Baden-Württemberg im Nationalsozialismus Mehr Abgeordnete verfolgt als bisher bekannt
Die Zahl der Parlamentarier im Südwesten, die durch die Nationalsozialsozialisten verfolgt wurden, ist deutlich höher als bisher bekannt war. Namhafte Landespolitiker wurden bedroht, inhaftiert oder hingerichtet. Der Landtag erinnert nun an sie.
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Foto Landtag
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Das neue Gedenkbuch im Landtag erinnert an 327 Abgeordnete.
Foto Jan Potente/Landtag
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Der Landtag von Baden-Württemberg hat ein neues Gedenkbuch für die in der NS-Zeit verfolgten Abgeordneten aus dem südwestdeutschen Raum veröffentlicht.
Foto Jan Potente/Landtag
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327 Parlamentarier, die von den Nationalsozialisten in irgendeiner Form verfolgt wurden, sind darin mit ihrer Leidensgeschichte porträtiert – darunter 200 Sozialdemokraten und Kommunisten, 68 Abgeordnete des katholischen Zentrums oder des evangelischen christlich-sozialen Volksdienstes sowie 34 Liberale.
Foto Landesmedienzentrum/Haus der Geschichte
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Eugen Bolz (1881-1945)Von 1919 bis 1933 Zentrums-Abgeordneter im Württembergischen Landtag und im Reichstag. Württembergischer Justizminister, Innenminister und Staatspräsident. 1933 wurde er für drei Wochen in Schutzhaft genommen. Nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 wurde er verhaftet, am 23. Januar 1945 hingerichtet.
Foto HStA LA /HdG
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Lord Ralf Dahrendorf (1929-2009) 1968/69 FDP-Abgeordneter im Landtag, 1969/70 im Bundestag. Sein Vater, der SPD-Politiker Gustav Dahrendorf, wird 1933 und nach dem Attentat vom 20. Juli verhaftet, Ralf Dahrendorf im Dezember 1944.
Foto Stadtarchiv Stuttgart/HdG
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Fritz Elsas (1890-1944)Von 1924 bis 1926 württembergischer Landtagsabgeordneter der Deutschen Demokratischen Partei. 1933 wird der Jurist als zweiter Bürgermeister von Berlin wegen seiner jüdischen Abstammung entlassen. 1937 wegen angeblicher Devisenvergehen in Untersuchungshaft. 1944 wird er erneut verhaftet und im Januar 1945 im Konzentrationslager Sachsenhausen ohne Gerichtsverfahren erschossen. Seine Ehefrau und die beiden Töchter werden in Sippenhaft genommen.
Foto StAS Wü /HdG
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Fritz Erler (1913-1967) 1946/47 SPD-Abgeordneter im Landtag Württemberg-Hohenzollern, 1949-1967 im BundestagVon 1938 bis 1945 wird der Stadtinspektor inhaftiert wegen Mitgliedschaft in der marxistisch-sozialistischen Widerstandsgruppe Neu Beginnen.
Foto GLA/HdG
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Kunigunde Fischer (1882-1967)Von 1919 bis 1933 ist die SPD-Politikerin, die sich zeitlebens für Kinder und Bedürftige engagiert, Abgeordnete im badischen Landtag. 1933 und nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 wurde sie inhaftiert.
Foto Dokumentationszentrun Oberer Kuhberg/HdG
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Alfred Haag (1904-1982)1932/33 ist der gelernte Schreiner Abgeordneter der KPD im württembergischen Landtag. Von 1933 bis 1940 ist er überwiegend in Haft – unter anderem in den KZ Oberer Kuhberg, Dachau und Mauthausen. Auch seine Frau wird mehrfach festgenommen.
Foto LMZ/HdG
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Theodor Heuss (1884-1963) Von 1924 bis 1928 und 1930 bis 33 ist der Publizist Reichstagsabgeordneter für die Deutsche Demokratische Partei bzw. die Deutsche Staatspartei). Von 1946 bis 1949 ist er FDP-Abgeordneter im Landtag Württemberg-Baden, 1949 wird er Bundespräsident. 1933 wird er an als Hochschuldozent entlassen, zwei seiner Bücher werden verbrannt. Zeitweise erhält er ein Publikationsverbot,
Foto StAL F/HdG
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Thekla Kauffmann (1883-1980)Von 1919-20 ist die Sozialarbeiterin Abgeordnete der Deutschen Demokratischen Partei im Landtag Württemberg. 1933 wird die Sozialarbeiterin vom Landesarbeitsamt entlassen, weil sie Jüdin ist, 1941 emigriert sie in die USA.
Foto Stadtarchiv Stuttgart/HdG
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Arnulf Klett (1905-1974)Der parteilose Jurist gehört 1946 Vorläufige Volksvertretung Württemberg-Baden als Vertreter der Oberbürgermeister an, von 1945-1974 ist er Bürgermeister/OB von Stuttgart. 1933 wurde er für einen Monat inhaftiert, weil er als Rechtsanwalt der Verleger der »Alb-Neckar-Zeitung« eine Denkschrift gegen die nationalsozialistische Gleichschaltung der Presse verfasst und an Behörden und Privatpersonen verschickt hatte.
Foto GLA/HdG
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Antonie Langendorf (1884-1969)Von 1929 bis 1933 und 1946 bis 1950 gehört die KPD-Abgeordnete dem badischen Landtag an. Die Kontoristin wurde 1933/34, 1942 und 1944/45 inhaftiert, zuletzt im KZ Ravensbrück. Ihr Mann wurde 1942 als Mitglied der Widerstandsgruppe Lechleiter hingerichtet.
Foto Deutscher Bundestag/Atelier Horstrup Stuttgart/HdG
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Reinhold Maier (1889-1971)Von 1932-33 war der Jurist Landtags- und Reichtagsabgeordneter der Deutschen Demokratischen Partei, von 1946 bis 1964 Landtagsabgeordneter der FDP/DVP, von 1953 bis 1959 Bundestagsabgeordneter. Von 1945 bis 1953 war er Ministerpräsident. 1933 Ermittlungsverfahren wegen staatsfeindlicher Äußerungen. Seine jüdische Ehefrau emigrierte 1939 mit den Kindern nach England. 1944 wurde seine Rechtsanwaltskanzlei auf Anweisung der NSDAP geräumt.
Foto GLA/HdG
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Ludwig Marum (1882-1934)1919 ist der Jurist Justizminister in Baden, bis 1928 sitzt er als SPD-Abgeordneter im badischen Landtag, von 1928 bis 1933 im Reichstag. Am 10. März wird der jüdische Rechtsanwalt verhaftet, 1934 im KZ Kislau erdrosselt. Offiziell wird sein Tod als Selbstmord dargestellt. Seine Tochter wird 1943 in Marseille verhaftet und im KZ Sobibor ermordet.
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Erwin Schoettle (1899-1976)1946/47 gehört er als SPD-Abgeordneter dem württembergischen Landtag an, von 1949 bis 1972 dem Bundestag. 1946/47 ist der Schriftsetzer und Redakteur zudem Mitherausgeber der „Stuttgarter Nachrichten“. Bereits 1933 war er in den Landtag gewählt worden, trat sein Mandat aber nicht mehr an, sondern tauchte unter, weil er von der Gestapo gesucht wurde.
Foto LMZ/HdG
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Johannes Baptista Sproll (1870-1949)1919/20 ist der katholische Theologe Zentrumsabgeordneter im württembergischen Landtag.1937 beginnt ein Ermittlungsverfahren wegen Kritik am Vorgehen der Nationalsozialisten gegen die Kirchen. Ab April 1938 immer wieder Proteste und Attacken gegen das Bischöflichen Palais in Rottenburg. Am 24. August 1938 weisen ihn die NS-Behörden aus Württemberg-Hohenzollern aus und bringen ihn nach Freiburg. Von dort flüchtet er in das Benediktinerkloster St. Ottilien.
Foto Landeskirchliches Archiv Stuttgart/HdG
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Theophil Wurm (1868-1953)1919/20 sitzt der evangelische Theologe als Abgeordneter der Württembergischen Bürgerpartei im Landtag, 1946 als Kirchenvertreter in der verfassungsgebenden Landesversammlung. 1934 wird der Bischof wegen Kritik an der Gleichschaltung und der Eingliederung der württembergischen Landeskirche in die Reichskirche zeitweise unter Hausarrest gestellt. 1944 erhält er nach einem Brief an Hitler gegen die Judenverfolgung ein Rede- und Schreibverbot.
Foto Deutsches Historisches Museum/HdG
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Clara Zetkin (1857-1933) 1919/20 sitzt sie als KPD-Abgeordnete im Württembergischen Landtag, von 1920 bis 1933 im Reichstag. Um der Verfolgung durch die Nationalsozialisten zu entgehen, flüchtet die Lehrerin, Parteifunktionärin und Frauenrechtlerin 1933 in die Sowjetunion. Dort stirbt sie wenige Monate später