Robert Seethaler: „Der letzte Satz“ Mahlers letzte Reise
Fliegende Fische und sterbende Schwäne: In seinem neuen Roman begleitet Robert Seethaler den Komponisten Gustav Mahler auf einer Schiffspassage durch sein Leben.
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Foto imago//Alfa Cinematografica/Warner Bros.
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So schön hat Luchino Visconti in „Tod in Venedig“ die letzte Reise eines sterbenden Künstlers inszeniert. In unserer Bildergalerie finden Sie weitere interessante Neuerscheinungen.
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Iris Hanika: Echos Kammern. Roman. Literaturverlag Droschl. 240 Seiten, 22 Euro. Eine nicht mehr ganz junge Schriftstellerin bricht von Berlin nach New York auf, um ihrem Leben eine neue Wendung zu geben. Sie landet auf einer Party der Popsängerin Beyoncé, lernt einen seltsamen Prinzen kennen und Leute, die ein „dem Verwertungszusammenhang vollkommen negierendes Leben ohne Sorgen“ führen. Aber was tun, wenn man nicht dazu gehört? Iris Hanikas wunderbar verwinkelter Roman ist eine zwischen Rom, New York und Berlin gebaute Echo-Kammer. In der durch die Herrschaft des Geldes immer ähnlicher und unwirtlicher werdenden Welt nimmt sie den Leser mit allumfassender Weisheit und Freundlichkeit auf.
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Michael Wildenhain: Die Erfindung der Null. Roman. Klett-Cotta. 303 Seiten, 22 Euro. Ein verwilderter Mathematiker steht im Verdacht, während eines Urlaubs in Südfrankreich seine seither verschollene Geliebte umgebracht zu haben. Ein junger Staatsanwalt versucht ihn durch die penible Rekonstruktion des Geschehens dieses Verbrechens zu überführen. „Induktionsannahme“, „Induktionsschritt“, „Zwischenergebnis“, „Gegenprobe“, „Lemma“ sind die einzelnen Kapitel überschrieben. Aber man muss zu Algebra kein besonders intimes Verhältnis pflegen, um diesem Roman fasziniert zu folgen. Und so kunstvoll er konstruiert ist, am Ende behauptet sich der Eigensinn der Wirklichkeit gegen jeden Hochmut der Berechnung.
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Susanne Kerckhoff: Berliner Briefe. Roman. Verlag Das kulturelle Gedächtnis. 111 Seiten, 20 Euro. Sensationelle Wiederentdeckung: Diese Briefe von 1948 zeichnet das ungefilterte Stimmungsbild einer Gesellschaft, die sich in beispiellose Schuld verstrickt hat. Abgesandt wurden sie von der Autorin und Publizistin Susanne Kerckhoff in Gestalt eines Briefromans zwei Jahre vor ihrem Freitod 1950. Und was sie neben ihrer eindrucksvollen sprachlichen Kraft und ihres hohen Reflexionsniveaus so bemerkenswert macht, ist die ungeschützte Innenansicht einer Befindlichkeit, die sich noch nicht hinter dem Diskursmassiv der deutschen Vergangenheitsbewältigung verschanzt hat. „Der Nationalsozialismus ist eine Pest, eine Seuche, ansteckend, immer wieder in schwärenden Beulen vorbrechend “, schreibt die Beobachterin: „Ein Großteil der Entnazifizierten atmet begeistert diese Pest ins Volk, hat sie in keiner Weise überstanden.“ In Zeiten, in den vieles ins Rollen gerät, kommt diese Flaschenpost genau im richtigen Moment.
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Mit der eigenwilligen Anverwandlung schwäbischer Hinterwelten in seinem Debüt „Amerika“ wurde der 1989 in Backnang geborene Autor bekannt. Nun folgt sein zweiter Roman „Zeit der Wildschweine“. Und er wagt sich noch einen Schritt tiefer in das Gestrüpp eines Erzählens, dessen Wildwuchs noch von keiner der einschlägigen Baumschulen des Literaturbetriebs zurückgeschnitten und vereinheitlicht wurde. Die Früchte, die hier gedeihen sind nicht süß und verführerisch. Sie haben eher eine raue Schale und lassen sich nicht leicht knacken. Aber es lohnt sich auf jeden Fall, sich an ihnen abzuarbeiten. Denn hinter der harten Hülle steckt ein substanzieller Kern.
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Jhumpa Lahiri: Wo ich mich finde. Roman. Aus dem Italienischen von Margit Knapp. Rowohlt Verlag. 160 Seiten, 20 Euro. Man folgt der Erzählerin auf den Wegen durch ihr Viertel einer ungenannt bleibenden italienischen Stadt, ins Büro, in den Supermarkt, auf die Piazza, ins Wartezimmer, ans Meer, ins Nirgendwo. Was im Leben der Paare und Passanten, die den Weg der Erzählerin kreuzen, nicht zum Ereignis wird, wird zum Ereignis in der Sprache. Die nur wenige Seiten langen Vorstöße und Passagen sind genau inszenierte Prosamalereien, auf das wesentliche konzentriert, die in melancholischer Schönheit den Blick in die verborgenen Interieurs der Seele freigeben. In gestochen scharfen Wörtern wandelt sich das Zufällige, Banale, Bedeutungslose zu einprägsamen Vignetten des modernen Lebens.