und Sprachbedienung. In der Bedienlogik intuitiv verständlich, nervt das Gefummel auf viel zu kleinen Tasten und erhöht bei angespannten Verkehrsbedingungen den Stress.

Eher sanfter Gleiter

Ganz im Gegensatz zu seinem Namen gibt der Edge ('Kante') eher den sanften Gleiter. Das Fahrwerk wurde auf europäische Ansprüche getrimmt und zeigt sich ausgesprochen komfortabel. Verwerfungen im Asphalt bügelt der serienmäßige Allradler ebenso souverän platt wie er mit seiner adaptiven Lenkung (Serie in Topausstattung Sport) den präzisen und unerschütterlichen Geradeauslauf beherrscht. Wie erwähnt beschränkt sich Ford in Europa auf einen Zweiliter-Diesel, wahlweise 180 PS (132 kW) oder mit Biturbo-Aufladung 210 PS (54 kW) stark. Abgesehen von der merkwürdig kurzen Leistungsspreizung, spritzig und spontan sind sie beide bedingt. Am schnellsten setzt noch der kleinere Selbstzünder den bulligen Schub von 400 Newtonmetern in Vorwärtsbewegung um. Allerdings ausschließlich via ruppiger 6-Gang-Schaltung, die zumindest in einem Premium-SUV fehl am Platz ist. Umgekehrt gibt es den Diesel-Doppelturbo nur mit 6-Gang-Doppelkupplungsautomatik. Für Beschleunigungen knapp unter zehn Sekunden und Spitzentempi etwas über 200 km/h reicht es zwar allemal, doch wer Fahrer eines BMW X5, Mercedes GLE oder VW Touareg überzeugen will, braucht potentere Alternativen. Immerhin bleiben die Diesel genügsam, sollen sich laut Norm mit jeweils 5,8 Liter zufriedengeben. Bei den Sicherheit- und Komfort-Features fährt der Ford Edge auf Augenhöhe mit den Platzhirschen. Ob das die Assistenzsysteme, von der Notfallbremse mit Fußgängererkennung über eine 180-Grad-Frontkamera mit Splitscreen-View bis zum Einparkroboter, betrifft oder intelligente LED-Scheinwerfer und Gurt-Airbag für die Fondpassagiere, den es so sonst nur bei Mercedes gibt. Auch die Preise haben eine Hauch Premium: Der Einstiegspreis von 42 900 Euro gilt für den kleinen Diesel in der Basisausstattung Trend, die immerhin schon Allradantrieb, 2-Zonen-Klimaautomatik, Infotainmentsystem Sync2, Licht- und Regensensor sowie 19-Zoll-Alufelgen inkludiert. 3500 Euro mehr kostet der stärkere Diesel mit Automatik, den es allerdings erst ab der mittleren Ausstattung Titanium gibt. In der teuersten Version Sport sind dann bereits 49 050 Euro beziehungsweise 52 550 Euro fällig.