Der SPD-Kandidat im Wahlkreis Ludwigsburg, Macit Karaahmetoglu, glaubt fest daran, dass Martin Schulz Bundeskanzler wird. Er selbst will in Ludwigsburg das Direktmandat erringen – und setzt im Wahlkampf voll auf die sozialen Medien im Internet.

Gerlingen - Seine Zuversicht hat Macit Karaahmetoglu nicht verloren. „Wir spüren, dass was geht“, sagt der Bundestagskandidat der SPD im Wahlkreis Ludwigsburg. Trotz sinkender Umfragewerte für seine Partei und dem jähen Ende des Hypes um den Spitzenkandidaten Martin Schulz glaubt der Gerlinger an den Wechsel. „Und die Basis tut das auch“, meint der Jurist, der nahe des Bahnhofs in Ditzingen eine eigene Kanzlei hat. Was ihn so optimistisch macht, kann er in wenige Sätze packen: Die SPD liefere Themen und konkrete Antworten auf wichtige gesellschaftliche Fragen, die Kanzlerin agiere dagegen nach dem Motto: „Wer schläft, der sündigt nicht.“

 

40 Prozent der Wähler, glaubt Karaahmetoglu, hätten sich noch nicht entschieden. Um diese zu erreichen, verfolgt er zwei Strategien: Direkter Angriff auf die Union und Angela Merkel – und massiver Wahlkampf in den sozialen Medien.

Vor 38 Jahren kam er aus der Türkei nach Deutschland

Für die CDU-Chefin hat der 49-Jährige wenig Positives übrig. „Die planlose Kanzlerin“ war der Titel eines Gastkommentars, denn Karaahmetoglu unlängst in der Zeitung „Die Welt“ veröffentlicht hat. „Verantwortungslos“ nennt er den Umgang von Merkel mit dem Konflikt zwischen Nordkorea und dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump. „Erpressbar“ habe sich Merkel durch den Flüchtlingsdeal mit dem türkischen Präsidenten Erdogan gemacht.

Die meisten dieser Botschaften veröffentlicht Karaahmetoglu im Netz. Plakate klebt er zwar auch, sogar höchstpersönlich und mitten in der Nacht, doch sein schärfstes Schwert im Wahlkampf ist Facebook. Mehr als 10 000 Fans hat sein Auftritt dort, eine Vielzahl dessen, was seine Konkurrenten im Wahlkreis aufweisen. Viele Beiträge werden hundertfach kommentiert und geliked. Doch die Reichweite hat ihren Preis: Neben Geld investiert der Anwalt viel Zeit in die Pflege seiner Internet-Präsenz. Nur noch 50 Prozent seiner Zeit könne er momentan für den Job aufbringen. Doch die Kanzlei, die er vor 20 Jahren gründete, komme auch ohne ihn aus. Sollte er es im September nach Berlin schaffen, bleibe deshalb „alles, wie es ist“.

Thematisch setzt der 49-Jährige auf Klassiker der Genossen. Mehr sozialer Wohnungsbau, mehr Investitionen in Bildung, 15 000 neue Polizisten für die innere Sicherheit. Doch Macit Karaahmetoglu verbindet die Schlagworte mit seiner Biografie: Ohne das deutsche Bildungssystem, ohne die Fördermöglichkeiten wie Bafög sei sein Werdegang nicht möglich gewesen. Als er vor 38 Jahren nach Hemmingen kam, sprach er kein Wort Deutsch. Das Abitur machte er auf dem zweiten Bildungsweg, dann studierte er. Heute zählt die Kanzlei elf Anwälte.

„Mulmiges Gefühl“ bei Reisen in die Türkei

Mit seiner Aussicht, erstmals in den Bundestag einzuziehen, ist Karaahmetoglu zumindest offiziell „zufrieden“. Auf Platz 22 der Landesliste haben ihn die Genossen gesetzt, ein Rang, der wohl nur bei einem Ergebnis rund um 30 Prozent für den Einzug in den Bundestag reichen wird. „Ab 28 Prozent darf ich hoffen“, gibt Karaahmetoglu zu. Eine Strategie von ihm deshalb: Er will massiv um Erststimmen werben, um den Einzug direkt zu schaffen. „Der Wahlkreis benötigt mindestens zwei Abgeordnete in Berlin“, sagt er.

Das vermeintliche Stammtisch-Thema Nummer eins, die politischen Verhältnisse in der Türkei, käme ihm im Wahlkampf gar nicht so oft unter, sagt der Sozialdemokrat – und das trotz seines Namens (der übrigens Kara-achmet-olu ausgesprochen wird). Die Politik des türkischen Präsidenten Erdogan nennt er gleichwohl „erschreckend“. Macit Karaahmetoglu spricht von einem „mulmigen Gefühl“, wenn er derzeit in sein Heimatland reist.