Um per Plakat Aufmerksamkeit zu erregen, lassen sich die Parteien und Kandidaten so einiges einfallen. Vorsätzliche Schreibfehler, Revolutionsjubiläen oder auch einfach ein betont wenig versprechendes Twittergitter.

Rems-Murr-Kreis - Ein Plakat kommt selten allein, das gilt insbesondere bei Bundestagswahlen, wie allenthalben zu sehen ist. Doch Plakat ist längst nicht Plakat, sondern eben mal ein mehr mal ein weniger erfolgreicher Hingucker. Eine unvollständige Auswahl an Wahlplakat gewordenen Kuriositäten, die zurzeit im Rems-Murr-Kreis zu sehen sind.

 

Die Revoluzzer-Uropas

Ja klar, man brüstet sich bisweilen doch ganz gerne mit Erfolgen der Vergangenheit. Was allerdings die MLPD geritten hat, beim marktschreierischen Verweis auf den 100. Geburtstag der russischen Oktoberrevolution, ist doch ziemlich schleierhaft. Gut, der Zar war weg, aber was kam danach . . .? Oder ist die Botschaft der modernen Marxisten-Leninisten die: Zum Glück ist das Desaster in Russland schon so lang her, dass ihr uns heute wieder wählen könnt. Immerhin: Der Hinweis auf die russischen Revoluzzer-Uropas beweist einen gewissen Sinn für die Historie. Zählbare Stimmenzukunft hat der revolutionäre Hingucker aber wohl weniger.

Die V³-Visionäre

In die bunte Plakatpalette hat sich auch die V³-Partei (Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer ) eingereiht. Nein, nicht die vereinten Chemiker, im Gegenteil: V-hoch-Drei möchte nicht nur für „vrische“ Luft sorgen, sondern gar „vrischen“ Wind in die Parteienlandschaft bringen. Als hellgrüne Variante zur etablierten Ökopartei steht sie für Visionen: Verbraucherschutz, Vernunft und Verantwortung. V³ bedeute zunächst, so ist auf der Homepage zu lesen, dass man eine Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer sei. Vielleicht will die V³ aber im Falle eines Wahlerfolgs auch mit „vrischer“ Luft nachhelfen, dass es themenübergreifend zu Veränderungen kommt. Würde man die Vanille- und Veilchen-Duftbaum-Dichte (V²D²) in Autos gesetzlich auf eine Mindestanzahl von zehn pro Rückspiegel festlegen, würde ein Aroma durch die Straßen wabern, das wahrscheinlich selbst dem größten Fleischfan die Lust am Leberkäsweckle nähme. Damit wären gleich zwei „Vliegen“ mit einer Klappe geschlagen.

Die Aufmucker

Nee echt: Mutti muss nicht alles wissen. Wobei sich da aber vielleicht die Frage stellen könnte ob Mutti Merkel das da wirklich wissen will. Ein Plakat mit einem notdurftverrichtenden Laptopnutzer – was der wohl in die Tasten hackt? Und ob da oben dann multimedial Ähnliches rauskommt wie unten real? Das könnte in dem Fall womöglich des Betrachters meist gedachte Frage sein. Nein, die Angst vor Mutti Angies Neugier an unserer Fäkalsphäre bestimmt das Wahlverhalten zugunsten der Piratenpartei wohl eher nicht.

Der Twitti

Na klar den Kopf muss man doch kennen, oder? „# jopf“ steht gar wenig sagend drunter, aber das ansonsten namenlose Konterfei zeigt einen altgedienten Bundesparlamentarier – zumindest so, wie er in jüngeren Jahren mal ausgesehen hat. Und – wir leben ja in Zeiten des überraschungswilligen Guerilla-Marketings – einige Wochen vor der Wahl zeigt er sich dann doch mit vollem Namen: Ich bin’s Joachim Pfeiffer. Dr. steht jetzt davor, kein Hashtag. Was er uns mit jenem hatte sagen wollen? So ziemlich nichts, ist zu befürchten, schaut man sich an, was an Einträgen unter jopf im Twitterreich zu finden ist. Schaut man sich die zahlreichen – wenn auch meist entrüsteten – Reaktionen an, die die Kampagne hervorgerufen hat, muss man allerdings konstatieren: Wahrscheinlich nicht so beabsichtigt, aber hashtagmäßig alles richtig gemacht.

Die Anti-Waffennarren

Alle Fans von Kriegsspielzeugen lieben dieses Bild: Kampfflugzeuge satt und technisch Hochwertiges, das drunter wegprasselt oder in Kisten gestapelt ist. Aber nein, die Deutsche Mitte will doch gar keine Waffen für alle, vor allem nicht für Israel. Und der Rest ist für die Kämpfer wider Waffen, Pharma, gesteuerte Medien und Finanzkartell eh alles eine Verschwörung. Dabei macht die Partei bei der Umsetzung ihres Programms keinerlei Kompromisse. In möglichen Koalitionen werde nicht über die Ziele verhandel, schließlich mache man Politik für die große Mehrheit der Bevölkerung. Ob es zur absoluten Mehrheit reicht, wird sich noch zeigen. Die erdumkrallende, hübsch-hässliche Finanzkrake jedenfalls hinterlässt Eindruck. Ach ja, im Kreis sei die Deutsche Mitte wohl im Weinstädter Wohngebiet Trappeler verortet, vermutet ein Kollege. Die Siedlung am Remsufer sei quasi überschwemmt mit Waffenkisten, Pharmaschlangen und Finanzkraken. Bääh! Igittigitt!